In wenigen Stunden steigt der NFL Draft 2025. Wie gut ist die diesjährige Spielerklasse, was tun mit Shedeur Sanders und wie sollte Travis Hunter eingesetzt werden? RTL-Experte Adrian Franke gibt Einblick in einen Draft, bei dem Spannung garantiert sein wird.
Im exklusiven Interview mit sport.de-Redakteur Marcus Blumberg spricht Franke zudem über die stärksten Positionen dieses Draft, wer seine Sleeper sind und welches Team mit einem guten Draft am ehesten einen spektakulären Turnaround hinlegen kann.
Der NFL Draft beginnt in der Nacht zum Freitag mit Runde 1 (ab 1 Uhr live bei NITRO und im Free-Stream auf RTL+*). Zudem könnt Ihr das Geschehen auch im ausführlichen Liveticker auf sport.de verfolgen.
Adrian, wie viel geben Sie circa 24 bis 48 Stunden vor dem Draft noch auf Gerüchte?
Adrian Franke: Das ist ja jetzt die große Frage. Fällt man jetzt auf bewusste Nebelkerzen der Teams rein oder kommt da jetzt wirklich was raus? Ich glaube tatsächlich, dass da jetzt in dieser Draft-Woche Dinge rauskommen, gerade Mittwoch oder Donnerstag, die da einfach liegen, weil Teams dann ihre Boards alle fertig haben und wahrscheinlich wissen, wen sie picken wollen. Und vielleicht gibt es dann da auch eine gewisse Anzahl an Leuten in der Organisation, die weiß, wen sie picken wollen, und dann kommen eben immer ein, zwei Leaks raus. Ich meine, wir haben immer wieder auch die Falschmeldungen natürlich, die dann große Wellen schlagen. Ich erinnere mich im letzten Jahr an JC Latham zu den Chargers. Das war das große Ding, das ich glaube am Mittwoch oder Donnerstag rauskam. Und plötzlich ist jeder auf diesen Zug aufgesprungen. Und am Ende war es eben doch Joe Alt bei den Chargers, wie wir schon zwei Monate zuvor alle gedacht hatten. Das war der Pick, bei dem man medial einfach hätte bleiben sollen. So etwas kommt immer mal wieder vor. Aber ich würde sagen, dass ich das, was da wirklich groß berichtet wird, zu 70 Prozent für glaubwürdig.
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Nun wird ja die diesjährige Draft-Klasse nicht unbedingt als hochklassig angesehen. Wie viele 1st-Round-Grades haben Sie denn dennoch in diesem Jahr vergeben?
Franke: Ich habe sogar relativ viele 1st-Round-Grades tatsächlich. Ich bin bei 21 insgesamt, was ja durchaus viel ist. Aber ich stimme dem Gefühl schon zu, weil ich finde, dass der Reiz dieser Klasse eher bei den Picks 15 bis 50 liegt. Entsprechend habe ich da auch viele Grades. Ich habe einige Zweitrunden-Grades, die dann auch wirklich bis in Richtung 50 gehen. Es ist eben eine Klasse, die in der Spitze nicht gut ist. Abgesehen von zwei, drei Spielern an der Spitze ist es keine wahnsinnig starke Top-Gruppe, gerade wenn ich es auch mit dem letzten Jahr vergleiche, wo ich viel mehr Top-5- oder Top-10-Grades habe, die ich dieses Jahr fast gar nicht habe. Und ich finde bis auf ein, zwei Positionen danach geht die Qualität so ab Runde 3 ungefähr merklich runter.
Wo liegt denn die Stärke in diesem Draft nach Positionen betrachtet?
Franke: Auf Running Back natürlich. Ich habe das gerade erst nachgeschaut. 2017 war dieser Monster-Running-Back-Draft mit CMC, Fournette und so weiter. In dem Jahr wurden tatsächlich 30 Running Backs gedraftet, also ohne die Undrafted-Rookies dazu zu zählen. Das hatte es davor fast 20 Jahre nicht mehr gegeben. Ich glaube nicht, dass wir in diesem Jahr auf 30 kommen werden, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir so in Richtung 25, 26 Running Backs landen werden. Also Running Back halte ich für eine sehr, sehr starke Position in diesem Draft. Überraschend oder ungewöhnlich stark finde ich, ist die Edge-Gruppe, denn Edge Rusher ist für mich oft auch eine Position, auf der nach den ersten sieben oder acht Spielern in der Regel Schluss ist. Und ich finde, wir haben in diesem Jahr diese obere Gruppe - ich denke, sechs bis sieben werden an Tag 1 gehen - und dann aber auch noch ein wirklich starkes zweites Tier. Da kommen dann nochmal sieben, acht danach, die denke ich alle an Tag 2 gehen werden, plus dann noch ein paar Upside-Small-School-Kandidaten für den dritten Tag. Edge ist ungewöhnlich stark auch in der Breite.
