Woche 11 der NFL sah eine weitere offensive Bankrotterklärung der New York Jets, die dieses Mal Konsequenzen für Zach Wilson haben könnte. Die Miami Dolphins wiederum zeigten ähnliche Probleme wie noch in Frankfurt und zwei Head Coaches geraten allmählich in die Bredouille. Die Erkenntnisse der Woche.
NFL: New York Jets am Scheideweg
Es war mal wieder so richtig hässlich. Quarterback Zach Wilson beendete das Spiel 7/15 für 81 Yards. Er warf einen Touchdown-Pass via Checkdown und eine schlimme Interception nur ein Play, nachdem bereits versucht hatte, eine schlimme Interception zu werfen. Und er kassierte fünf Sacks, mit denen er 30 Yards verlor. Seine Completion Percentage over Expected lag bei -17,7 Prozent, zudem sorgte er für -0,31 EPA/Play.
Egal, wie man es drehen oder wenden will, Wilson war einmal mehr katastrophal für die Jets. Und dieses Mal könnte er selbst den letzten Mann verloren haben, der zuletzt noch demonstrativ an ihn geglaubt hatte. Head Coach Robert Saleh, der seinem QB erst in der Vorwoche nach einer schwachen Vorstellung das Vertrauen ausgesprochen hatte, setzte ihn im dritten Viertel auf die Bank und erklärte nach dem Spiel, dass er noch keine Entscheidung getroffen habe, wer am Freitag gegen die Miami Dolphins starten wird.
Ganz neue Töne also von Saleh, dem mit den Jets allmähliche die Felle davon schwimmen. Seit ihrem - sehr glücklichen - Sieg über die New York Giants nach ihrer Bye Week in Woche 8 setzte es zuletzt drei Pleiten in Serie, in denen sie in der Summe ganze 24 Punkte erzielt haben - zwölf davon in Vegas in Woche 10. Immerhin gelang den Jets dieses Mal erstmals seit dem Giants-Spiel wieder ein Touchdown. Doch mehr war erneut nicht drin.
Die große Story im Vorfeld des Spiels in Woche 11 war, dass Aaron Rodgers womöglich schon am 2. Dezember wieder ins Training einsteigen und am 24. Dezember sein wundersames Comeback nach der Achillessehnenverletzung geben könnte. Ein wahres Weihnachtswunder könnte das werden.
Realistischer erscheint dieser Tage jedoch, dass man schon deshalb darauf verzichten wird, weil es bis dahin wohl nichts mehr zu holen gibt für Gang Green. Rodgers selbst hatte nun schon häufiger betont, dass er nur dann möglicherweise wieder spielen würde, wenn die Jets dann noch realistische Chancen auf die Playoffs hätten.
Sie stehen bei 4-6, sind 14. der AFC und zwei Spiele hinter Rang 7. Mehr noch: Sie müssen in der kommenden Woche die Dolphins am Black Friday überwinden und werden nach vermeintlich leichteren Wochen gegen die Falcons und Texans erneut auf die Dolphins treffen - erst danach wäre Rodgers ein Thema. Es bräuchte dann aber wohl definitiv ein Weihnachtswunder, um die Jets doch noch in die Nähe der Playoffs zu bringen.
Bemerkenswert ist indes diese Statistik: Seit Wilson in der Liga ist (2021), hat kein Quarterback mit mindestens 500 Passversuchen ein niedrigeres Passer Rating als er mit 71,9.
NFL: Das neue Kräfteverhältnis in der AFC (North)
Die AFC North hat sich seit vergangener Woche gewaltig verändert. Hatten wir erst kürzlich darüber gesprochen, dass Deshaun Watson nun wieder in die Nähe seiner Topform kommen könnte und den Browns damit einen gehörigen Schub hätte geben können, musste man sich in Cleveland davon recht schnell verabschieden. Watson verpasst den Rest der Saison mit einer schweren Schulterverletzung.
Damit war dann die Bahn frei für die Bengals, die Woche 11 auf dem letzten Platz der Division begonnen hatten. Jene jedoch verloren ihren Superstar-Quarterback Joe Burrow mit einer Handgelenksverletzung, die auch ihn für den Rest der Saison außer Gefecht setzen wird. Innerhalb von fünf Tagen also verlor die NFL gleich zwei weitere Big-Name-Quarterbacks, sodass die lange Liste Verletzter Stars in diesem Jahr weiter angewachsen ist.
