Woche 8 der NFL war ein Reminder für die Atlanta Falcons, dass sie im vergangenen Draft wohl einen schweren Fehler gemacht haben. Die Minnesota Vikings hingegen wären nach Cousins' Verletzung gut beraten, die Flinte ins Korn zu werfen. Beim Topspiel der Woche sorgten die Quarterbacks aus unterschiedlichen Gründen für Aufsehen. Die wichtigsten Erkenntnisse der Woche.
NFL: Will Levis führt Atlanta Falcons schweren Fehler vor Augen
Auf die Gefahr hin, jetzt einen ganzen Streuer an Salz in die Wunde zu kippen sei an dieser Stelle mal wieder darauf hingewiesen, dass die Atlanta Falcons mit dem achten Pick insgesamt (!) im Draft 2023 Running Back Bijan Robinson gezogen haben. Ein Move, der grundlegend mindestens mal Kopfschütteln ausgelöst hat, weil es einer enormen Ressourcenverschwendung gleichkam.
Running Back ist keine Premium-Position mehr und entsprechend sollte man einen Premium-Pick nicht dafür verschwenden. Und abgesehen davon macht ein Running Back soweit oben im Draft - also in Runde 1 - nur dann so halbwegs Sinn, wenn man damit ein sonst rundes und gut bestücktes Team nur noch vollendet, weil man auf den anderen Baustellen bereits topbesetzt ist. Die Falcons dagegen hatten und haben weiterhin allen voran keinen Quarterback.
Wie folgenschwer diese Fehleinschätzung des Frühjahrs war, bekamen die Falcons am Sonntag in beeindruckender Manier vor Augen geführt. Wisst Ihr, wer an Position acht noch locker zu haben gewesen wäre? Quarterback Will Levis, der durchaus mal als Erstrundenpick gehandelt worden war, ehe er bis auf 33 gefallen war und damit den Titans in den Schoß fiel. Wir erinnern uns sicher noch alle an den bedrückenden Abend von Levis im Green Room in Kansas City. Bedrückend verlief sein NFL-Debüt hingegen keineswegs.
Ausgerechnet gegen die Falcons, die ihn nicht wollten, gab Levis nun am Sonntag sein Debüt und servierte direkt mal vier Touchdowns (19/29, 238 YDS). Und er machte das, was man von ihm ohnehin erwartete: Er feuerte Deep Balls! Er brachte drei von sieben Deep Balls an den Mann. Sein längster Pass flog laut "Next Gen Stats" 56,1 Air Yards. Seine durchschnittliche Passtiefe belief sich auf 12,5 Yards und er brachte 8,9 Prozent mehr Pässe an als erwartet. Gerade in letzterer Hinsicht übertrumpfte er damit gleich beide im Spiel eingesetzten Falcons-Quarterbacks.
Titans: Levis-Debüt bringt auch Hopkins in Fahrt
Es war nur ein Spiel, doch gelang es weder Ryan Tannehill (2 TD-Pässe in der Saison) noch Malik Willis bislang, allen voran Star-Receiver DeAndre Hopkins so gut ins Spiel zu bekommen wie Levis direkt im ersten Anlauf. Hopkins kam auf vier Receptions für 128 Yards und drei Touchdowns. Die Titans stehen bei 3-4 und damit 2,5 Spiele hinter den Jaguars in der AFC South. Sprich: Viel darf nicht mehr passieren, will man in der Division nochmal angreifen.
Levis sorgte für frischen Wind und neuen Schwung. Und da Tannehills Vertrag am Saisonende ohnehin ausläuft und unklar ist, wann er nach seiner Knöchelverletzung zurück ist, erscheint es naheliegend, nun weiter auf Levis zu setzen und zu schauen, was man an ihm hat.
Was die Falcons angeht, sprach es derweil Bände, dass sie Desmond Ridder nach einem dezenten Auftritt vor der Pause mit einem verlorenen Fumble und fünf kassierten Sacks trotz negativem Befund beim Concussion-Check nach dem Break draußen ließen. Taylor Heinicke übernahm und präsentierte sich deutlich besser als der bisherige Starter, der es auf -0,51 EPA/Play brachte, was schon sehr bescheiden ist. Und das, nachdem er in den vergangenen Wochen und Monaten schon nicht wirklich überzeugte.
