Die Championship Games stehen fest, noch vier Teams haben die Chance auf den Super Bowl! Während es in der NFC zum Überraschungsduell der Eagles mit den Commanders kommt, gibt es in Kansas City die nächste Auflage von Mahomes vs. Allen. Jedes der vier Teams darf jetzt träumen - doch woran könnten sie scheitern? Welche entscheidende Schwachstelle verhindert womöglich den Trip in den Super Bowl?
In seiner monatlichen Kolumne schreibt RTL-Experte Adrian Franke über die NFL bei sport.de.
Wer ins Championship Game kommt, hat in der Regel einen vergleichsweise kompletten Kader. Sicher, es gibt Ausnahmen und Überraschungen, Washington reiht sich hier dieses Jahr auf eindrucksvolle Art und Weise ein. Doch im Kern kann man an diesem Punkt der Saison die einzelnen Schwachstellen normalerweise klar benennen und identifizieren.
Das gilt nicht nur für uns, die von außen auf die Teams schauen und die Matchups analysieren. Das gilt natürlich viel mehr noch für den jeweiligen Gegner am Sonntag. Im Championship Game kann man eine Schwachstelle nicht verstecken, und der Gegner wird jede mögliche Problemzone so intensiv wie möglich attackieren.
Das macht diese Fehleranalyse reizvoll. Jedes Team hat seine Stärken und seine klar definierbare Identität. Aber was ist das, worauf der gegnerische Coordinator unter der Woche sein Team einstellt? Was ist die Schwachstelle, um die herum ein Game Plan entstehen wird?
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Washington Commanders: Die Front Seven
Eines vorab: Washington ist nicht nur die mit Abstand größte Überraschung dieser Saison, angeführt von Rookie-Sensation Jayden Daniels. Die Commanders haben jetzt auch in den Playoffs zwei Spiele gewonnen, in denen man im Vorfeld mit Blick auf das Matchup davon ausgehen musste, dass Washington über den Haufen gerannt wird.
Sowohl die Buccaneers, als auch die Detroit Lions hatten Top-5-Run-Games in der Regular Seasons, während Washington eine der schwächsten Run-Defenses ligaweit hatte.
Gegen Tampa Bay hatte Washington einen sehr guten defensiven Plan. Gegen Detroit war es weniger die Defense - Jahmyr Gibbs konnte den Ball relativ problemlos laufen - und mehr die Mischung aus Goffs Turnovern und Washingtons Offense, die Detroit in einen Aufholjagd-Shootout gezwungen und so weg vom Run Game gebracht hat.
Die härteste Prüfung wartet jetzt. Gegen die beste Offensive Line in der NFL, gegen das gefährlichste Run Game in der NFL, und, im Gegensatz zu den Lions und Bucs, mit einem mobilen Quarterback, der eine zusätzliche Bedrohung im Run Game darstellt.
Dieses Matchup sollte Washingtons Front an ihre Grenzen bringen. Bereits gegen Detroit konnte man sehen, wie die Commanders-Verteidiger individuell zu kämpfen hatten, in der Regular Season gegen die Eagles, vor allem im ersten Spiel mit Jalen Hurts, war das ebenfalls durch die Bank weg zu beobachten. Damals liefen die Eagles für 228 Yards und drei Touchdowns, bei 5,7 Yards pro Lauf.
Ich erwarte nicht, dass die Eagles im NFC Championship Game viel auf das Passing Game setzen werden, zumindest nicht was die Down-für-Down-Production der Offense angeht. Falls Washington das erzwingen kann, wäre das ein riesiger Schritt für die Commanders hin zum nächsten Upset.
Dafür brauchen sie aber das mit Abstand beste Saisonspiel ihrer Defensive Front.

Philadelphia Eagles: Der Quarterback
Die Eagles haben den komplettesten Kader. Wenn wir auf die vier Teams am Sonntag schauen, dann gibt es kein Team, das ich hier über Philadelphia stellen würde. Die beste Offensive Line, die vielleicht beste Defensive Line der vier übrigen Teams, die beste Secondary, der beste Running Back, das beste Receiving Corps, und auch wenn der Ausfall von Nakobe Dean wehtut, noch immer eine gute Linebacker-Gruppe.
Im Gesamtbild betrachtet kann niemand Philadelphia das Wasser reichen. Dafür aber liegt die Schwachstelle der Eagles auf der wichtigsten Position: Von den vier Championship-Teams haben die Eagles den schwächsten Quarterback. Und ich würde angesichts der rasanten Entwicklung von Jayden Daniels sogar sagen, Stand heute mit Abstand.
Das war auch in den beiden bisherigen Playoff-Spielen sichtbar. Gegen die Packers war das Passing Game nicht gut, gegen die Rams fand ich Jalen Hurts sogar noch schwächer in der Hinsicht. Und das hatte nichts mit dem Wetter zu tun, vielmehr waren es die altbekannten Probleme von Hurts: Er nimmt Sacks, die er nicht nehmen darf. Er hält den Ball zu lange und ist zu langsam in seinen Reads und seinen Entscheidungen. Er ist ungenau im Underneath Passing Game. Er ist als Dropback-Passer extrem limitiert, und das würde noch deutlicher werden, hätte er nicht die beste Line in der NFL vor sich.
Hurts‘ klarer Trumpf sind die Power und die Dynamik als Runner. Als Passer fand ich ihn dieses Jahr schon in der Regular Season über weite Teile wacklig, in den Playoffs wirkt alles, was keine schnelle Slant oder ein tiefer Go-Ball ist, wie eine Achterbahn.