Adrian Franke: Der zweitbeste Edge Rusher ist ...
Wer ist denn nach Abdul Carter aus Ihrer Sicht der zweitbeste Edge Rusher dieser Klasse? Da scheiden sich ja die Geister ...
Franke: Ich bin da bei Mykel Williams gelandet, einfach, weil ich glaube, dass wir auch in der NFL sehen, dass Power auf Edge funktioniert. Ich war im vergangenen Jahr großer Jared-Verse-Fan, was jetzt natürlich sehr gut aussieht nach einem Jahr, mal schauen, wie es sich entwickelt (lacht). Aber das war eben auch einer, der mit sehr, sehr viel Power kommt. Verse war deutlich weiter als Pass-Rusher. Aber Mykel Williams ist sehr jung, hat im vergangenen Jahr den Großteil der Saison angeschlagen gespielt und das muss man ein wenig im Hinterkopf behalten, wenn man seine Production anguckt. Und dann kommt hinzu, dass er eben aus dieser Georgia-Front kommt. Das Thema hatten wir in den vergangenen Jahren häufiger, dass die einfach wahnsinnig viel rotieren. Das heißt, so einen Mike Green, der eben 16, 17 Sacks hat, das kriegst du eben nicht mit Georgia. Und ich glaube, mit Williams bekommst du einen Spieler, der von den Maßen her alles mitbringt, der sofort ein richtig guter Run-Defender ist, und der als Pass-Rusher noch Upside hat. Da sehe ich bei ihm wirklich noch Potenzial nach oben. Und ich glaube, ich würde sagen, dass er für mich in drei Jahren ein Top-3-Edge-Verteidiger sein wird, wenn wir dann zurückschauen. Ich habe ihn jetzt an 2, weil ich finde, dass er das spannendste Komplettpaket ist.
Wie sehen Sie denn etwa Jalon Walker, der ja teilweise als Nummer-4-Pick der Patriots gehandelt wird? Ist das eher ein Edge Rusher oder ein Off-Ball Linebacker?
Franke: Definitiv als Edge. Ich mochte sein Off-Ball-Tape ehrlicherweise gar nicht. Wenn ich nur das Off-Ball-Tape bewerten würde, wäre er kein 1st-Round-Pick für mich. Ich finde, er macht zwei Dinge gut off-the-Ball: Er ist ein guter Quarterback-Spy und er ist ein guter Blitzer. Das sind die zwei Bereiche, in denen du ihn auch einsetzen kannst. Aber ansonsten würde ich ihn als Edge Rusher sehen, weil er da auch extrem viel Upside für mich hat. Er ist tatsächlich meine Nummer 3 auf Edge, weil ich finde, dass er die Explosivität mitbringt, die vielleicht diese anderen hochgehandelten Edge Rusher vielleicht nicht haben; die Länge, die zum Beispiel Mike Green nicht hat, und aber auch die Physis, um zum Beispiel scharf nach innen zu kommen, die James Pearce zum Beispiel nicht hat. Pearce hat zum Beispiel die Länge und den Get-off, aber nicht die Physis und die Power nach innen. Deswegen glaube ich, dass auch Walker noch einer ist, der natürlich noch Upside hat, weil er eben kaum Edge gespielt hat.
NFL Draft: Die 1. Runde im Überblick
Kommen wir nun zu den Quarterbacks. Wie viele erwarten Sie in Runde 1?
Franke: Ich glaube es werden zwei am Ende. Ich schätze Over/Under wäre bei 2,5 gerade, wenn man eins setzen würde, weil ja viele Namen kursieren. Jaxson Dart, dieses Tyler-Shough-Ding hält sich ja auch, auch wenn ich das einfach nicht sehe. Ich denke, wir werden eher an Tag 2 einen ganzen Rutsch kriegen, sodass da vielleicht wirklich vier oder fünf gehen. Aber ich bleibe mal bei den zwei Quarterbacks in Runde 1.