Doch welche Auswirkungen hat das nun aufs Kräfteverhältnis in der AFC (North)? Die Browns strotzten dieser Hiobsbotschaft und rangen die offensiv einmal mehr indisponierten Steelers einen Last-Second-Sieg ab und steuern mit nun 7-3 weiter auf die Playoffs zu. Rookie Dorian Thompson-Robinson überzeugte zwar keineswegs, doch dafür war die Defense einmal mehr bärenstark.
Das Restprogramm Clevelands haut sicherlich niemanden vom Hocker und mit Joe Flacco wurde nun ein erfahrener Mann zunächst zur Practice Squad hinzugefügt. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis er übernimmt.
In der Division dürfte damit indes klar sein, dass die Ravens hier klar im Vorteil sind. Sie führen die Division ohnehin mit 8-3 an, verfügen über den besten Quarterback der Division in Lamar Jackson und haben auch eine erdrückende Defense. Dahinter ist nun alles offen.
Die Steelers bekommen offensiv unter Offensive Coordinator Matt Canada und QB Kenny Pickett wenig zusammen und die Browns lösen nun auch keinen Angstschweiß mit ihrer Offense aus. Die Bengals wiederum müssen erstmal zeigen, in welche Richtung sie nun gehen wollen. Wollen sie ernsthaft auf Jake Browning setzen, der noch kein Spiel gestartet hat?
Was die AFC als Ganzes angeht, muss man derweil schon mal die Frage stellen, wer jetzt eigentlich noch den Chiefs gefährlich werden kann, die seit 2018 in jedem AFC Championship Game vertreten waren. Die Ravens kommen direkt in den Sinn. Und dann? Vielleicht die Dolphins? Dazu später mehr! Und danach wird es schon sehr überschaubar ohne Burrow. Vielleicht fangen sich Josh Allen und die Bills nochmal, auch wenn dort das Verletzungspech auch schon immens ist.
NFL: Staley und Reich unter Druck
"Sie können aufhören, diese Frage zu stellen. Ich werde die Defenses callen. Damit das klar ist!" Das sagte Brandon Staley, Head Coach der Los Angeles Chargers, nach der 20:23-Niederlage seines Teams bei den Green Bay Packers. Jene Green Bay Packers, die erstmals seit geraumer Zeit mal wieder einen Quarterback hatten, der für mehr als 300 Yards geworfen hat. Einmal mehr musste man konstatieren, dass Defensiv-Guru Staleys Defense nicht der Aufgabe gewachsen war und das schwächste Glied dieser Unit war.
Zugegeben, die Offense glänzte auch nicht gerade mit dem Ekeler-Fumble an der gegnerische Zwei-Yard-Linie, der vermutlich den Unterschied ausgemacht hat am Ende. Doch danach drehte man noch einmal das Spiel und schaffte es anschließend nicht, das Comeback der Packers zu stoppen. Nicht mal ein 3rd&20 war eine zu hohe Hürde - Cornerback Asante Samuel leistete sich dann eine Pass Interference, die Green Bay im Spiel hielt.
Love kam am Ende auf 0,24 EPA/Play, bemerkenswerter war jedoch, dass die Success Rate der Packers bei Serien, die mit einem Run begannen im Grunde genauso gut war wie bei Serien, die mit einem Pass begonnen. Es waren jedoch mehr als 76 Prozent, was höchst ungewöhnlich ist.
Staleys Team steht nun bei 4-6, nachdem es einmal mehr als eines der besseren Teams der Liga mit einem der besten Quarterbacks der Liga in die Saison gestartet war. Man installierte einen neuen Offensive Coordinator und verließ sich darauf, dass die Defense schon funktionieren würde, schließlich ist das ja Staleys Expertise. Doch schon vor Woche 11 belegte man lediglich Rang 27 mit 8,9 Prozent DVOA laut "FTNFantasy". Kein Wunder also, dass der Ton auch beim Head Coach rauher wird. Sein Stuhl jedenfalls war schon mal kühler.
Panthers: Wechselspiel sorgt nicht für positive Entwicklung
In einem ähnlichen Boot sitzt derweil Frank Reich bei den Carolina Panthers. Und auch bei ihm ist das irgendwo selbstverschuldet. Unter der Woche machte Reich unnötigerweise ein Fass auf, dass doch eigentlich schon offen war. Erst vor wenigen Wochen hatte er das offensive Play Calling an Offensive Coordinator Thomas Brown abgegeben, um sich diese Aufgabe dann vor Woche 11 zurückzuholen.
