Woche 17 der NFL liegt weitgehend hinter uns - und die Philadelphia Eagles frustrieren selbst bei einem Sieg. Die Lions stehen vor einer ungewissen Zukunft und ein Backup-Quarterback hat sich gut ins Schaufenster gestellt.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg nennt an jedem Montag seine Erkenntnisse der NFL-Woche.
Diese Eagles sind gefährlich und frustrierend zugleich
Mit drei Siegen am Stück nach drei Pleiten am Stück haben die Eagles nicht nur am Ende die NFC East ein zweites Mal nacheinander gewonnen – und sogar schon vor Weihnachten –, sie haben auch einen der großen Favoriten in der AFC in die Schranken verwiesen. Beim 13:12 über die Buffalo Bills im vorletzten Regular-Season- und womöglich sogar vorletzten NFL-Spiel überhaupt im Highmark Stadium – als Wild Card spielt man eben auswärts in den Playoffs – zeigten die Eagles ihr ganzes Spektrum an Dingen, die sie gefährlich, aber auch äußerst frustrierend machen.
Sie begannen fast schockierend mit drei Passspielzügen. Und dann punteten sie, weil sie damit keinen Erfolg hatten. Letztlich verlegten sie sich schon früh wieder auf Runs in frühen Downs, streuten aber dennoch den einen oder anderen guten Pass ein. Vor allem involvierten sie A.J. Brown früh und häufig. Ehe man sich versah, lagen sie 13:0 vorne und hielten die Bills und ihre ebenfalls mächtige Offense in Schach. Ob mit oder ohne Blitzes setzten sie Josh Allen immer wieder unter Druck und hielten auch das starke Run Game der Bills zurück.
Generell war die Defense mit der Rückkehr von Jalen Carter nach dessen Schulteroperation und der wochenlangen Pause wieder in großer Form unterwegs. Und das blieb auch über die ersten drei Viertel so. Die Offense hingegen? Sie war nach dem Break komplett abgemeldet. Jalen Hurts, der gut angefangen hatte, brachte keinen seiner sieben Passversuche nach der Pause an den Mann. Null Passing Yards nach der Pause! Null! Und da das Run Game, das meist in den frühen Downs stattfand und berechenbar wie eh und je in dieser Saison war, entsprechend auch nicht weiterhalf, blieb der Angriff blass.
Mit dieser ultrakonservativen Herangehensweise setzte man den Sieg aufs Spiel, denn mit fortlaufender Spieldauer fanden die Hausherren immer besser ins Spiel, und Josh Allen wurde trotz Beinverletzung immer gefährlicher. Man konnte von Glück reden, dass der erste Red-Zone-Trip der Bills dank eines Last-Second-Tackles von Zack Baun Inches vor der Goal Line endete. Oder dass Carter den Extrapunkt nach dem ersten Touchdown blockte. Oder dass die Bills – für mich absolut vertretbar! – nach dem zweiten Touchdown auf Sieg gingen und die Two-Point Conversion missglückte.
Eagles-Coaching wirft wieder Fragen auf
Das Game Management in der Schlussphase ließ ebenso zu wünschen übrig. Mit 18 Sekunden auf der Uhr wurde die Game Clock kurzzeitig angehalten – im Glauben, dass Dawson Knox da schon einen Touchdown erzielt hatte. Das Replay ergab jedoch, dass er vor der Endzone gestoppt wurde. Die Folge war ein 10-Second-Runoff, den man mit einer Timeout hätte verhindern können. Die Bills verzichteten verständlicherweise, die Eagles aber auch. Sechs Inches vor der eigenen Endzone zehn Sekunden herzuschenken, die man womöglich noch hätte brauchen können, war zumindest riskant, wenn nicht sogar fahrlässig.
Man musste davon ausgehen, dass die Bills noch einen Touchdown erzielen würden, so kurz vor der Endzone. Und da sie schon vor dem Replay so aussahen, als würden sie anschließend auf zwei Punkte gehen, hätte den Eagles da auch schon klar sein müssen, dass sie jede Sekunde würden gebrauchen können, hätten die Hausherren tatsächlich an diesem Punkt noch das Spiel gedreht.