Wird der zweite QB denn am Ende wirklich Shedeur Sanders sein?
Franke: Ja, ich glaube schon. Da frage ich mich ja, ob es nicht vielleicht ein bisschen Langeweile in der Gerüchte-Berichterstattung ist. Wir haben so viel über diese Quarterbacks gesprochen und jedem ist klar, wie man die sieht oder nicht sieht, sodass das vielleicht ein bisschen Prospect-Fatigue oder Draft-Fatigue ist. Und deswegen wird ein wenig runtergeredet. Ich glaube, er wird irgendwo in Pittsburgh landen oder die Browns oder Giants traden nochmal zurück in die 1. Runde. Also in den 20ern wird er irgendwo landen.
Wenn Sie jetzt mal die Glaskugel bemühen - wer wird in drei bis vier Jahren als bester Quarterback dieser Klasse angesehen werden?
Franke: Es würde mich wundern, wenn es nicht Cam Ward wäre, weil ich schon als klar Besten aus der Gruppe sehe. Ein Darkhorse-Kandidat ist aber schon Jalen Milroe für mich, weil ich finde, dass seine Tools schon wahnsinnig gut sind. Und wenn der in der richtigen Situation landet, wo er vielleicht auch wirklich zwei Jahre gar nicht spielt und wirklich ausgebildet wird, dann ist Milroe einer der, der absolut überraschen kann. Aber Ward ist für mich schon das beste Komplettpaket. Ich glaube, der kann auch als Rookie einen guten Start haben und sich dann aufbauend darauf weiterentwickeln.
Ein Spieler, der auf vielen Big Boards ziemlich weit oben steht - auf Ihrem und meinem eher nicht -, ist Running Back Ashton Jeanty. Meine Frage wäre jetzt: Welchem Team, das in den Top 10 pickt, könnte er am ehesten sofort weiterhelfen?
Franke: Wahrscheinlich schon Chicago. Die Bears haben ja ihre Interior Offensive Line komplett umgebaut, sie haben zwei Tackles, die glaube ich beide passabel sind und sie haben einen Coach (Ben Johnson, Anm. d. Red.), von dem wir alle offensiv viel erwarten. Sie haben offensive Playmaker, das heißt, es ist keine Situation - sagen wir mal - nicht persönlich gemeint (lacht) - wenn er jetzt bei den Patriots landet, die ja nicht viele Playmaker haben, und keine gute Offensive Line, dann würde sich natürlich alles auch auf Jeanty einschießen, was gegnerische Defenses angeht. Die Gefahr ist bei den Bears jetzt nicht ganz so groß. Ich würde also schon Chicago sagen, finde ihn aber spannend. Er ist für mich die erste Wildcard in den Top 10, wenn wir jetzt Mock-Draft-technisch denken. Denn es gibt jetzt die Jaguars-Gerüchte, die sehr stark suggerieren, dass Jacksonville den einfach nimmt. Es gibt das Gerücht, dass jemand hoch traden könnte, um ihn an 5 zu ziehen. Es gibt Gerüchte, dass die Raiders ihn ziehen könnten. Es gibt Gerüchte um die Bears und, dass die Saints ihn nehmen könnten. Das sind wirklich viele Teams und je nachdem, was mit ihm passiert, wird das so etwas wie die erste Weichenstellung in diesem Draft sein, wo wahrscheinlich viele Mock Drafts dann falsch werden, nachdem sie vielleicht die ersten drei, vier Picks richtig hatten.
Adrian Franke: Dies sind die besten Sleeper im Draft 2025
Kein Widerspruch bei den Patriots ... (lacht) Aber was sind denn Ihre Top-3-Sleeper im gesamten Draft?
