In Woche 9 der NFL haben die Saints wohl ihren Tiefpunkt erreicht. Derweil gehen neuerliche Pleiten der Patriots und Seahawks auf die Kappe der Head Coaches, während bei den Cowboys die Lichter ausgehen.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg liefert jeden Montag seine Erkenntnisse der NFL-Woche.
Saints haben den Tiefpunkt erreicht
Anmerkung: Diese Zeilen entstanden vor der offiziellen Entlassung von Head Coach Dennis Allen!
Es gehört schon einiges dazu, den Carolina Panthers dieser Tage zu unterliegen. Die Saints haben es "geschafft". Sie taten dies, obwohl sie fast doppelt so viele Yards (426:246), deutlich mehr 1st Downs (25:15), mehr Ballbesitz (34:19 Minuten) hatten als der Gegner und den Turnover-Battle (1:0) gewannen. Sie hatten aber auch zehn Penalties für 109 Yards.
Und sie haben natürlich ihren Top-Receiver Chris Olave nach heftigem Zusammenprall mit zwei Gegnern verloren, weil Quarterback Derek Carr, der endlich zurückkehrte von seiner Verletzung, einen Krankenhausball warf.
Unterm Strich stehen die Saints nun bei 2-7 und haben laut "Next Gen Stats" noch eine Playoff-Chance von zwei Prozent. Zwei Prozent nach Woche 9, Anfang November. Einmal mehr muss man konstatieren, dass die Saints sehenden Auges in eine verlorene Saison gegangen sind. Und damit werden sie zum vierten Mal in Serie die Playoffs verpassen.
Seit dem Karriereende von Drew Brees hält man nun schon an diesem Irrglauben fest, dass es vollkommen ausreicht, den Status Quo aufrecht zu erhalten, um in der schwachen NFC South konkurrenzfähig zu bleiben. Nun gewinnt man in dieser nicht mal mehr beide Spiele gegen die Panthers (!).
Saints: Cap-Probleme halten an
Sicherlich spielen Verletzungen hier eine Rolle. Zu Saisonbeginn legte man zwei beeindruckende Vorstellungen gegen die Panthers und in Dallas hin, doch seither gab es eben sieben Niederlagen am Stück. Die Tatsache, dass der Kader speziell nach den Verletzungen nicht mehr konkurrenzfähig war - man konnte nicht mal den eigentlich positionslosen Taysom Hill ersetzen -, spricht eine deutliche Sprache. Doch angesichts der lange vorherrschenden und selbst geschaffenen Cap-Probleme war das nicht anders zu erwarten.
Besserung ist derweil nicht in Sicht, schon jetzt geht man bei "Over The Cap" von einem Wert von weniger als -70 Millionen Dollar an Cap Space für die neue Saison aus. Das könnte mehr werden, wenn die Salary Cap höher als die prognostizierten 272,5 Millionen Dollar ausfallen sollte. Doch auch dann werden die Saints noch mit dem mit Abstand wenigsten Cap Space der NFL in die Offseason gehen.
Und in diesem Jahr kommt es für sie knüppeldick, denn sie haben kaum noch Verträge, mit denen sie tricksen (Restructure) können, geschweige denn solche, die per Entlassung für Cap-Entlastung sorgen könnten.
Sie werden irgendwie auf eine schwarze Null kommen, doch auch in der kommenden Offseason wird es kaum möglich sein, das Team via Free Agency signifikant besser zu machen.
Was also tun? Der beste Weg, diesem Team einen Schub zu geben, wenn man glaubt, dass das mit dem vorhandenen Spielermaterial noch möglich ist, wäre daher ein anderer Impuls. Und hier reden wir dann von einem Wechsel auf der Trainerposition. Dennis Allen ist seit 2022 der starke Mann als Nachfolger von Sean Payton. Und in diesen fast drei Jahren ist er nun 18-25 bei den Saints - zählt man seine Oakland-Zeit dazu, ist er gar 26-53 als Head Coach.
Nicht viele Coaches bekommen mit so einer Bilanz überhaupt noch eine zweite Chance, Allen hat seine vermutlich bereits vergeben.
UPDATE: Am Montag zogen die Saints die Reißleine und entließen Allen tatsächlich!
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Was haben die Patriots eigentlich zu verlieren?