Wenig überraschend fruchtete die Maßnahme nicht. Die Panthers produzierten gegen Dallas ganze 187 Total Yards, darunter nur 77 Net Passing Yards. Bryce Young (-0,51 EPA/Play) kassierte elf QB-Hits und sieben Sacks, warf eine Interception und verlor einen Fumble. Erneut erwies sich außer Adam Thielen (8 REC, 74 YDS) keine Anspielstation als sonderlich brauchbar. Mittlerweile muss man angesichts dieser Vorstellungen schon mal fragen, ob die Panthers vielleicht die eine oder andere größere Entscheidung der letzten Zeit bereuen.
War Frank Reich wirklich der richtige Coach für dieses Team? Nach dem Reinfall mit Run-Game-Enthusiast Matt Rhule, der von Owner David Tepper fast drei Jahre im Amt gehalten wurde, hatte man sich von Reich sicher mehr versprochen, vor allem vor dem Hintergrund, dass man All-In gegangen ist, was den Trade-Up im vergangenen Draft anging. Die Hoffnung war, einen anerkannten Offensiv-Coach mit einem hoffnungsvollen jungen Quarterback zusammenzubringen und damit eine erfolgreiche Zukunft einzuläuten.
Bis jetzt fruchtete das nicht. Nicht mal annähernd. Am Sonntag war nun sogar schon von mehreren Quellen zu hören, dass weder Reich noch General Manager Scott Fitterer außerordentlich sicher im Sattel sitzen würden, was die Zukunft angeht. Die Frage ist jedoch, ob das jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt für den nächsten Reset ist.
Durch den Trade für Young hat man man 2024 keinen Erstrundenpick, könnte also nicht wirklich direkt den nächsten talentierten QB im Draft holen. Und damit hätte ein etwaiges nächstes Regime auch schon wieder eine ziemlich hohe Hypothek zu überwinden.
Dennoch muss man die Situation in Charlotte im Auge behalten.
NFL: Dolphins-Offense entschlüsselt?
Die guten Nachrichten für die Dolphins liegen nach dem knappen 20:13-Heimerfolg über die Las Vegas Raiders auf der Hand: Sie haben sich erfolgreich zurückgemeldet, nachdem die Niederlage in Frankfurt gegen die Chiefs durchaus als Rückschlag zu werten war. Und: Top-Neuzugang Jalen Ramsey kommt immer besser in Schwung und hatte mit zwei Interceptions - eine am Ende in der Endzone! - großen Anteil am Sieg. Diese Investition könnte nochmal wichtig werden und lohnt sich schon jetzt.
Aber: einmal mehr war die Dolphins-Offense, die normalerweise für sehr viel Spektakel dank unglaublichem Speed steht, nicht wirklich in Topform zu bestaunen. Über weite Strecken erinnerte die Unit vielmehr an das, was wir in Frankfurt sahen. Und da stellt sich dann tatsächlich die Frage, ob der Chiefs-Ansatz in der NFL Schule macht und man Mike McDaniels Konstrukt womöglich entschlüsselt hat.
Wie schon in Frankfurt gelang es auch den Raiders, die Receiver der Dolphins früh in der Route zu stören und damit den Rhythmus von Tua und Co. zu stören. Das Ergebnis: Laut "Next Gen Stats" hatte der Quarterback erneut so seine Probleme, wenn er den Ball länger als üblich halten musste. Bei Pässen, bei denen Tagovailoa den Ball länger als 2,5 Sekunden bis zum Wurf halten musste, war er nur 6/13 für 105 Yards und eine Interception. Seine CPOE lag bei -3,2 Prozent.
Wenn die Dolphins stattdessen ihr Tempo spielen durften, sah die Sache ganz anders aus. Bei Pässen, die in weniger als 2,5 Sekunden Tuas Hand verließen, war er 22/26 für 219 Yards und zwei Touchdowns (5,3 Prozent CPOE).
Die Receiver zu stören, ihnen also mit Press Coverage zu begegnen und sie früh in der Route zu stören - subtil und legal, versteht sich - scheint also tatsächlich ein wirksames Mittel zu sein. Das könnte auch der Schlüssel für die Jets am Black Friday sein, wenn sie eine Überraschung schaffen wollen. Mit Sauce Gardner, D.J. Reed und Co. verfügen sie zumindest mal über Spieler, die das bewerkstelligen können.
Marcus Blumberg



