Franke: Sleeper sind für mich keine Grades für die zweite oder dritte Runde ... ich mag Tory Horton, den Colorado-State-Receiver, sehr. Das ist für mich so ein bisschen Puka Nacua Light. Auch mit ein paar ähnlichen Stärken und Schwächen. Er ist jetzt nicht der athletischste Dude, aber macht eben ultra-toughe Catches über die Mitte, er bewegt sich gut. Das ist einer, den ich in einer Offense sehen will, wo er viele In-Breaker läuft, der viel in dieser 10-, 12-, 15-Yard-Range über die Mitte machen kann. Und dann kann er nach dem Catch wirklich Schaden anrichten. Also ihn mochte ich sehr. Ich könnte ihn mir zum Beispiel gut bei den Lions vorstellen als Nummer 3, Solo-Offense denke ich da. Tory Horton wäre also einer. Bei den Running Backs gibt es ein paar, denn es ist wie gesagt eine sehr, sehr tiefe Klasse. Einer, der mich spät im Prozess vor dem Draft überrascht hat, war Woody Marks von USC. Er hat einen Sprinter-Background, ist ein Receiving Back gewesen und hat lange am College in der Air Raid Offense gespielt und jetzt zuletzt noch zu USC gegangen, die ja auch eine Art Air Raid spielt, und dementsprechend hat er sehr, sehr viel Receiving-Erfahrung auf der Position. Aber er ist so ein "slippery" Runner. Ich musste bei ihm so ein bisschen an Bucky Irving denken. Nicht viel Physis, nicht viel Power - um nicht zu sagen, gar keine -, aber sehr gute Vision, sehr slippery, wenn er durch die Mitte arbeitet. Und bei der Offensive Line würde ich noch Charles Grant einwerfen. Small-School-Prospect von William & Mary. Wir haben ja eine Tackle-Klasse, bei der wir bei vielen irgendwie sagen: Er ist sehr klein, hat sehr kurze Arme ... das ist ja ein bisschen das Thema mit dieser Klasse. Grant hingegen hat Super-Maße. Der bringt alles mit, hat eine tolle Athletik, hat aber eben bei William & Mary gespielt. Da ist dann immer die Frage, was machst du mit dem Tape, wenn du es in Richtung NFL analysieren willst? Ich habe Grant noch mit einem Drittrunden-Grade. Ich würde ihn tatsächlich noch an Tag 2 picken. Wenn er bei einem guten O-Line-Coach landet, ein wenig Zeit bekommt, dann könnte das ein Starting Tackle in der NFL werden.
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Ist so notiert! Noch haben ja alle Teams ihre eigenen Erstrundenpicks. Wie viele Trades sind denn nun in Runde 1 noch zu erwarten?
Franke: Also ich habe da zwei Theorien, die quasi gegensätzlich arbeiten. Ich glaube, eine davon wird aber eintreffen. Wir haben ja wie gesagt eine sehr starke Mittelgruppe von ungefähr Pick 15 bis 50. Da wird es denke ich sehr gute Spieler geben, auch noch Anfang der dritten Runde. Und ich vermute, dass die Bereitschaft hochzugehen eher gering ist, weil Teams ihre Tag-2-Picks nicht abgeben wollen. Das ist das, was ich als wahrscheinlicher sehe. Das andere Szenario, das zumindest zu ein paar Trades führen könnte, ist, dass Teams dieses Jahr früh im Draft sehr harte Cut-Off-Punkte haben. Also Punkte, an denen sie ihr Board haben, "das ist der letzte Spieler in diesem Tier, und danach haben wir einen riesen Break zum nächsten". Ich glaube, dass einige Team-Boards zu aussehen könnten. Und dann ist die Bereitschaft da vielleicht hier und da größer, jetzt die fünf oder sieben Spots hochzugehen, um genau diesen Spieler dann noch zu bekommen, auch wenn es uns dann vielleicht eine Chance an Tag 2 kostet. Ich glaube, es werden deswegen eher vereinzelt Trades werden. Ich bin jetzt immer so bei zwei bis maximal drei Trades gelandet, was ja relativ wenig wäre für eine 1. Runde.
Jetzt mal Butter bei die Fische: Was ist Ihr Hottest Take zu Runde 1?