Die Patriots haben in Woche 9 gegen ein vermeintlich noch schlechteres Team in Person der Tennessee Titans verloren. Und sie sahen dabei phasenweise absolut nicht gut aus.
Besonders dramatisch war, wie leicht die Titans dabei den Ball auf dem Boden bewegen konnten. Der erste Drive des Spiels allein ging fast fünf Minuten einen 13-Yard-Scramble von Mason Rudolph und einen 32-Yard-Run von Tony Pollard. Doch, dass diese Defense den Run spätestens seit dem Ausfall von Linebacker Ja'Whaun Bentley nicht mehr stoppt, war bereits bekannt.
Auch bekannt war, dass man generell undiszipliniert auftritt - gegen Tennessee waren es mal wieder acht Penalties für 58 Yards. Und die Offensive Line enttäuschte einmal mehr - Drake Maye kassierte neun Hits, vier Sacks und hatte zwei Fumbles (1 Turnover).
Nachdem es den Patriots gelungen war, das Gerede um die "zu soften" Spieler, das von Head Coach Jerod Mayo nach der Pleite in London gegen die Jaguars losgetreten hatte, mit ihrem jüngsten Sieg über die Jets hatten verstummen lassen, kann man das Thema nun wieder aufmachen.
Patriots: Weiter Defizite im Run Game
Nicht nur stoppte man den Run des Gegners nicht, man schaffte es selbst auch überhaupt nicht, mit dem Ball zu laufen. Running Backs hatten 13 Carries und liefen dabei für 15 Yards. Beschönigt hat lediglich Drake Maye diese Minusleistung mit seinen Scrambles - aus acht Läufen machte er 95 Yards!
Doch Maye war es eben auch, der zwei Interceptions warf. Die erste blieb ohne Folgen, weil die eigene Defense im Gegenzug einen Goal-Line-Pick gegen Rudolph schaffte. Die zweite jedoch besiegelte die Pleite in der Overtime und war ein klarer Fehler des Rookies.
Doch sollte man den Rookie dafür dennoch nicht verantwortlich machen, schließlich war diese letztlich nur eine Folge der bereits erwähnten Defizite sowie ein paar schlechter und zum Teil feiger Entscheidungen von Mayo.
Maye hatte die Patriots mit auslaufender Uhr überhaupt erst in die Overtime gebracht, als er nach Scramble Rhamondre Stevenson mit einem wundersamen Pass in der Endzone fand. Doch anstatt das Spiel genau an dem Punkt zu entscheiden - per Two-Point Conversion -, ging Mayo lieber auf Nummer sicher und ließ den PAT zum Ausgleich kicken.
Und dann entschied man sich nach verlorenem Münzwurf dazu, gegen den Wind zu spielen. Maye erklärte im Anschluss, dass seine finale Interception unterworfen war und der Gegenwind eben auch nicht half. Er betonte jedoch, dass er den Ball so nicht hätte werfen dürfen, was ihn durchaus ehrt.
Mayos Entscheidungen waren teuer für Patriots
Doch diese Pleite geht auf Mayo. Zum einen ist es unbegreiflich, wie man - noch dazu als Belichick-Schüler - bei der Seitenwahl zur Overtime die Windrichtung nicht berücksichtigt. Belichick hat mit solchen Kleinigkeiten große Spiele gewonnen. Mayo dagegen schien das nicht mal auf dem Zettel gehabt zu haben.
Viel schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass er es überhaupt auf die Overtime hat ankommen lassen, wenn man doch weiß, dass dadurch die Siegchancen nicht gerade steigen. Allein der Münzwurf kann hier schon entscheidend sein. Und dann reden wir eben von den Patriots, die mit einer 2-6-Bilanz ins Spiel gegangen waren. Was genau hatten sie also zu verlieren? Die Saison hing hier ohnehin schon am seidenen Faden.
Mit dieser Beamten-Philosophie kann man vielleicht durchkommen, wenn man ein gutes Team hat. Die Patriots sind ein solches nicht. Wer gewinnen will, muss auch mal was riskieren. Doch Mayo macht eher den Eindruck, dass er möglichst nicht negativ auffallen will. Und ein NFL-Traditionalist wie sie ganz oben bei den Patriots sitzen, werden ihm den PAT am Ende sicher nicht vorwerfen, schließlich hat man immer so gecoacht ...