Die Eagles stehen im NFC Championship Game, weil sie als Team so stark sind, dass das bisher nicht ins Gewicht gefallen ist. Washington aber hat auf seinem Weg hier her mit den Bucs und den Lions zwei der besten Rushing-Offenses dieser Saison überstanden. Das Ziel für den Sonntag ist klar: Das Spiel in Hurts‘ Hände legen und ihn zwingen, aus der Pocket konstant den Ball zu werfen. Denn dass Hurts das kann, hat er dieses Jahr zu selten gezeigt.

Buffalo Bills: Die Safeties
Buffalo imponiert mir weiterhin in der Art und Weise, wie die Bills ihre Herangehensweise Woche für Woche verändern können. Das galt schon lange in dieser Saison offensiv, wo die Bills über den Run kommen wollen, mit dem sechsten Offensive Lineman schwer sein wollen – aber auch Shootouts mit dem Passing Game gewinnen können, und eine Naturgewalt auf der Quarterback-Position haben.
Defensiv war das Spiel gegen Baltimore ein Hinweis auf eine Weiterentwicklung auch bei Sean McDermott. Das war ein Game Plan, der ganz klar weg ging von dem, was die Bills normalerweise defensiv machen. Buffalo hat hier eine klare schematische Komfortzone unter McDermott, gegen die Ravens agierten sie deutlich aggressiver, sowohl in Coverage, als auch was den Rush angeht.
Es war ein mutiger Plan, der zumindest phasenweise aufging. Buffalo hätte dieses Spiel dennoch gut und gerne verlieren können, hätten die Ravens sich nicht selbst regelmäßig in den Fuß geschossen. Und selbst mit einer Turnover-Bilanz von 0:3 hatte Baltimore die Chance, spät im Spiel die Partie auszugleichen.
Die Bills müssen davon ausgehen, dass Kansas City ihnen solche Geschenke nicht machen wird. Es wird spannend sein zu sehen, welchen defensiven Game Plan Buffalo am Sonntag auspackt – aber ich sehe eine klare Schwachstelle, spezifisch gegen die Chiefs: Das Safety-Play der Bills.
Hier ist Buffalo im ersten Jahr nach dem Duo Poyer/Hyde mit Taylor Rapp und Damar Hamlin ohnehin eher auf der durchschnittlichen qualitativen Seite unterwegs. Und Rapp musste gegen Baltimore mit einer Hüftverletzung raus, Buffalo könnte hier also zusätzlich geschwächt an den Start gehen.
Die Chiefs sind exzellent darin, mit ihren Motions Second- und Third-Level-Verteidiger zu verwirren. Sie wollen mit Screens arbeiten, sie wollen mit Kelce über die Mitte attackieren. All das sind wichtige Safety-Aufgaben, und sollten die Bills dieses Spiel verlieren, wäre es nicht überraschend, wenn das maßgeblich dazu beiträgt.
Kansas City Chiefs: Offensive Line
Vor dem Duell mit dem gefährlichen Pass-Rush der Texans war aus Kansas City zu hören, dass man in der Offensive Line bei der "Hot Hand" bleiben wolle. Gemeint war: Joe Thuney, der etatmäßige Left Guard, der aber im letzten Saisondrittel drei Spiele auf Left Tackle gestartet hatte, sollte dort bleiben. Obwohl D.J. Humphries wieder fit war.
Humphries war natürlich auch schon eine Notlösung. Die Chiefs gingen mit einem großen Fragezeichen auf der Position in die Saison, und nachdem schnell klar war, dass Rookie Kingsley Suamataia noch nicht bereit ist, wurde wenig später deutlich, dass Wanya Morris nur eine geringfügig bessere Option darstellt.
Humphries war spät in der Saison noch auf dem Markt, weil er sich von einem Kreuzbandriss zurückarbeitete. Sein Debüt war erwartungsgemäß wacklig, anschließend fiel er prompt abermals für mehrere Wochen aus.
Und so stehen die Chiefs vor dem Championship Game wieder einmal mit einem Fragezeichen auf der Left-Tackle-Position da. Thuney hatte gegen Houston enorme Probleme, und auch wenn die Bills nicht ganz die Edge-Rusher-Qualität haben, wie sie die Texans mitbringen, sind Gregory Rousseau und Von Miller definitiv gut genug, um eine wacklige Tackle-Situation auszunutzen.
Kansas City hat gerade spät in der Regular Season gezeigt, dass sie mit dem Passing Game ihre Line entlasten können. Das ist eine Offense, die ohnehin in einer Kurzpass-Welt lebt, und die einen Quarterback hat, der auch auf diesem Wege lange Drives dirigieren kann. Houston hat aber auch gezeigt, wie eine Vielzahl an Coverage-Ideen in Kombination mit konstantem Pressure selbst Mahomes in unrunde Drives zwingt.
Denn hier fehlt den Chiefs die Stabilität, um verlässlich an der Line zu gewinnen. Noch wissen wir gar nicht, für wen sich Andy Reid diese Woche auf Left Tackle entscheidet, was für sich schon unterstreicht, wie wacklig die Situation insgesamt ist. Das ist das, was die Bills, die gegen Baltimore schon mit einem ungewohnt aggressiven Game Plan überraschten, ausnutzen müssen. Daran muss sich der defensive Game Plan ausrichten.




