Franke: Ich glaube, dass Will Johnson am Ende nur der vierte Cornerback sein könnte, der gepickt wird. Auch wenn das Tape etwas anderes sagt - er ist mein Nummer-2-Corner hinter Travis Hunter, wenn wir den als Corner bewerten. Das Tape ist sehr, sehr gut, aber Johnson hat 43 Verletzungen in seiner Krankenakte und jeder weiß, dass er nicht sonderlich schnell ist und er ist auch nicht die 40 Yards gelaufen vor dem Draft - es weiß auch jeder, warum. Er hatte mehrere Fußverletzungen, jetzt hat er einen Bänderriss im Zeh gehabt, der ihn das Ende der Saison gekostet hat. In Vorbereitung auf den Draft hatte er nochmal Oberschenkelprobleme. Er hat so viele Verletzungen in den vergangenen Jahren gehabt, dass ich glaube, dass ihn manche Teams einfach runtergraden werden. Außerdem ist er wie erwähnt nicht schnell. Er hat kurze Arme, obwohl er groß ist, was manche Coaches nicht mögen. Er ist ein reiner Outside-Corner, aber hat kurze Arme. Ich glaube, dass er ein sehr viel spezifischerer Fit ist als vielleicht gedacht und ich denke, dass Jahdae Barron vor ihm geht. Ich glaube, dass ein Spieler wie Trey Amos eine realistische Chance hat, vor ihm zu gehen. Und ich glaube, dass Maxwell Hairston vor ihm gehen könnte, weil er einfach bessere Tools hat. Dazu gibt es noch eine Wildcard mit Shavon Revel von East Carolina, der aus meiner Sicht großartiges Tape hat, aber auch von einer Verletzung zurückkommt. Ich glaube, diese Corner-Klasse wird generell ein bisschen später gehen und ich könnte mir vorstellen, dass Will Johnson weiter fällt, als wir das im Moment denken.
Sie haben Travis Hunter schon angesprochen, der wahrscheinlich zu den Browns an Position 2 gehen wird. Wie würden Sie ihn denn einsetzen, wenn Sie das zu entscheiden hätten?
Franke: Ich mag ihn als Receiver mehr. Ich fand, dass er als Cornerback häufiger verloren hat, als ich das erwartet hatte. Er hat auch sehr gutes Corner-Tape und ist da meine Nummer 1, aber wir reden eben über einen Spieler, der in meinen Augen ein Elite-Receiver werden kann, auch wenn er vielleicht noch fünf Pfund dafür draufpacken muss. Aber in meinen Augen hat er schon jetzt ein wenn nicht besseres, dann aber zumindest gleichwertiges Receiver-Tape wie Corner-Tape. Und das, obwohl er quasi kaum Receiver-Schulungen hatte und auf Receiver kaum gecoacht wurde. Er war ja bei Colorado primär Corner und meines Wissens war er daher auch primär in den Corner-Meetings zugegen. Ich glaube, dass Hunter mit richtigem Coaching ein echter Elite-Receiver in der NFL werden kann und bei Corner würde ich als Best Case vielleicht eine Stufe drunter setzen. Und ich glaube, er wird in Cleveland auch Receiver spielen. Von der Idee her, darüber haben die Browns auch gesprochen, ist es natürlich leichter jemanden zu haben, der Corner spielt und ein Receiver-Packages in der Offense. Ich meine, das sehen wir jetzt auch in der NFL ab und zu mit manchen Spielern. Andersrum ist es schwieriger, Ich glaube aber, es gibt auch da Wege, wenn du sagst, das ist unser Nummer-1- oder Nummer-2-Receiver und zusätzlich haben wir ein 3rd-Down-Package, wo wir ihn reinbringen oder ein Red-Zone-Package, wo wir ihn als Corner reinbringen, wenn man ihm da zehn bis zwölf Snaps geben will. Ich glaube, dafür findet man auch Wege.
Also im Prinzip genau das Gegenteil von dem, was alle erwarten?
Franke: Genau ... Aber ich glaube, wenn es passiert, dass die Browns ihn picken, dass die ihn auch als Receiver picken.
Nochmal zurück zum Thema Trades. Wird es denn auch in diesem Draft wieder Trades für Veteran-Spieler geben? Und wenn ja, für welche?
