Die Offseason der NFL neigt sich dem Ende entgegen. In dieser Woche stehen die verpflichtenden Minicamps der Teams an, anschließend geht es in den Urlaub, ehe Mitte/Ende Juli das Training Camp startet. Doch ein paar namhafte Spieler sind derzeit im Streik. sport.de erläutert die Hintergründe.
Während der überwiegende Teil der Offseason-Trainigs in der NFL auf freiwilliger Basis besteht und gerade Veterans diesen durchaus mal fernbleiben, ist im Collective Bargaining Program zwischen der Spielergewerkschaft NFLPA und der Liga fest verankert, dass die Teilnahme am Minicamp im Juni Pflicht ist. Wer fernbleibt, wird zur Kasse gebeten.
Und da reden wir nicht über einen Schlag auf die Hand, sondern durchaus empfindliche Summen.
Veterans zahlen für ein komplett verpasstes Minicamp die stolze Summe von fast 105.000 Dollar!
NFL: Strafenkatalog fürs Verpassen des Minicamps
Tag | Geldstrafe (USD) |
---|---|
Tag 1 | 17.462 |
Tag 2 | 34.925 |
Tag 3 | 52.381 |
Gesamt | 104.768 |
In diesem Jahr gibt es vier namhafte Veterans, die demonstrativ dem Minicamp fernbleiben. Zudem sticht ein Rookie heraus, der zwar da ist, aber nicht trainiert. In all diesen Fällen lohnt ein Blick auf die genauen Umstände und die Situationen, die dazu geführt haben. Und man muss die Frage stellen, wie es für den jeweiligen Spieler und seinem Team weitergeht.
NFL: Diese Spieler verpassen das Minicamp
T.J. Watt - Edge Rusher, Pittsburgh Steelers
Der wohl größte Star der Pittsburgh Steelers - das ist er auch nach der Ankunft von Aaron Rodgers noch -, T.J. Watt, blieb den Minicamp der Steelers fern. Überraschend war dies jedoch keineswegs. Die Tatsache, dass er in sein letztes Vertragsjahr geht und die ihm zustehenden 21,05 Millionen Dollar nicht garantiert sind, haben schon früh den Eindruck hinterlassen, dass Watt ohne neuen Vertrag nicht am Offseason-Programm der Steelers teilnehmen würde.
Es gab keine großen Ansagen und kein echtes Drama in dieser Sache. Watt hat lediglich ein Bild auf Instagram gepostet, auf dem er ein "Peace"-Zeichen macht. Die allgemeine Spekulation war daraufhin, dass er damit "Peace out" sagen wollte, was ein beliebter Abschiedsgruß ist.
Erschwerend kam für die Steelers in den vergangenen Monaten hinzu, dass andernorts gleich mehrere Edge-Rush-Kollegen bezahlt wurden und das derzeitige Gehalt von Watt fast sogar doppelt überboten haben. Maxx Crosby verdient bei den Las Vegas Raiders nun im Schnitt 35,5 Millionen Dollar und Myles Garrett vom Division-Rivalen der Steelers, Cleveland Browns, pulverisierte dies noch mit einem neuen Durchschnittssalär von 40 Millionen Dollar.
Selbst wenn Watt nicht darauf pochen sollte, der höchstbezahlte Edge Rusher der NFL zu werden - und dafür gibt es keine Anzeichen -, sollte klar sein, dass er näher an die Topverdiener heranrücken will, um zu den Steelers zurückzukehren. Vor nicht allzu langer Zeit lag hier Nick Bosa (49ers) noch mit 34 Millionen Dollar im Schnitt vorne, seither wurde er neben Crosby und Garrett aber auch noch von Danielle Hunter (35,6 Mio.) überboten. Insgesamt haben sechs Spieler höhere Durchschnittsgehälter als Watt (rund 28 Mio.), was angesichts seines Status als Elite-Edge-Rusher schwer zu akzeptieren sein dürfte.