Doch wer wirklich erfolgreich sein will in dieser Liga, der braucht eben auch den Mut, das Heft des Handelns zu übernehmen, wenn es wirklich zählt. Mayo dagegen coacht wie jemand, der offenbar zu soft ist, um in dieser Liga zu bestehen.
Fehlende Linie von Macdonald kostet Seahawks den Sieg
Was war das für ein Spektakel in Seattle? Drama pur mit sechs Touchdowns und vier Interceptions auf beiden Seiten, dazu einer Ejection eines Superstars (Nacua) und einer Entscheidung in der Overtime. Das Spiel hatte alles für den neutralen Zuschauer - und sicherlich auch gerade für Rams-Fans.
Aber das hätte aus Seahawks-Sicht so nicht sein müssen. Wenn wir mal Geno Smiths Fehler und drei Interceptions - darunter der 103-Yard-Pick-Six von Kamren Kinchens, was das längste Play in dieser NFL-Saison war - außen vor lassen, bleiben da vor allem zwei Schlüsselszenen, die auf Macdonalds Kappe gehen.
Szene Nummer 1 - und das ist aus meiner Sicht das größere Ärgernis und ist im Grunde eine Kopie des Endes des Patriots-Spiels - war die Entscheidung, nach dem späten Touchdown nicht auf die Two-Point Conversion zu gehen, um das Spiel zu entscheiden. Sicher, im Gegensatz zum Patriots-Spiel waren hier noch 51 Sekunden auf der Uhr, doch auch hier gilt: wenn man das Spiel gewinnen will, sollte man auch auf Sieg spielen.
Sind wir nicht mittlerweile schlauer mit all den Analytics-Daten, die wir heutzutage haben? Denn am Ende hat man mit der Verlängerung nichts gewonnen. Man lässt sich vielmehr auf ein Lotteriespiel ein, das buchstäblich schon durch einen Münzwurf entschieden werden könnte. Wer seine Siegchancen hingegen signifikant erhöhen will, der geht auf zwei Punkte nach einem späten Touchdown, um das Spiel direkt an dem Punkt zu entscheiden. Das bewegt die Nadel weitaus mehr, als sich in die Verlängerung zu retten, wo eben nicht alles bei null anfängt, sondern eine Münze darüber entscheidet, wer dann bessere Chancen hat.
Letztlich rettete man sich aber dann doch per Extrapunkt und einer einigermaßen stabilen Defense in die Overtime, wo die Seahawks dann sogar den Münzwurf gewannen. Hier jedoch passierte dann etwas, was nicht weniger verwunderlich war.
Seahawks: Macdonald weicht von seiner Linie ab
Die Seahawks marschierten gegen eine offensichtlich müde Defense bis in die Red Zone und bis an die 16-Yard-Linie. Dort sahen sich die Hausherren schließlich einem 4th&1 gegenüber. Was also tun? Wofür will Macdonald stehen? Eigentlich war die Antwort auf beide Fragen angesichts der PAT-Entscheidung wenige Minuten zuvor offensichtlich: kick das Field Goal und nimm die Punkte.
Macdonald hatte klargemacht, dass er es konservativ angehen wollte. Dann sollte er diese Herangehensweise - völlig gleich, ob ich dieser zustimme oder nicht - auch im entscheidenden Moment des Spiels durchziehen. Doch was machte der Rookie-Head-Coach? Genau das Gegenteil! Trotz Extra-Bedenkzeit durch eine Timeout von Sean McVay auf der anderen Seite ließ Macdonald seine Offense auf dem Feld und den vierten Versuch ausspielen.
Es wurde ein Inside-Handoff zu Ken Walker, der jedoch vor dem Marker gestoppt wurde. Turnover on Downs in der Red Zone! Und das allein schon war Unsinn, schließlich ist die wacklige Rams-Defense an der Front am stabilsten und ließ im ganzen Spiel nur 3,2 Yards pro Carry zu. Und die Defense wusste eben, was angesichts des Personals auf dem Platz, was kommen wird. Entweder man versucht dann etwas anderes als das offensichtliche oder man lässt es und nimmt die Punkte.
Dass die Rams anschließend keine Zeit verschwendeten und nur noch vier Spielzüge bis zum entscheidenden Touchdown-Pass von Stafford auf Robinson brauchten, war dann die folgerichtige Konsequenz für diese Unentschlossenheit.