Franke: Während des Drafts auf jeden Fall! Spätestens an Tag 3 passiert das eigentlich immer. Ich könnte mir immer noch vorstellen, dass George Pickens getradet wird - wenn auch nicht im Laufe der 1. Runde, eher am frühen zweiten Tag, weil solche Trades häufiger mal passieren, wenn ein Team vielleicht nicht den Spieler bekommen hat, den es haben wollte, dann aber einen Alternativplan haben. Und das könnte dann ein Trade für Pickens sein, den man vielleicht schon seit drei Wochen in der Schublade liegen hat. Sowas könnte ich mir vorstellen, Ansonsten glaube ich, dass ein Spieler wie Kyle Pitts, der Tight End der Falcons, ein Kandidat ist, der ja auch nie das geworden ist, was wir uns ein bisschen erhofft hatten. Und auch Kirk Cousins ist ein Trade-Kandidat, auch nicht für Tag 1, aber eben für Tag 2 oder 3. Dafür habe ich immer noch die Browns ein wenig im Blick, wenn sie wirklich ohne Quarterback aus der ersten Runde gehen. Klar haben sie Pick 33 und mit diesem könnten sie auch einen QB ziehen. Aber wenn sie diese QB-Klasse vielleicht nicht so mögen oder vielleicht doch einen Tyler Shaugh an Tag 2 picken, dann könnte ich mir durchaus vorstellen, dass sie Cousins als Notlösung holen. Aber die Falcons scheinen sehr, sehr viel zu verlangen, sodass ich glaube, dass sie erst noch ihre Erwartungen ein bisschen Dämpfen müssen. Das sind die größeren Namen, aber es wird ja immer noch die kleineren Trades geben. Ich habe von Sam Howell gelesen. Und wenn die Giants Abdul Carter picken, frage ich mich, ob nicht ein Kayvon Thibodeaux via Trade zu haben wäre. Das wäre dann durchaus noch ein größerer Name und auch ein produktiver Spieler auf einer Premium-Position.
Für welchen Spieler würde sich denn theoretisch ein Trade (zurück) in die 1. Runde lohnen?
Franke: Das ist natürlich die große Frage des Boards, aber nehmen wir zum Beispiel Josh Simmons, der Offensive Tackle von Ohio State, ein Spieler, bei dem ich noch kein wirkliches Gefühl hab, wann der geht, der sich ja leider nach sechs Spielen im Vorjahr die Patellasehne gerissen hat. Der macht jetzt schon wieder leichte Workouts, aber die Prognose ist, dass er eher so Richtung August wieder bei 100 Prozent sein wird. Das heißt, die Rookie-Saison könnte ein Fragezeichen sein. Dann gibt es auch so ein paar Charakter-Fragezeichen, auch wenn man da immer vorsichtig sein muss mit solchen Geschichten, weil wir nie so richtig wissen, wer da vielleicht einfach was streut, was dann nicht stimmt. Der könnte überall landen. In manchen Mock Drafts war er bei Miami an 13, manchmal fiel er aber auch ganz aus der ersten Runde. Wenn der in den tiefen 20ern noch da ist, also so zwischen 25 und 29, ist das ein Spieler, für den ich dann auch hoch gehen würde, wenn ich einen frühen Pick an Tag 2 habe.
Meine Theorie ist ja, dass, wenn der an 24 noch da ist, dass zum Beispiel die Chiefs dann für ihn hoch traden würden, um vor die Texans zu springen und ihn picken. Denn die machen ja immer sowas ...
Franke: Das könnte ich mir auch vorstellen. Das wäre natürlich ein Home Run für die, weil das Tape sehr sehr gut ist bei Simmons. Wie gesagt, in einer Tackle-Klasse, wo wir ja bei jedem zweiten sagen, ja, relativ klein, zu kurze Arme, gilt das bei Simmons eben nicht. Der hat andere Fragezeichen.
Welche Spieler wären für Sie in diesem Draft gewissermaßen die nächsten Puka Nacuas, Christian McCaffreys oder Brock Purdys dieser Welt? Also Spieler, die etwas später gepickt werden, aber dann groß einschlagen.
Franke: Tory Horton habe ich ja schon genannt als meinen Puka Nacua Light. Auf Quarterback gibt es sicherlich ein paar, die an Tag 3 gehen werden und die eventuell überraschen könnten. Ich weiß, dass manche Leute Dillon Gabriel von Oregon mögen. Der ist eben super klein, hat keinen guten Arm. Der ist einfach limitiert. Jetzt kann man sagen, einer wie Tua Tagovailoa hat auch nicht den besten Arm - es gibt genug Quarterbacks, die keinen Top-Arm haben und trotzdem starten. Ich würde tatsächlich mal Dillon Gabriel reinwerfen. Horton wäre der, den ich am ehesten auf Receiver nennen würde. Da gibt es aber einige interessante, die spät gehen werden, aber durchaus Nummer-3-Snaps sehen könnten in der kommenden Saison. Dazu würde ich noch einen Edge Rusher reinwerfen, den ich spannend fand, aber bei dem ich nicht so ganz weiß, was ich mit ihm machen soll. Das ist David Walker, der hat für Central Arkansas gespielt, also auch eine kleine Schule. Der hat verrückte Zahlen aufgelegt, der hat einen tollen Motor. Er ist ein Spieler, bei dem es nicht schwerfällt zu sehen, warum Coaches den mögen werden. Aber ich weiß eben nicht, ob der genügend Tools hat, um in der NFL auf dieser Position zu funktionieren.
