Dem 52-fachen deutschen Nationalspieler Kevin Kurányi blieb eine WM-Teilnahme während seiner aktiven Laufbahn verwehrt. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland ist der ehemalige Torjäger immerhin als TV-Experte dabei.
sport.de hat exklusiv mit dem 36-Jährigen gesprochen und geht kurz vor der Nominierung des vorläufigen DFB-Kaders der Frage nach, wie wichtig Torwart Manuel Neuer trotz fehlender Spielpraxis ist und wer für Deutschland stürmen soll.
Herr Kurányi, Sie sind bei der Fußball-Weltmeisterschaft (14. Juni bis 15. Juli) in Russland als TV-Experte für die ARD vor Ort. Welche Aufgaben erwarten Sie dort?
Kevin Kurányi: Ich werde bei der WM fünf oder sechs Spiele übernehmen und für Interviews und Analysen in den Stadien und auch am Spielfeldrand bereitstehen. Ich freue mich schon richtig auf die Zeit als Experte. Schon beim Confed Cup hat es richtig viel Spaß gemacht, da habe ich das super Team der ARD kennengelernt. Und nun bin ich ganz gespannt darauf, dem Sender durch meine Kontakte und meine Russland-Erfahrung zu helfen.
Wie groß ist Ihre Vorfreude auf das Turnier?
Riesengroß! Ich habe ja fünf Jahre in Russland gelebt und gespielt, habe viele Freunde dort. Deswegen ist es umso schöner, dass ich mit einer interessanten Aufgabe vor Ort sein darf und noch dazu Kollegen treffen kann.
Auf welche positiven Überraschungen dürfen sich deutsche Fußball-Fans in Russland freuen?
Ich denke, dass sich die Fans vor allem auf die Menschen freuen dürfen. Natürlich auch auf das Land an sich. Es gibt leider viele schlechte Bilder von Russland, einiges wird einseitig dargestellt. Aber ich finde, dass man das Land persönlich kennenlernen und ihm eine Chance geben sollte.
Die Russen werden alles toll vorbereiten für eine richtig gute Weltmeisterschaft und sich von der besten Seite präsentieren. Und darauf sollten sich die Zuschauer aus Deutschland freuen. Meine Empfehlung wäre es, den Roten Platz zu besuchen. Das ist dort wie im Märchenland.
Verteidigt Deutschland denn seinen Titel?
Ja! (schmunzelt zufrieden und schweigt)
Wie schlimm wäre es, wenn Manuel Neuer fehlen würde?
Manuel ist für mich der perfekte Torhüter. Er hat das Torwartspiel weiterentwickelt. Er hat jahrelang als Nummer eins gespielt. Er war einer der entscheidenden Faktoren bei der letzten Weltmeisterschaft. Er ist durch seine Art und Weise und durch seine Qualität und Erfahrung sehr sehr wichtig für diese Mannschaft.
Klar, richtig und gut ist auch, dass wir dahinter viele Torhüter haben, die ihn ersetzen können. Da brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, falls der Fall eintreten sollte, dass Manuel nicht dabei ist.
Ist Manuel Neuer denn auch ohne Spielpraxis in den letzten Monaten besser als beispielsweise Marc-André ter Stegen, der eine herausragende Saison beim FC Barcelona gespielt hat?
Das kann man nicht vergleichen und wissen. Einen Neuer kann man mit keinem anderen Torwart der Welt vergleichen. Das ist wie mit Ronaldo oder Messi, die kann man auch nicht mit anderen Spielern vergleichen. Manuel ist auf einem anderen Level. Unter anderem auch deswegen, weil er so gut Fußballspielen kann. Wenn man einen Manuel Neuer in die Abwehr stellen würde, würde der vermutlich die Arbeit genauso gut machen, wie ein anderer Stammspieler der Nationalmannschaft.
Trotz allem habe ich natürlich einen unheimlich großen Respekt vor ter Stegen, der bei Barca sensationelle Leistungen gebracht hat und auch auf Weltklasseniveau spielen kann.
Spielen Sie einmal Bundestrainer. Wer wäre für Sie auf Ihrer damaligen Position im Sturm gesetzt?
In der momentanen Lage würde ich mich für Timo Werner von RB Leipzig entscheiden. Der hat das in der abgelaufenen Saison super gemacht, hat seine Tore geschossen, hat der Mannschaft geholfen mit seiner Spielweise. Ich würde aber unabhängig davon auf jeden Fall Mario Gomez und Sandro Wagner mitnehmen. Das dürften am Ende auch die Drei sein, die mitgenommen werden.
Wird Joachim Löw uns mit einer Nominierung überraschen, die kaum einer erwartet hätte?
Das kann passieren. Herr Löw ist immer für eine Überraschung gut. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein junges Talent reinrutscht, das keiner erwartet hat. Einen klassischen Geheimtipp habe ich nicht. Aber ich denke da an Philipp Max (FC Augsburg) oder Nadiem Amiri (TSG Hoffenheim). Schauen wir mal.
Werfen wir einen Blick auf zwei andere Länder, mit denen Sie viel verbindet: Brasilien und Panama. Wie läuft die WM für ihr Geburtsland und das Land Ihrer Mutter?
Brasilien wird aus meiner Sicht sehr weit kommen. Mindestens ins Halbfinale. Ich würde mich aber auch freuen, wenn die Selecao ins Finale kommt und dann gegen Deutschland spielt mit mir als TV-Experte am Rand. (lacht)
Bei Panama hingegen ist die Qualität noch nicht vorhanden, um in der starken Gruppe mit England, Belgien und Tunesien weiterzukommen. Ich denke, sie werden auf die kleinen Momente setzen und sich freuen, wenn ihnen ein Tor gelingt. Vielleicht ist auch ein kleines Wunder gegen Tunesien drin. Das wäre sicherlich etwas Besonderes.
Das Interview führte sport.de-Redakteur Chris Rohdenburg.











