Die Detroit Lions schweben aktuell auf Wolke Sieben. Mit einer Bilanz von 7-2 führen die Mannen aus der Motor City nicht nur die NFC North an, man liegt in der gesamten Conference auch auf dem zweiten Platz und ist damit voll im Rennen um die NFL-Playoffs. Architekt des Erfolgs ist Head Coach Dan Campbell, der seit seinem Amtsantritt 2021 mit den Lions eine komplette Kehrtwende hingelegt hat.
Der frühere Tight End hat seine Zeit gebraucht und auch bekommen. Die Lions hat er mittlerweile mehr als nur auf Kurs gebracht. Wie ihm das gelang und welch verrücktes Detail noch fehlt zum völligen Glück beschreibt das Phänomen Dan Campbell sehr gut.
Projekt "Umbruch" an alter Wirkungsstätte
Es war der 20. Januar 2021, als Dan Campbell als Head Coach der Detroit Lions vorgestellt wurde. Sein Amtsantritt in der Motor City war eine Reise in die Vergangenheit.
Von 2006 bis 2008 hatte Campbell nämlich selbst das Trikot der Detroit Lions übergestreift. Es war damals seine dritte und vorletzte Station in seiner zehnjährigen NFL-Karriere, die als Drittrundenpick 1999 bei den New York Giants begann.
Der frühere Tight End verzeichnete in seinen 114 Spielen insgesamt nur 934 Yards, aber immerhin elf Touchdowns.
2010 ging er nach seinem Karriere-Ende zu den Miami Dolphins, wo er ein Jahr später die Tight Ends übernahm und 2015 sogar als Interims-Head-Coach einsprang. 2016 folgte der Wechsel zu den Saints, wo er ebenfalls für die Tight Ends zuständig war und Sean Payton als Assistenz-Cheftrainer zuarbeitete.
In New Orleans blieb Campbell dann bis Januar 2021, als für ihn das Abenteuer in Detroit startete.
Dort beerbte er Matt Patricia, der es in drei Jahren nicht geschafft hatte, die Lions auf Kurs zu bringen. Es war Zeit für einen Umbruch und zwar mit Dan Campbell an der Seitenlinie und Jared Goff als Quarterback, der im Tausch mit Matthew Stafford und einigen Draftpicks von den Los Angeles Rams kam.
Tränen lügen nicht
Für so einen Umbruch braucht es vor allem Geduld und Herzblut. Gerade Letzteres konnte man bei Dan Campbell bereits am ersten Tag erkennen. Als er am Tage seiner Vorstellung durch die einst vertraute Lions-Facility geführt wurde, kamen dem Übungsleiter die Tränen.
Der neue Head Coach wurde von seinen Emotionen übermannt. Erst jetzt schien er zu realisieren, dass er es geschafft hatte und den Olymp des Coachings, einen Head-Coach-Posten in der NFL, erreicht hatte.
Doch die neue Aufgabe gestaltete sich schwierig. Die Detroit Lions verloren unter Dan Campbell ihre ersten acht Spiele. Eine harte Zeit für den Head-Coach-Neuling, dem die Niederlagen-Serie sichtbar nahe ging.
Berühmt ist seine Pressekonferenz im Oktober 2021, als Campbell nach einer bitteren Last-Minute-Niederlage in Woche 5 abermals von seinen Emotionen übermannt wurde und schluchzend vor versammelter Presse erklärte, wie herzzerreißend die abermalige Niederlage war und wie sehr die Lions gewinnen wollten.
Der authentische "Players' Coach"
Was einige Leute sicherlich als Schwäche ansehen werden, ist das große Plus von Dan Campbell. Er schämt sich seiner Emotionen nicht, er lässt seinen Gefühlen freien Lauf und ist authentisch.
Das ist es auch, was die Spieler und Fans an ihm lieben. Der 47-Jährige gilt als Players' Coach, er reißt die Spieler mit seiner Art mit sich, man will sich auf dem Platz auch für den Coach zerreißen. Es ist eine große Gemeinschaft bei den Lions und Dan Campbell ist mitten drin, er ist der Anführer eines verschworenen Haufens.
Detroit Lions: Plötzlich ein Contender?
Nach den acht Niederlagen zum Start endete die erste Saison unter Dan Campbell mit drei Siegen, 13 Niederlagen und einem Remis. Ungeduldig wurde in Detroit deshalb aber niemand. So ein Umbruch ist schließlich ein Marathon und kein Sprint.
Doch auch in der zweiten Saison stolperte man vorerst durch die NFL und erwischte abermals einen Katastrophen-Start. Nur eines der ersten sieben Spiele gewannen die Detroit Lions. War Dan Campbell also doch der falsche Mann?
Weit gefehlt, denn es schien "Klick" gemacht zu haben in der Motor City. Auf einmal spielten die Lions wie ein Top-Team und gewannen acht der letzten zehn Spiele. Die Playoffs verpasste man schlussendlich nur ganz knapp, den Schwung nahm man aber in die aktuelle Spielzeit mit.
Angeführt von einem Jared Goff, dem Dan Campbell scheinbar eine ganze Menge neues Selbstvertrauen eingeflößt hat, einem Amon-Ra St. Brown, der sich als absoluter Draft-Steal (16 Receiver wurden 2021 vor ihm gewählt) erweist und einer stabilen Defense sind die Lions aktuell eines der Top-Teams in der NFC.
Einzig die Philadelphia Eagles haben mit 8-1 eine bessere Bilanz als die 7-2-Lions, die in der aktuellen Form für einen tiefen Run in die Playoffs absolut in Frage kommen.
Campbell mit verrückter Löwen-Idee
Was fehlt also noch zum vollständigen Lions-Glück? Wenn es nach Dan Campbell geht, ist die Antwort ganz klar: Ein echter Löwe am Spielfeldrand!
Im Juli hatte der Übungsleiter im Satire-Format "Pardon my Take" ein Ansinnen wiederholt, mit dem er schon 2021 überraschte. Der 47-Jährige hätte gerne einen echten Löwen an der Seitenlinie.
"Ich würde liebend gerne einen Löwen haben und angeleint mit ihm über den Trainingsplatz schlendern. Wir könnten uns dann zum Beispiel hinter die Kicker stellen, während sie versuchen, ein Field Goal zu erzielen", sagte er.
Die Besitzerin der Lions, Sheila Ford Hamp, habe kein Problem damit, allerdings würde die NFL das Vorhaben verbieten.
Aus einem waschechten Maskottchen wird also vorerst nichts, doch vielleicht werden die Lions ja mit einer Lombardi Trophy entschädigt.
Mit Dan Campbell als Coach scheint das gar nicht abwegig.
Marcel Schmidt



































