Die Divisional Round der NFL Playoffs liegt hinter uns und die Detroit Lions stehen vor einer ungewissen Zukunft nach dem überraschenden Aus gegen die Commanders. Travis Kelce setzte ein Ausrufezeichen und für Lamar Jackson geht die Leidenszeit weiter.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg liefert jede Woche seine Erkenntnisse des zurückliegenden NFL-Wochenendes.
Detroit Lions vor ungewisser Zukunft
Was bleibt den Detroit Lions von ihrer wohl besten Saison der Teamgeschichte? Eine 15-2-Bilanz? Sicher. Der erste Top-Seed ihrer Geschichte? Aber klar. Doch unterm Strich wird uns wohl vor allem Dan Campbell mit Tränen in den Augen in Erinnerung bleiben. Nach all dem stehen die Lions einmal mehr mit leeren Händen da, haben dieses Mal nicht mal das NFC Championship Game wie noch im Jahr zuvor erreicht und blicken nun auf eine mindestens mal sehr ungewisse Zukunft.
Für den großen Wurf hat es in dieser Saison vermutlich vor allem deshalb nicht gereicht, weil es letztlich dann doch zu viele schwere Verletzungen und Ausfälle waren, die gerade die Defense am Ende handlungsunfähig gemacht haben. Campbell wird der Letzte sein, der nun nach Ausreden sucht, doch wer die Defense am Samstagabend gesehen hat, weiß, dass da einfach keine Substanz mehr vorhanden war. Ging man ohnehin schon stark ersatzgeschwächt ins Spiel gegen die Commanders, verlor man dann auch noch Cornerback Amik Robertson, Slot-Corner Brian Branch und Safety Ifeatu Melinfonwu.
Man hatte einfach keine Antworten mehr auf die schier unaufhaltsame Offensivmaschine, die Washington unter der Führung von Super-Rookie Jayden Daniels ins Feld schickte. Dass Jared Goff an diesem Abend an seine düstersten Zeiten in Los Angeles erinnerte, ist zwar bitter, war aber bei weitem nicht der einzige Grund, warum es nicht reichte.
Doch wie geht es nun weiter in der Motor City? Der hochgeschätzte Offensive Coordinator Ben Johnson hat sich am Montag dazu entschieden, die Chicago Bears als Head Coach zu übernehmen. Zudem erklärte Campbell, dass er auch mit einem Abgang vom nicht weniger hochgehandelten DC Aaron Glenn rechnet. Wenn tatsächlich beide gingen, wäre das eine enorme Herausforderung für die Lions.
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Die wichtigste Aufgabe eines Head Coachs
Dan Campbell sagte vor geraumer Zeit schon, dass es die wichtigste Aufgabe eines Head Coachs sei, die richtigen Assistenten zu engagieren. Das müsste er nun nach ein paar Jahren Konstanz erstmals in großem Stile wieder tun. Und offensichtliche Nachfolger sind derzeit noch nicht bekannt, zumal sowohl Johnson als auch Glenn sicherlich den einen oder anderen Mitarbeiter aus Detroit abwerben könnten, wie das bei solchen Moves üblich ist.
Detroit steht damit womöglich ohne die zwei wichtigsten Köpfe neben Campbell da. Und da haben wir noch nicht mal über den Kader gesprochen. Dieser nämlich weist diverse namhafte Free Agents auf, darunter Cornerback Carlton Davis, Guard Kevin Zeitler, Linebacker Derrick Barnes und Defensive Tackle Levi Onwuzurike. Immerhin verfügen die Lions über den achtmeisten Cap Space (effektiv rund 46 Millionen Dollar bei einer Salary Cap von kolportierten 272,5 Millionen Dollar).
In jedem Fall aber steht ein nicht unbedingt freiwilliger und großflächiger Umbruch an in Detroit. Einer, der maßgeblichen Einfluss darauf haben wird, ob das gerade erst aufgestoßene Titelfenster auch noch ein wenig länger offen bleibt.
