Nach rund einem gespielten Saisondrittel kristallisiert sich bei Borussia Dortmund mehr und mehr ein neuer Chef-Stratege im zentralen Mittelfeld heraus. Doch nicht BVB-Sommerneuzugang Pascal Groß, sondern Felix Nmecha hielt zuletzt in der Schaltzentrale beim BVB die Zügel in der Hand - oder besser: hatte seine Tentakeln überall im Spiel. Nun muss er letzte Restzweifel beseitigen.
Gefühlt hatte Felix Nmecha in der Bundesliga-Partie des BVB gegen den SC Freiburg (4:0) acht Beine. Zumindest kam es seinem Mitspieler und Vizekapitän Julian Brandt so vor.
"Man hat das Gefühl, er ist wie so eine Kranke. Er kommt immer wieder an die ganzen Bälle ran, spitzelt sie weg und tut uns einfach extrem gut", lobte er seinen Mittelfeldkollegen nach der Partie ausdrücklich.
Der 24-Jährige sei "ein unfassbar dynamischer Spieler mit einem guten Schuss und einer guten Körperlichkeit", der inzwischen "sehr kontinuierlich gut und stabil" agiert, so Brandt.
Gegen Freiburg profitierte auch er von Nmechas gutem Spiel, als alleiniger Sechser hatte dieser den Laden des BVB komplett im Griff. Marcel Sabitzer und er mussten sich "gar nicht mehr groß fallenlassen, weil wir wissen, dass sich Felix lösen wird".
Zahlen aus BVB vs. SC Freiburg: Top-Werte für Nmecha
Die Statistiken der neuen BVB-"Krake" aus dem Spiel gegen den Sport-Club können sich in der Tat sehen lassen: Felix Nmecha kreierte zwei Torschussvorlagen, zudem erzielte er mit einem sehenswerten Schlenzer seinen zweiten Saisontreffer für den BVB.
93 Prozent seiner Pässe kamen an die Mitspieler, darunter nicht wenige unter Bedrängnis. Zudem wies der 1,90 Meter große Mittelfeldmann eine Zweikampfquote von 73 Prozent auf, die essenziell dafür war, dass die Gäste aus Freiburg nur selten wirklich gefährlich vors Tor kamen.
Beeindruckend war nicht zuletzt seine Fleißarbeit, kein anderer BVB-Spieler spulte mehr Kilometer ab als Nmecha (11,6 km).
Erst im DFB-, dann im BVB-Dress: Nmechas "schöne Woche"
Für Felix Nmecha ging somit eine perfekte Woche zu Ende, war er zuvor doch von Bundestrainer Julian Nagelsmann nach rund anderthalbjähriger Abwesenheit wieder für einen Lehrgang in der deutschen Nationalmannschaft nominiert worden. Beim sportlich nicht mehr entscheidenden 1:1 (0:0) in Ungarn, bei dem gleich mehrere DFB-Stammspieler geschont wurden, hinterließ er mit seinem ersten Länderspieltor durchaus eine Duftmarke.
"Wenn man für Deutschland spielen kann, ein Tor machen kann und dann dasselbe nochmal für den BVB ... das war eine sehr, sehr schöne Woche für mich", freute sich der gebürtige Hamburger.
In Dortmund scheint er nun endgültig angekommen zu sein: "Man wächst als Spieler, kennt die Spieler immer besser. Man hat dann eine bessere Connection mit ihnen." Doch lange schien es, als könnte jene Verbindung nicht mehr gefunden werden.
BVB-Stratege Groß vorerst verdrängt
Denn Nmecha spielt bereits seine zweite Saison für den Revierklub, nachdem er 2023 für satte 30 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg verpflichtet wurde. Bis vor wenigen Monaten war der Mittelfeldspieler noch als Transfer-Missverständnis abgestempelt worden: Zu häufig war Nmecha verletzt (21 verpasste Spiele allein in 2023/24), zu selten überzeugte er spielerisch. Auf dem Platz wirkte er behäbig, manchmal gar schläfrig.
Auch nach dem Wechsel auf dem Trainerstuhl von Edin Terzic zu Nuri Sahin schien der bei Manchester City ausgebildete Achter zunächst im Schatten anderer zu stehen, allen voran in dem von Neuzugang Pascal Groß.
Erst als sich die Personalsituation beim BVB so richtig verschärfte, beim 2:1 gegen RB Leipzig am 9. Bundesliga-Spieltag, wurde Nmecha von Sahin auf die Sechser-Position beordert - und Groß musste auf die rechte Abwehrseite rücken.
Seinen Platz hat Nmecha bislang nicht mehr abgeben müssen und für Groß reichte es zuletzt gegen Freiburg nur zu einer Einwechslung nach 70 Minuten. Ist Nmecha also plötzlich ein unverzichtbarer Spieler?
Restzweifel an Nmecha noch nicht vollends beseitigt
Felix Nmecha scheint derzeit tatsächlich als alleiniger Sechser in einem 4-3-3-System geeigneter zu sein als Pascal Groß oder Kapitän Emre Can, der nach seiner Roten Karte in Mainz (1:3) in der Liga ohnehin noch gesperrt ist. Groß etwa ist deutlich langsamer (Top-Speed von 29,9 km/h im Vergleich zu Nmechas 33,7 km/h), Can hat immer wieder Schwächen im Aufbauspiel gezeigt.
"Felix fühlt sich wohl" auf der Position als Abräumer und Ballmagnet vor der Abwehr, so Sahin schon nach dem Freiburg-Spiel. Vor dem Champions-League-Auswärtsspiel bei Dinamo Zagreb (21:00 Uhr, DAZN*) lobte er Nmecha am Dienstagabend auf der Pressekonferenz dann "als sehr wichtigen Spieler", für die "Gegenwart und die Zukunft. Er ist ein Box-to-Box-Spieler, der alles abdecken kann".
Grund zur Änderung an Formation und Personal besteht somit nicht. Und Nmecha selbst? Der saß bei der Presserunde neben Sahin und freute sich über seine neue Rolle beim BVB: "Ich kriege einfach viel den Ball, habe eine große Chance, viel zu kreieren und so viel wie möglich für die Mannschaft zu arbeiten."
Nun kommt es für Nmecha darauf an, auch die letzten Restzweifel an seiner Person in Dortmund zu beseitigen. Auch in 2024/25 wechseln sich beim 24-Jährigen Top-Leistungen noch zu häufig mit schwachen Auftritten ab, wie etwa bei Union Berlin (1:2) oder in Augsburg (1:2).
In Zagreb hat die BVB-"Krake" die Chance, ihre Tentakel erneut auszustrecken. Oder wie Sahin sagte: "Und jetzt arbeiten wir an der Konstanz."
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