Die Dallas Cowboys haben sich mit ihrem Handling der Vertragssituationen von Prescott, Lamb und Parsons in eine schwierige Situation gebracht, die auch die sportlichen Ziele gefährden. Nach außen hin geben sie mit ihren Ausreden überdies kein gutes Bild ab.
Es gibt NFL-Teams, die ihr Kadermanagement im Griff haben, immer vorausschauen und die wichtigen Entscheidungen zur rechten Zeit treffen. Und dann gibt es die Dallas Cowboys, die sich mit ihrem langen Zögern in eine mindestens schwierige Position gebracht haben. Und das bei gleich drei Leistungsträgern und Starspielern.
Es wurde auch bei sport.de schon mehrfach thematisiert, dass Quarterback Dak Prescott, Wide Receiver CeeDee Lamb und Edge Rusher Micah Parsons allesamt derzeit vergeblich auf neue Verträge warten. Während die Cowboys von Glück reden können, dass Prescott und auch Parsons pünktlich zum Training Camp erschienen sind und sogar normal trainieren, hat sich Lamb für den frontalen Konfrotationskurs entschieden und ist gar nicht erst nach Oxnard/Kalifornien gereist. Ein Ende des Holdouts ist nicht in Sicht.
Alles begann damit, dass die Cowboys es nicht für nötig erachteten, den Vertrag von Prescott frühzeitig zu verlängern. Es wäre der naheliegende und konsequente Weg gewesen, schließlich war lange klar, dass 2024 sein letztes Vertragsjahr werden würde. Und wer will schon mit seinem Franchise-Quarterback, den wahrlich nicht jeder hat, in ein letztes Vertragsjahr gehen?
Mehr dazu:
Prescott sitzt am längeren Hebel
Hinzu kam, dass Prescott ein gutes Druckmittel parat hatte, schließlich sollte seine Cap Number für 2024 bei fast 60 Millionen Dollar liegen. Man einigte sich dann, einen anderweitigen Bonus von fast fünf Millionen Dollar in einen Signing Bonus umzuwandeln, doch auch das brachte den Cap Hit im Frühjahr nur auf immer noch enorme rund 55 Millionen Dollar herunter. Eine weiterhin immense Hypothek.
Jeder normal denkende Footballinteressierte würde nun annehmen, dass eine Vertragsverlängerung unumgänglich gewesen wäre, schließlich stand die Free Agency an und die Cowboys hielten sich betont zurück und verzichteten auf dringend nötige Ergänzungen von außerhalb. All das sollte über den Draft geregelt werden. Nach der jüngsten Verletzung von Edge Rusher Sam Williams wird nun aber deutlich, dass der eigentlich unnötige Sparkurs dazu geführt hat, dass die Personaldecke nun vielerorts im Kader sehr dünn daherkommt.
In Dallas reden sie schon länger davon, endlich auch wieder in den Playoffs Erfolg zu haben. Das Front Office um Teameigner und General Manager Jerry Jones sowie seinem Sohn und COO Stephen lässt auf die hochtrabenden Worte jedoch schon länger kaum noch Taten folgen. Vielmehr schwadronierte Jerry Jones zuletzt davon, am Verhandlungstisch ähnlich viel Geduld zu haben wie Patrick Mahomes bei seinen Scrambles. "Wir spielen Option-Quarterback und wir gehen raus Richtung Seitenlinie. Wir versuchen, eine Entscheidung zu treffen, was wir tun sollen. Höre ich mich wie Patrick Mahomes an, wenn ich das sage?"
Und überhaupt sei die Salary Cap natürlich das Hauptproblem, warum sich in Sachen Vertragsverlängerungen für die großen drei nahezu nichts getan hat bis jetzt, wie Stephen erklärte. Doch ist es wirklich die Salary Cap, die anderen Teams mit großen Verträgen ja auch keine Probleme bereitet? Wohl kaum. Schaut man derzeit aufs "Cash Spending", also die Summen, die tatsächlich an realem Geld in die Kader gesteckt werden, dann fällt schnell auf: die Cowboys belegen als wertvollstes Team der NFL (etwas mehr als 9 Milliarden Dollar laut "sportico") - und sicherlich auch Sportteam weltweit - den mit Abstand letzten Platz der NFL, wenn es darum geht, Geld in ihr Team zu investieren. Für diese Saison stehen gerade mal 218 Millionen Dollar als Kaderausgaben an - Rang 31 belegen die Rams mit immerhin 232 Millionen Dollar.
Mehr dazu:
Niemand gibt weniger aus als die Dallas Cowboys
Die Cowboys, deren Cap Number bei 227 Millionen Dollar liegt (Cap Space: 12 Mio.), nutzen die Salary Cap also derzeit als pure Ausrede, um kein echtes Geld in die Hand zu nehmen.
Stephen Jones gab in den vergangenen Tagen an, neue Vertragsangebote an Prescotts und Lambs Agenten geschickt zu haben - an eine Verlängerung für Parsons wird scheinbar gar nicht gearbeitet in diesem Jahr. Doch da man nichts davon hört, ist es wohl angemessen anzunehmen, dass auch diese Angebote nicht unbedingt marktgerecht sein werden.
Wären sie den normalen Weg gegangen, hätten sie Prescotts Vertrag verlängert und damit mehr Cap Space kreiert. Jener wäre dann frei, um mit Lamb zu verlängern, der daraufhin im Camp erschienen wäre. Und vermutlich wäre dann auch noch ein neuer Deal für Mega-Pass-Rusher Parsons drin gewesen, der spätestens nächstes Jahr dann wohl auch zum Holdout greifen wird, wenn sich seine Situation nicht verändert.
Stattdessen haben die Cowboys mit angesehen, wie die Konkurrenz neue Maßstäbe bei Wide-Receiver-Gehältern gesetzt haben, allen voran natürlich die Vikings mit Justin Jefferson. Und an eben jenem wird sich Lamb nun orientieren in seinen Gehaltsforderungen. Und Dak dürfte sicher mehr verlangen als Love, Lawrence und Burrow, die nun im Schnitt auf 55 Millionen Dollar im Jahr kommen. "Wer zulange wartet, zahlt mehr", ist die Devise in der NFL. Die Cowboys werden dies in Kürze zu spüren bekommen. Oder eben ihren Franchise-Quarterback in der kommenden Free Agency verlieren, während der Ärger mit Lamb und Parsons immer größer werden dürfte.
Am Ende des Tages wird sich Jerry Jones fragen lassen müssen, ob es das alles wert war. Mit seinem derzeitigen Kurs schadet er nicht nur seinem Team und dessen Chancen in der neuen Saison und womöglich darüber hinaus, er schwächt damit letztlich irgendwann auch die Marke Cowboys, die trotz allem bislang stetig an Wert zugelegt hat. Würde das auch noch so sein, wenn man künftig - ohne Dak - nur noch auf den hinteren Plätzen der NFC East herumdümpelte?
Marcus Blumberg