NFL: Travis Kelce bleibt der Mann, den es zu stoppen gilt
Die Defense der Kansas City Chiefs legte einmal mehr eine Glanzleistung hin und terrorisierte Texans-Quarterback C.J. Stroud regelrecht. Am Ende standen unter anderem acht Sacks auf dem Zettel. Es gab zwar keine Turnovers, doch die Offense der Texaner kam nicht wirklich zur Entfaltung. Wir können nun gerne darüber reden, dass Kicker Ka'imi Fairbairn den Texans unterm Strich sieben Punkte gekostet hat mit seinen Fehltritten, ebenso können wir nochmal erwähnen, wie lächerlich einseitig - und teils schlichtweg falsch - die eine oder andere Schiedsrichterentscheidung zugunsten des Heimteams ausfiel. Aber letztlich war das, was die Offense der Gäste zeigte, einfach zu wenig.
Ein ebenso großes Problem war jedoch auch die eigene Defensiv-Leistung. Im Vorfeld der Partie war recht offensichtlich, was eine Defense gegen die Chiefs machen muss, um im Spiel zu bleiben. Punkt 1 ist - und der wurde auch nicht immer eingehalten -, Patrick Mahomes in der Pocket zu halten. Punkt 2 wiederum ist es, Travis Kelce nicht aus den Augen zu lassen. Was gelang den Texans aber überhaupt nicht? Genau! Kelce zu bewachen!
Kelce überragte mit sieben Receptions (8 Targets) für 117 Yards und einen Touchdown. Er legte damit sein neuntes 100-Yard-Spiel in den Playoffs hin, was ein neuer Rekord ist. Und er war mal wieder permanent völlig offen (im Schnitt 3,83 Yards Separation). Kurioserweise kam die einzige Incompletion in seine Richtung ganz zu Beginn, als er nach Motion von innen nach außen ging und dann von Top-Cornerback Derek Stingley in Zone gecovert wurde und dieser zur Stelle war. Doch stand er ganz einfach im Slot oder In-Line, dann war Kelce nicht zu halten.
Laut "Next Gen Stats" fing er alle drei Targets gegen Man Coverage (67 YDS) und vor allem sammelte er 62 Yards nach dem Catch - Saisonbestwert für ihn. Mehr noch: Er brachte es auf 33 Yards nach verpassten Tackles. Das ist fast schon absurd, da er in der gesamten Regular Season nur 18 (!) Yards nach Missed Tackles gesammelt hatte.
Dies ist alles aber nur ein aufwendiger Weg, um zu sagen, dass Kelce in besonderen Momenten wie den Playoffs einfach immer noch Mahomes' Go-To-Guy ist und dann eben auch entsprechend abliefert. Die Konklusion ist also, dass weiterhin gilt, was eigentlich seit Jahren allen klar sein sollte: wer die Chiefs schlagen will, muss einen Weg finden, Travis Kelce zu stoppen.

Kellen Moore macht es Eagles unnötig schwer
Offensive Coordinator Kellen Moore steht derzeit auf der Kandidatenliste mehrerer Teams - darunter sein Ex-Arbeitgeber Dallas Cowboys -, was einen Head-Coach-Job angeht. Wenn die Offensivvorstellung der Eagles beim 28:22-Sieg über die Los Angeles Rams sein Bewerbungsschreiben hätte sein sollen, dann sah das zumindest mal phasenweise nicht überzeugend aus.
Sicherlich lief Saquon Barkley am Ende für beeindruckende 205 Yards (2 TD), was die fünftbeste Rushing-Leistung überhaupt in der Playoff-Geschichte war. Und gleich zu Beginn lief Jalen Hurts zu einem 44-Yard-Touchdown. Alle drei Touchdowns dieser beiden Stars resultierten von guten Play-Callings, grandiosem Scheming und sehr gutem Blocking. Keine Frage. Doch letztlich waren das die eher leichten Plays in diesem Spiel.
Woran ich jedoch hängen geblieben bin, sind die kniffligeren Plays, die zu einer Zeit passierten, als sich die Lage für die Eagles verschärft hatte und vor allem die Situation verändert war. Hurts hatte sich am Knie verletzt und das mutmaßlicher schwerer. Er verpasste zwar am Ende keinen Snap, doch druckste er im Gespräch mit Melissa Stark von "ESPN" im Anschluss schon ziemlich herum und tat alles, keine klare Antwort auf das Ausmaß der Verletzung zu geben.