Ist das nun die Abkehr von Ridder als Starter des Teams? Wahrscheinlich noch nicht, aber die Vorstellung von Levis auf der anderen Seite dürfte sicherlich einige in Atlanta ins Grübeln gebracht haben. Was hätte sein können mit einem QB wie Levis in dieser Saison und darüber hinaus?
NFL: Minnesota Vikings sollten zur Trade Deadline verkaufen
Unabhängig davon, was die Lions in der Nacht zum Dienstag noch machen werden gegen die Raiders, scheint die NFC North ziemlich offen zu sein. Mit 4-4 sind die Vikings wieder in Schlagdistanz zur Spitze und doch scheint nun der Zeitpunkt gekommen, sich auf die Zukunft zu konzentrieren. Der Grund dafür ist die schwere Verletzung von Quarterback Kirk Cousins, der sich ziemlich sicher die Achillessehne gerissen hat und damit den Rest der Saison verpassen wird.
Cousins zeigte sich zuletzt in sehr guter Verfassung und die Tatsache, dass die Vikings nun drei Spiele in Serie ohne Justin Jefferson gewannen, unterstreicht dies mit Nachdruck. Cousins Ausfall dürfte nun aber der letzte Nagel im Sarg gewesen sein für Minnesota. Weder Rookie Jaren Hall noch Practice-Squad-QB Sean Mannion inspirieren zu allzu großem Optimismus für den Rest der Saison.
Von daher sollte man schauen, dass man bis zur Trade Deadline am Dienstag noch aktiv wird und sich für die Zukunft aufstellt. Naheliegend ist daher vor allem, Sack-Leader Danielle Hunter zu traden. Wie Cousins ist er in seinem letzten Vertragsjahr und sicherlich anderswo begehrt. Gleiches gilt auch für Edge Rusher Marcus Davenport. Zudem könnte man Geld sparen, indem man den teuren Safety Harrison Smith abgeben würde.
Im Grunde sollten alle verfügbar sein - außer Jefferson natürlich. Auch wenn man ihn im Sommer spätestens bezahlen muss.
NFL: Grund zur Sorge um Brock Purdy?
Die San Francisco 49ers haben durch ihre Niederlage am Sonntag gegen die Cincinnati Bengals nun drei Spiele am Stück verloren, nachdem sie die Saison 5-0 begonnen hatten. Erneut war eine schmerzhafte Schlussphase von Quarterback Brock Purdy ein zentraler Grund dafür, warum es letztlich nicht reichte.
Nachdem man zur Pause noch nah dran war, zogen die Bengals gegen Ende immer weiter davon. Bitter war vor allem Purdys erste Interception in der Red Zone. Aus der Bewegung heraus telegraphierte er seine Intention an die Defense und warf genau auf Linebacker Germaine Pratt, der den Ball dann sehenswert mit einer Hand fing. Es folgte eine weitere unnötige Interception und kurz vor Ende noch ein Fumble nach einem Sack.
Purdy hat jetzt in zwei in seinen letzten beiden Spielen insgesamt vier Interceptions geworfen. Bis Woche sechs hatte er keine einzige auf dem Konto.
Purdy implodierte bereits am Montag. Da er wenig später Symptome einer Gehirnerschütterung bemerkte, war eine Erklärung für die schwache Schlussphase eigentlich offensichtlich. Doch hatte er danach das Protokoll durchlaufen und bekam das grüne Licht für Sonntag. Will sagen: er war fit. Und dennoch passierten ihm Fehler, die er sonst nicht gemacht hatte.
Und rein körperlich ist er ohnehin auf gutem Niveau unterwegs. Laut "Next Gen Stats" war Purdy schnellste Ballträger des Spiels mit einer Geschwindigkeit von 19,02 Meilen pro Stunde. Ein weiterer Grund für den Leistungsabfall dürfte jedoch sein, dass mit Left Tackle Trent Williams und Receiver Deebo Samuel zwei der besten Spieler dieser Offense weiterhin ausfallen. Das unmittelbare Ergebnis waren gegen die Bengals zwei Sacks mit einem Fumble sowie sieben QB-Hits insgesamt. Kurz nach einer Gehirnerschütterung sicherlich nicht die ideale Konstellation.
Seinen Mitspielern kann man die Leistung hingegen nicht unbedingt ankreiden. In Sachen Entfernung zum nächsten Verteidiger beim Ankommen des Balls (Separation) lagen Purdys Top-Targets alle deutlich über dem Liga-Schnitt laut "Next Gen Stats".