Für die Steelers kommt jedoch hinzu, dass Watt im Oktober schon 31 Jahre alt wird. Und in der Regel geht es in diesem Alter nicht mehr unbedingt weit bergauf. Watt brachte es 2024 zwar auf gute 11,5 Sacks, seine nur 57 Pressures waren jedoch laut "PFF" nur gut für Rang 21 der NFL - Spitzenreiter (Rookie) Jared Verse von den Rams hatte 89.
Entsprechend haben wir hier eine vertrackte Situation, die sich allzu bald wohl nicht lösen lässt. Am Ende wird Watt vermutlich auch weite Teile des Training Camp aussitzen, um weiter Druck zu machen. Die Steelers haben zudem das Problem, dass sie nach der Rodgers-Verpflichtung eigentlich All-in sein sollten, da braucht es dann auch den wichtigsten Pass Rusher. Entsprechend wird man sich wohl am Ende doch auf einen eher kurzfristigen Vertrag mit viel garantiertem Gehalt einigen, um dieses zumindest aus ihrer Sicht offene Titelfenster bestmöglich anzugehen.
Terry McLaurin - Wide Receiver, Washington Commanders
Terry McLaurin ist einer der besten Wide Receiver der NFL. Nachdem er in seiner Rookie-Saison schon 919 Yards erzielte, durchbrach er anschließend in jeder Saison die 1000-Yard-Marke und ist seit der vergangenen Spielzeit der Go-To-Guy von Quarterback Jayden Daniels. Er ist ein Elite-Receiver, was die Commanders entsprechend im Juli 2022 mit einer damals hochdotierten Vertragsverlängerung über drei Jahre und 68,2 Millionen Dollar belohnten.
Doch sein daraus resultierendes durchschnittliches Jahresgehalt von 22,788 Millionen Dollar wurde seither vom Markt überholt. Und das deutlich. Nach derzeitigem Stand belegt er damit nur noch Rang 16 unter allen Wide Receivern in der NFL. Abgesehen davon läuft auch sein Kontrakt am Saisonende aus und ihm stehen 2025 nur noch 15,5 Millionen Dollar an nicht garantiertem Gehalt zu - den Roster Bonus in Höhe von 2,8 Millionen Dollar hat er bereits im März erhalten.
Zwar wurde das erst vor wenigen Wochen publik, doch ist nun bekannt, dass McLaurin auf einen neuen Vertrag pocht. Er soll Berichten zufolge die OTAs bereits geschwänzt haben und fehlt nun im Minicamp. Von einer Tradeforderung ist nichts bekannt, ebenso wenig, wie viel Geld er denn gerne hätte. Doch klar dürfte dennoch sein, dass er wie schon vor drei Jahren erneut einen Deal auf Marktniveau erwartet.
Jener Wide-Receiver-Markt ist bekanntermaßen explodiert seit McLaurins letzter Unterschrift. Der wohl beste Receiver der Liga, Justin Jefferson, belegt nur noch Rang 2 mit durchschnittlichen 35 Millionen Dollar, während Ja'Marr Chase mit seinem neuen Deal in diesem Jahr zum bestbezahlten Non-Quarterback aufgestiegen ist (40,25 Mio. Dollar). Und da D.K. Metcalf nach seinem Steelers-Wechsel nun bei durchschnittlich 33 Millionen Dollar liegt, dürfte McLaurin nicht viel weniger akzeptieren.
Auch hier scheint der Spieler am längeren Hebel zu sitzen, schließlich hat man in D.C. nochmal aufgerüstet, um im zweiten Jahr von Daniels zum Großangriff zu blasen. Dafür braucht es den Top-Receiver im Team, der am Ende sicher bezahlt werden wird.
Trey Hendrickson - Edge Rusher, Cincinnati Bengals
Diese Personalie ist bereits bekannt. Während Trey Hendrickson schon seit Monaten auf einen neuen Vertrag oder einen Trade wartet, wurde ihm von einem seiner Coaches freundlichst mitgeteilt, dass er für ein Fernbleiben vom Minicamp eine Geldstrafe zu erwarten hat. Er erschien dennoch nicht.