Wie dem auch sei, war es Moore zu dem Zeitpunkt sicherlich klar, dass Hurts im Grunde nicht mehr laufen konnte, jedenfalls nicht so, wie es für sein Spiel vonnöten gewesen wäre. Und dennoch entschied sich Moore tief in der eigenen Red Zone bei 2nd&6 nach einem Run bei 1st Down dazu, aus der Shotgun zu passen. Die Rams blitzten im Grunde bei jedem klaren Passing Down und Hurts, der ohnehin den Ball an diesem Sonntag viel zu lange hielt, stand da wie eine Salzsäule und wird für einen Safety gesackt. Das brachte die Gäste kurz vor Ende des dritten Viertels bis auf einen Punkt an die Eagles heran.
Eagles zittern Sieg nach Hause
Später dann kassierte Hurts einen weiteren Sack bei 2nd Down während eines vielversprechenden Angriffs, weil er einen Bootleg laufen sollte. Einen Bootleg, obwohl er stark in seiner Mobilität eingeschränkt war. Wer kommt auf solche Ideen? Noch dazu, wenn das Run Game ja durchaus funktionierte.
Am Ende gewannen die Eagles dennoch, weil sie das Ergebnis dank ihrer bärenstarken Defense um Maschine Jalen Carter (5 Pressures, 2 Sacks, Forced Fumble) souverän nach Hause zitterten. Aber Moore muss dringend an seiner "Situational Awareness" arbeiten, nicht zu viel wollen und sich auf die Stärken seiner Offense besinnen. Ansonsten wird es ein langer Abend in der kommenden Woche gegen die Commanders.
Playoff-Stigma bleibt an Lamar Jackson kleben
In knapp drei Wochen wird ziemlich sicher wieder der Name Lamar Jackson fallen, wenn bei der Gala NFL Honors in New Orleans/Louisiana der MVP der Saison gekürt wird. Das Problem für Jackson ist jedoch, dass er dann einmal mehr standesgemäß im Publikum sitzen wird, anstatt der Veranstaltung aufgrund wichtigerer Verpflichtungen fernzubleiben. Zu gerne wäre er ihr dieses Jahr endlich mal ferngeblieben, doch durch die haarscharfe 25:27-Pleite in Buffalo befinden sich die Ravens nun schon wieder in der Offseason.
Die Ravens waren so nah dran. Eine Two-Point Conversion nach dem späten Touchdown von Isaiah Likely hätte zumindest mal den Ausgleich und womöglich eine Overtime in Orchard Park/New York bedeutet. Doch ausgerechnet der zuletzt so gut aufgelegte Tight End Mark Andrews ließ den Ball auf der Goal Line ohne Not fallen - und damit die Saison der Ravens.
Jener Andrews hatte sein Team zuvor mit einem erfolgreichen Tush Push bei 4th&1 im Spiel gehalten. Doch er war es auch, der einen Fumble im Schlussviertel verlor und damit auch eher zum Problem als zu dessen Lösung beigetragen hatte.
Das allerdings galt auch einmal mehr für Jackson, der zwei der drei Turnover der Ravens in diesem Spiel fabrizierte. Jackson warf eine Interception in der Frühphase der Partie und verlor dann auch noch einen Fumble in einem Spielzug, in dem er den Ball sogar zweimal fallen ließ. Nun kann man argumentieren, dass die Interception eher auf Rashod Bateman ging, da der Receiver offenbar eine falsche Route gelaufen war. Doch letztlich steht die INT hinter Jacksons Namen.
"Scheiß Turnovers!"
"Turnovers. Wir können diesen Scheiß nicht haben. Halte den verdammten Ball fest. Ich entschuldige mich für meine Ausdrucksweise. Aber dieser Scheiß nervt. Ich habe diesen Scheiß satt", sagte Jackson nach dem Spiel gegenüber Reportern. Und sein Frust ist durchaus nachzuvollziehen, denn nicht nur hatte er eben zwei der drei Turnover, für ihn geht damit nun auch das Narrativ des Playoff-Versagers weiter. Wann gewinnt er endlich mal ein großes Spiel im Januar? Drei MVPs werden es in Kürze sein und weiterhin kein Erfolg in den Playoffs.
Das dürfte an ihm nagen. Und die Wahrheit ist, dass er nun erneut mindestens ein Jahr warten bis, ehe er den nächsten Anlauf starten kann, um dieses Stigma endlich abzulegen. Wenn überhaupt.





