Die Eagles hatten zwei Timeouts, hätten sich eine bei 18 Sekunden also leisten können. Und dann wäre im Worst Case ein Shot über die Mitte noch drin gewesen – mit einer weiteren Timeout, um noch einmal in Field-Goal-Reichweite zu kommen. Dazu kam es am Ende nicht, doch das lag weniger am schlüssigen Management der Eagles und mehr an reinem Glück.
Glück ist bekanntlich keine Erfolgsgrundlage, speziell mit Blick auf die Playoffs. Die Eagles haben unzweifelhaft das Potenzial, erneut sehr weit zu gehen in den Playoffs. Doch hätten sie vermutlich deutlich größere Chancen auf einen Repeat, wenn sie sich offensiv nicht permanent selbst im Weg stünden.
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Lions vor ungewisser Zukunft
Ihre Playoff-Chancen waren vor Weihnachten nur noch theoretischer Natur, nachdem sie diese bittere Pleite gegen die Pittsburgh Steelers in Woche 16 einstecken mussten. Doch wie ihre Saison dann tatsächlich endete, war schon ein wenig schockierend. 10:23 in Minnesota, das mit seinem wasweißichwievielten Quarterback Max Brosmer antrat. Der spielt zwar nicht Defense, war aber solide genug, um seiner Defense nicht im Weg zu stehen.
Die Lions spielten offensiv ungefähr so, wie die schlimmsten Befürchtungen nach dem Abgang von Ben Johnson als Offensive Coordinator suggerierten. Das Run Game funktionierte überhaupt nicht (2,3 Yards im Schnitt) und durch die Luft war Jared Goff auch meist wirkungslos und schlicht überfordert mit den Blitzes der Vikings. Also auch ungefähr das, was zu befürchten war vor der Saison. Besagter Goff leistete sich sage und schreibe fünf der sechs Turnovers seines Teams. Er warf zwei Interceptions und verlor drei Fumbles, zwei davon nach verunglückten Snaps. Letzteres kann man natürlich dadurch erklären, dass die Lions mit Kingsley Eguakun einen ihrer zu vielen Ersatz-Center im Einsatz hatten.
Überhaupt waren Verletzungen ein großes Thema in diesem Jahr. Gegen die Vikings fehlten unter anderem Left Tackle Taylor Decker und Center Graham Glasgow. Ohnehin haben die Lions aktuell zwölf Spieler auf Injured Reserve, darunter so wichtige Leistungsträger wie Tight End Sam LaPorta, Safety Kerby Joseph, Cornerback Terrion Arnold oder auch Safety/Slot-Corner Brian Branch. Amon-Ra St. Brown ist seit Wochen angeschlagen und spielt auch nicht unbedingt seine beste Saison - fünf Drops sind die meisten seiner Karriere.
Unterm Strich war dies nicht die Saison der Lions nach zwei Playoff-Teilnahmen in Serie und als einer der Favoriten der NFC (North). Während die Defense über weite Strecken mit dem neuen Defensive Coordinator Kelvin Sheppard durchaus überzeugte, wurden Offensive Coordinator John Morton vor einigen Wochen schon als Play-Caller von Head Coach Dan Campbell abgelöst. Nun stellt sich die Frage, wie es generell mit den Lions weitergeht.
Zahlreiche Verträge laufen aus
Bleibt Morton im Amt? Wer wird Play-Caller der Offense? Was macht man, um die so wichtige Offensive Line zu stabilisieren, deren zweiter Anzug nicht wirklich saß? Und findet man eventuell einen echten Nummer-3-Receiver, der nicht nur gelegentlich ein Faktor sein kann? Das sind die größten Baustellen eines Teams, das vor nicht allzu langer Zeit noch als Topfavorit galt, aber offensichtlich nun ein paar Schritte zurück gemacht hat. Verletzungspech alleine kann hier nicht der Grund sein, denn das hatte man auch schon 2024 und marschierte dennoch ziemlich souverän zumindest durch die Regular Season.
Das alles vor dem Hintergrund, dass bis zu zwölf potenzielle Leistungsträger Free Agents werden können und die Lions aktuell keine sechs Millionen Dollar an Cap Space zur Verfügung haben. Das Titelfenster der Lions könnte also schneller schließen als viele das gedacht hatten.