Macdonald traute seiner Offense erst nicht zu, dass Spiel zu entscheiden, um genau das wenig später dann doch von ihr zu verlangen. Man möchte ihm sagen, dass er sich für eine Linie entscheiden soll und diese dann auch beibehält. Stattdessen schwankte er in der entscheidenden Phase und wurde dafür bestraft.
Wer in der NFL als Head Coach erfolgreich sein will, muss klare Überzeugungen haben und diese auch durchsetzen. Nur dann erlangt man Respekt von den eigenen Spielern, aber auch bei der Konkurrenz. Es war erst Macdonalds neuntes Spiel in dieser Rolle, insofern kann er davon noch lernen. Doch diese Lektion könnte ihn und die Seahawks bereits empfindlich zurückgeworfen haben in einer Division, die immer noch weit offen ist.

In Dallas gehen die Lichter aus
Dieser Absturz der Cowboys nach drei 12-5-Saisons in Serie muss irgendwann mal genauer studiert werden. Die Niederlage in Atlanta war bereits die fünfte für die Cowboys in dieser Saison. Und wir haben erst November. Sie war aber einmal mehr ein Beleg für all das, was größtenteils selbstverschuldet schief läuft bei "America's Team".
Vor allem waren da einmal mehr jede Menge Penalties (9), der eigene Pass Rush brachte nicht viel zustande (2 Sacks) und die eigene Offensive Line schaffte es erneut nicht, Dak Prescott (3 Sacks, 8 Hits) angemessen zu beschützen. Zudem hatten die Cowboys einmal mehr massive Probleme bei 3rd (3/13) und 4th Down (1/5). Ursächlich für Letzteres waren zum Teil irrsinnige Entscheidungen von Play Calller und Head Coach Mike McCarthy.
Zu Beginn des zweiten Viertels versuchte er es bei 4th&1 an der 44 der Falcons mit einem End Around von CeeDee Lamb, der mit drei Yards Raumverlust gestoppt wurde. Und anders als zuletzt funktionierte das Run Game der Cowboys sogar - man lief für 6,5 Yards pro Carry! Warum also verkünsteln?
Zum Ende des zweiten Viertels war es eine kurze Incompletion von Prescott zu Lamb, doch den Vogel abgeschossen hat McCarthy dann in der Serie nach der Pause. Bei 4th&2 an der eigenen 38 versuchten es die Cowboys mit einem Fake-Punt, bei dem Punter Bryan Anger einen Pass auf C.J. Goodwin versuchte. Der Pass wurde nur mit Glück nicht interceptet!
Cowboys bangen um Superstars
Und die Vorzeichen hätten nicht schlechter sein können. Anger nämlich hatte seit 2014 keine Completion mehr und Goodwin sah in seiner Karriere erst zweimal überhaupt Targets vor diesem Play. Was genau war hier also der Plan beim Stand von 10:14 aus Cowboys-Sicht?
Später wollte man noch einen 4th&Inches ausspielen, doch die Cowboys brachten das Kunststück fertig, mit zwölf Mann im Huddle zu stehen, was naturgemäß eine Strafe nach sich zieht. Und das führte in dem Fall zu einem Punt. Doch wenn man es nicht mal schafft, nur elf Spieler in den offensiven (!) Huddle zu schicken, spricht das nicht gerade für ein gut gecoachtes Team. Im Übrigen waren die vier Turnover on Downs der Cowboys die meisten für das Franchise seit 1993 laut "NFL Research".
Zu allem Überfluss verloren die Cowboys dann auch noch Prescott mit einer Verletzung am großen hinteren Oberschenkelmuskel und Lamb mit einer Schulterverletzung.
Wenn es dumm läuft, fallen beide vorerst aus. Und in den kommenden Wochen geht es gegen die Eagles, Texans, Giants (Thanksgiving) und Bengals. Die letzten drei Spiele der Saison sind gegen die Bucs, Eagles und Commanders.
Es könnte also ganz bitter für die Cowboys und vor allem McCarthy enden in dieser Saison. Eine Trennung von McCarthy nach der Saison scheint derweil immer näher zu rücken. Er ist eine Lame Duck und liefert keinerlei Argumente, dass seine Zeit in Dallas noch verlängert werden würde. Die Playoff-Chancen der Cowboys sind indes auf 14 Prozent geschrumpft laut "NGS".







