Adrian Franke: Dieses Team schafft mit gutem Draft den Turnaround
Jetzt noch eine übergreifende Frage: Welches Team könnte in diesem Jahr mit einem guten Draft am ehesten vom Schlusslicht zum Contender werden, also ähnlich wie es die Washington Commanders 2024 geschafft haben?
Franke: Das ist natürlich der absolute Best Case ... die einfachste Antwort wäre wahrscheinlich Tennessee, weil die eben den Quarterback picken, von dem ich glaube, dass er einen Unterschied machen kann. Also sind es schon die Titans. Ein Sleeper-Kandidat für diese Frage sind vielleicht sogar die Raiders für mich. Ich meine, die Raiders haben natürlich den großen Move schon gemacht mit dem Geno-Trade. Sie haben generell ein paar gute Moves gemacht jetzt. Sie haben ein sehr stark verändertes Gesicht mit Pete Carroll und Tom Brady und so weiter. Da weht nun ein ganz anderer Wind. Sie haben auch einen neuen General Manager und Brady ist ja auch im Draft Room. Keine Ahnung, ob der am Ende den Pick macht, wer weiß das schon so genau (lacht). Ich glaube, ich würde die Raiders tatsächlich sagen. Sie haben nicht wahnsinnig viel Munition, aber sie haben den Nummer-6-Pick, mit dem sie einen wirklichen Impact-Spieler kriegen können. Sie haben dann Pick 37, was sowohl ein Impact-Spieler sein kann - wenn man mal zwei Runden Mock Draft macht, dann sieht man, was da noch für Qualität vorhanden ist da -, oder auch ein richtiger guter Trade-Spot sein könnte, wenn da jemand anders hoch will. Es ist zwar ein bisschen geschummelt, denn sie haben eben schon Moves gemacht, die sie deutlich besser machen werden im Vergleich zum letzten Jahr, aber ich würde hier die Raiders nennen.
Zum Abschluss bleibt mir noch zu fragen, was die User denn bei Ihrer Live-Draft-Coverage vom "Down Set Talk!"-Podcast auf dem Twitch-Kanal von "Calcio Berlin" erwartet.
Franke: Wir werden natürlich sehr viel über die ganzen Spieler sprechen. Wir gehen ein bisschen früher drauf, wahrscheinlich 1:30 Uhr oder 1:45 Uhr und dann reden wir ein bisschen über Draft-Szenarien und dann haben wir zu jedem Pick Live-Reaktionen. Ihr könnt das im Prinzip super als Second Screen benutzen - macht Euch auf einem Screen den Draft irgendwie an, guckt Euch Roger Goodell an, wie er ausgebuht wird, und auf dem anderen seht Ihr, wie wir auslachen, nein! Aber Ihr seht da natürlich, wie wir auf die Picks reagieren. Und ganz ehrlich, dieser Draft ist sehr schwer vorauszusagen - jeder, der ein paar Mock Drafts versucht hat, wird das selber merken -, weil die Klasse einfach sehr schwer zu greifen ist, nachdem wir im Vorjahr viel mehr Klarheit und viel mehr Fixpunkte hatten in der ersten Runde. Das fehlt dieses Jahr, weil die Quarterbacks eben auch nicht so da sind. Normalerweise kann man sich ja auch an den Quarterback-Picks entlang hangeln in der Prognose, aber das geht dieses Jahr nicht wirklich. Und dann passieren eben verrückte Dinge. Vielleicht sehen wir dann doch den merkwürdigen Quarterback-Pick an 9 oder die Seahawks picken Sanders. Irgendwelche komischen Sachen mit den Quarterbacks werden dann passieren.
Spannend wird's in jedem Fall. Vielen Dank fürs Gespräch!
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