Durch diese Niederlage sind die Niners nun sogar hinter die Seattle Seahawks in der NFC West zurückgefallen. Und war nicht unbedingt zu erwarten.
NFL: Joe Burrow meldet sich zurück
Die Cincinnati Bengals haben ihre Bye Week hinter sich gebracht und mit ihrem Auswärtserfolg in der Bay Area bei einer möglichen Super-Bowl-Preview ein Ausrufezeichen gesetzt. Und man muss nun nicht mal übertreiben, um zu sagen, dass die Bengals sich mit dieser Vorstellung im Favoritenkreis zurückgemeldet haben.
Es war ihr dritter Sieg in Serie und ja, sie belegen damit immer noch den letzten Platz der AFC North, doch sind es eben auch nur 1,5 Spiele bis zu den Ravens auf Platz 1. Und die Tatsache, dass sie nun wieder über .500 stehen, obwohl dies das erste Spiel mit fittem Joe Burrow war, sollte der Konkurrenz Sorgen bereiten. Ein stationärer Burrow war gut genug für immerhin drei Siege aus sechs Spielen. Nun hat er seine Mobilität zurück.
Dass er für 283 Yards und drei Touchdowns (28/32) Yards warf, ist nicht weiter erwähnenswert, so etwas sollte man Burrow immer zutrauen. Bemerkenswert war jedoch, dass er auch wieder zu Fuß gut unterwegs war. Burrow lief insgesamt für 43 Yards und hatte dabei einen sehenswerten 20-Yard-Lauf für ein neues First Down. Er stand zwar unter Dauerdruck durch Nick Bosa und Co., doch löste er sich auch oft genug davon mit besserer Mobilität als noch in der Anfangsphase der Saison.
Und wenn Burrow in Form ist, dann gilt das fast schon naturgemäß auch für Ja'Marr Chase, der es auf zehn Receptions für 100 Yards und einen Touchdown brachte.
Schon in der kommenden Woche steht die nächste Standortbestimmung daheim gegen die Buffalo Bills an. Konkurrenzfähig werden sie dann dank Burrow sicherlich auch sein.
NFL: Bracket-Coverage gegen Hill kann in die Tonne
Zum Schluss eine wichtige, aber auch nicht sonderlich analytische Erkenntnis: Nachdem es gerade Belichick und den Patriots in der Vergangenheit des Öfteren mal gelungen war Tyreek Hills Kreise mit sogenannter Bracket-Coverage einzudämmen, ging das am Samstag komplett nach hinten los.
Im Grunde funktioniert das so, dass man einen Cornerback auf Hill ansetzt und dann ienen Safety versetzt und tiefer ebenfalls in der Nähe von Hill postiert. Das hat den Vorteil, dass man ihn früh in der Route und dann sowohl tief als auch bei Crossern aufnehmen kann. Ähnliches versuchten im Übrigen auch die Eagles in der Vorwoche.
Doch wie in der Vorwoche interessierte dies Tua Tagovailoa und Hill herzlich wenig. Wie schon bei seinem 27-Yard-Touchdown-Catch in Woche 7 war das Play beim 42-Yard-Score gegen New England im Grunde das Gleiche: Hill lief eine Go-Route und hängte einfach seine Gegenspieler ab - obwohl die Coverage in Woche 8 bei diesem Play schon sehr soft war. Der zugewiesene Verteidiger stand mindestens sechs Yards tiefer als Hill, der aber dennoch einfach an ihm und dem Safety vorbei schoss und zu einem mühelosen Touchdown kam.
Da wir dies nun zweimal nacheinander sahen, müssen wohl die Defensiv-Gurus dieser Liga schnell ans Reißbrett und sich was Neues ausdenken in der Bewachung von Hill, der derzeit wie ein Cheatcode wirkt. Nach acht Spielen hat er schon 1014 Yards und ist auf Kurs zu 2155 Receiving Yards. Zur Erinnerung: Der Saisonrekord liegt nach über 100 Jahren NFL bei 1964 Yards nach nur 16 Spielen aus dem Jahr 2012 von Calvin "Megatron" Johnson. Nicht auszuschließen, dass Hill diese Marke noch in diesem Kalenderjahr übertrifft.
Marcus Blumberg




































