Zur Überraschung von niemandem haben die New England Patriots tatsächlich Mike Vrabel als ihren neuen Head Coach in der NFL verpflichtet. Und auch wenn das am Ende ein guter Schritt war, hat Teameigner Robert Kraft deutlich gezeigt, dass er aus dem massiven Fehlgriff des Vorjahres so ziemlich nichts gelernt hat. Ein Kommentar.
Vorweg: die Entlassung von Jerod Mayo nach nur einem Jahr war überfällig und absolut notwendig, weil er schlicht nicht bereit war für diesen großen Job und auch keinerlei Entwicklung in diese Richtung gezeigt hat während seiner Rookie-Saison als Head Coach. Entsprechend muss man lobend hervorheben, dass Robert Kraft dies eingesehen hat und vor allem auch öffentlich eingeräumt hat, dass dies sein Fehler war, diese Personalentscheidung vor Jahresfrist überhaupt getroffen zu haben.
Diesen Fehler galt es nun zu korrigieren. Und der erfahrene Mike Vrabel (49), der bereits seit 13 Jahren als Coach gearbeitet hat und auf sechs Jahre Erfahrung als NFL-Head-Coach bei den Tennessee Titans zurückblicken kann, ist sicherlich ein massives Upgrade gegenüber Mayo. Speziell auch deshalb, weil er weitaus mehr Kontakte in der NFL hat und entsprechend auch einen deutlich solideren und erfahreneren Coaching Staff installieren wird.
Doch diese ganze Geschichte hat ein großes Aber. Die Patriots und allen voran Robert und Teampräsident Jonathan Kraft haben auch in diesem Jahr einmal mehr gezeigt, dass diese Patriots-Organisation alles andere als professionell auftritt an der Spitze. Hatte man im vergangenen Jahr nach der Trennung von Trainerlegende Bill Belichick noch gänzlich auf eine Trainersuche verzichtet und einfach Mayo, der eine entsprechende Klausel im Vertrag hatte, als dessen Nachfolger installiert, hieß es in diesem Jahr, dass jetzt alles besser werden sollte.
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Patriots hebeln Rooney Rule aus
Doch schon zu Beginn dieser "weitreichenden" Suche, wie es aus Foxborough-nahen Kreisen zu hören war, wurde deutlich, dass es erneut eine Farce werden würde, den nächsten Head Coach New Englands zu finden. Schon am ersten Tag der Suche wurden sowohl Pep Hamilton als auch Byron Leftwich fast schon im Schnelldurchgang eingeflogen und am selben Tag abgefertigt.
Auch das ungeschulte Auge dürfte da bereits bemerkt haben, dass es sich hier nicht um einen ernsthaften Versuch gehandelt hatte, diese beiden früheren Assistenzcoaches, die seit 2022 nicht mehr in der Liga tätig waren, als Head Coach in Erwägung zu ziehen. Vielmehr wurde hiermit lediglich schon sehr früh die lästige Rooney Rule ausgehebelt, die vorsieht, dass man bei der Suche nach einem Head Coach mit mindestens zwei Angehörigen ethnischer Minderheiten sprechen muss. Haken dran! Das merkte im Übrigen auch Detroits Defensive Coordinator Aaron Glenn, der daraufhin eine Einladung zum Vorstellungsgespräch ablehnte - er wird stattdessen mit jedem anderen Team auf Trainersuche reden!
Anschließend hatte man den offensichtlichen Wunschkandidaten Vrabel zu Gast in Foxborough. Am Freitag folgte noch ein Gespräch mit dem hochgehandelten Offensive Coordinator der Detroit Lions, Ben Johnson, via Zoom. Doch schon am Samstagabend deutete sich dann an, dass es nur Vrabel sein konnte. Die Bestätigung folgte am Sonntag.
Die Patriots machten also genau das, was alle erwartet hatten. Aber auf die ungeschickteste Art und Weise, die denkbar war. Kraft stieß damit nicht nur allen anderen Kandidaten vor den Kopf, er zeigte einmal mehr, dass ihm seine Bequemlichkeit wichtiger ist als sein so geliebtes Footballteam professionell und kompetent zu führen. Selbst die Jets sehen in dieser Hinsicht gerade professioneller und kompetenter aus.
Vrabel mag genau der richtige sein für diese Patriots, aber wer kann das schon genau sagen, wenn man die Möglichkeit, dass dort draußen ein noch besserer Kandidat sein könnte, von vornherein ausschließt? Die Patriots sind eines der wertvollsten professionellen Sportteams der Welt. Sie waren bis vor wenigen Jahren das Aushängeschild der größten Sportliga der Welt. Doch dieses Milliardenunternehmen macht dieser Tage eher den Eindruck eines Tante-Emma-Ladens, der gerade so über die Runden kommt. Wenn Krafts jüngste Worte, dass er nur der Verwalter dieses Teams, das der Region und seinen Fans gehöre, sei, dann macht er einen ziemlich amateurhaften Job dabei.