Hendrickson stehen noch maximal 16 Millionen Dollar in dieser Saison zu, der Topverdiener auf Edge verdient jedoch 40 Millionen im Schnitt (siehe oben). Nun wird Hendrickson niemanden finden, der ihm diese Summe zahlt und zuvor schon für ihn tradet. Doch brachte es Hendrickson nun zweimal in Serie auf 17,5 Sacks und führte die NFL damit 2024 auch an. Für mich wäre er sogar der Defensive Player of the Year gewesen. Entsprechend sollte es schon drin sein, ihm durchschnittlich mindestens 30 Millionen Dollar zu bieten, womit er in der Geldrangliste auf Edge immerhin die Top 5 erreichen würde.
Hendrickson hatte schon vor Wochen klargestellt, dass er ohne neuen Vertrag nicht mehr für Cincinnati spielen würde. Und nachdem die Bengals bereits lukrativ mit Chase und Tee Higgins verlängert hatten, war die Erwartung, dass Hendrickson nicht lange auf sich warten lassen würde. Es kam offenkundig anders. Und die Fronten scheinen verhärtet, zumal die Trade-Forderung der Bengals für Hendrickson offenbar auch astronomisch zu sein scheint - die Rede war sogar mal von einem Erstrundenpick.
Das allein scheint ausgeschlossen für einen bald 31-Jährigen Edge Rusher. Für die Bengals kommt allerdings erschwerend hinzu, dass ein möglicher Nachfolger für Hendrickson, Erstrundenpick Shemar Stewart, derzeit auch nicht trainiert. Er steckt im Vertragsdisput, weil ihm die Bengals offenbar Details im Vertrag unterjubeln wollen, die es ermöglichen Garantien in bestimmten Fällen zu streichen. Und zwar in dem Maße, das es in der NFL bislang für Rookies noch nicht gab.
Unterm Strich deutet vieles darauf hin, dass die Bengals am Ende doch einknicken werden, wenn sie wirklich eine bessere Defense stellen wollen als im Vorjahr. Und das bedeutet dann eben auch, Hendrickson angemessen zu bezahlen - es sei denn, jemand ist doch noch gewillt, Geld und hohe Draftpicks in die Hand zu nehmen.
Jalen Ramsey - Cornerback, Miami Dolphins
Im Fall von Jalen Ramsey ist die Sachlage eine ganz andere. Nicht Ramsey ist hier der Initiator, sondern vielmehr das Team. Die Dolphins wollen Ramsey loswerden. Und zwar hauptsächlich aus finanziellen Gründen. Insgesamt stehen Ramsey in diesem Jahr mehr als 24 garantierte Millionen Dollar zu. Und die sind auch angemessen, wenn man bedenkt, wie gut Ramsey auch mit bald 31 Jahren noch ist.
Doch wollen oder müssen die Dolphins sparen, weshalb sie ihn loswerden wollen. Und dies natürlich via Trade, wie mittlerweile allen bekannt ist. Jede andere Form der Trennung wäre Cap-technisch ein ziemliches Problem für die aktuelle Situation Miamis. Und weil das Team ihn loswerden will, nimmt er auch nicht am Minicamp teil - man will schließlich keine Verletzung riskieren.
Bislang hat sich noch kein geeigneter Tradepartner gefunden, denn neben einem sicherlich noch recht hohen Draftpick müsste eben auch das Gehalt des Spielers irgendwie getragen werden. Möglich, dass man dafür den aktuellen Deal, der noch bis 2028 läuft, so umstrukturiert, dass Miami dennoch den Großteil des diesjährigen Salärs schluckt. Aber bis dahin müsste sich tatsächlich erstmal ein Team motiviert zeigen. Ein Wechsel zurück zu den Rams scheint denkbar, doch gab es bislang keine Anzeichen, dass von dort großes Interesse besteht.
Entsprechend werden wir Ramsey erstmal nicht bei den Dolphins auf dem Platz sehen. Und das könnte sich hinziehen bis ins Training Camp, sollte auch dann noch die Hoffnung auf einen Abgang des Starspielers bestehen.