Matt-Flynn-Game von Malik Willis
Die Packers haben das Samstagabend-Spiel gegen die Baltimore Ravens verloren und uns somit indirekt ein Win-or-go-Home-Finale um die AFC North in Woche 18 beschert. Zugleich aber zeigte Malik Willis, dass er vermutlich bereit für höhere Aufgaben ist. Er machte schlicht sein bestes Spiel in der NFL bis hierhin.
Willis warf für 288 Yards (18/21) und einen Touchdown und lief zudem für 60 Yards und zwei weitere Touchdowns. Und dabei profitierte er nicht etwa nur vom Offensiv-Scheme von Matt LaFleur, er brillierte förmlich bei Deep Balls. Willis brachte sechs seiner sieben Pässe über mehr als 20 Air Yards für 197 Yards und einen Touchdown an. Das waren laut "Next Gen Stats" die drittmeisten Deep-Passing-Yards für einen Quarterback in dieser Saison.
Willis, den die Packers im vergangenen Jahr per Trade von den Tennessee Titans geholt haben, wird in wenigen Wochen Free Agent, was nach dieser Vorstellung und den ordentlichen Einsätzen, die er 2024 für Green Bay schon hatte, zu einem ordentlichen Zahltag führen wird. Willis hatte im Grunde am Samstag sein Matt-Flynn-Game.
Für die Jüngeren sei gesagt, dass Flynn einst ein Siebtrundenpick der Packers im Draft 2008 war, der weitestgehend als Backup hinter Aaron Rodgers tätig war und eben auf der Bank saß. In seinem damals zweiten und letzten Start für die Packers in Woche 17 der Saison 2012 drehte er auf und beeindruckte beim 45:41-Kantersieg über die Detroit Lions mit 480 Yards und sechs Touchdowns (INT).
Zahltag für Willis?
Anschließend wurde auch er Free Agent und unterschrieb dann einen für damalige Verhältnisse durchaus hochdotierten Dreijahresvertrag über 19,5 Millionen Dollar (10 Mio. garantiert) bei den Seattle Seahawks. Ultimativ fand er dort dann aber doch nicht sein Glück, weil die Seahawks in dem Jahr auch noch einen Quarterback in der dritten Runde des Drafts zogen. Dessen Name? Russell Wilson ...
Was hat das nun mit Willis zu tun? Nun, die Vermutung liegt nahe, dass er nun auch einen ordentlichen Vertrag irgendwo erhalten wird, um dann wenigstens mal um den Starter-Job des jeweiligen Teams zu konkurrieren. Und das allein ist schon eine bemerkenswerte Entwicklung, wenn man bedenkt, wie überfordert der einstige Star-QB der Liberty University als damaliger Zweitrundenpick der Titans wirkte. Dann kam er für Siebtrundenpick im Draft 2025 nach Green Bay und zu LaFleur, der ihn seither konsequent weiterentwickelte.
Wie wir bereits von Reklamations-QBs wie Sam Darnold oder Mac Jones wissen, ist dieses Scheme sehr QB-freundlich. Doch wenn man es beherrscht, hat man eine Zukunft in dieser Liga. LaFleurs Scheme ähnelt dem von Shanahan und McVay, aus dessen Coaching Tree auch Kevin O'Connell in Minnesota entstammt. Und gerade die Vikings brauchen womöglich einen neuen QB nach einem weiteren schwierigen Jahr mit J.J. McCarthy. Es wäre schon eine besondere Wendung des Schicksals, wenn ausgerechnet die Vikings nach Brett Favre 2009 wieder einen Packers-Quarterback holen würden, dieses Mal womöglich sogar mit einer langfristigen Perspektive.
Wie auch immer es kommen mag: Willis hat gezeigt, dass er in einer Liga, die händeringend nach Quarterbacks sucht, durchaus eine Hilfe sein kann und somit einen stabilen Markt haben dürfte.
Wollen wir wirklich 18 Spiele?
Sicherlich verlief diese Saison chaotischer als andere mit zahllosen Favoriten, die gehörig auf die Nase gefallen sind in diesem Jahr. Doch selbst wenn alles normal gelaufen wäre und Teams wie die Chiefs, Ravens oder auch Colts nach ihrem 7-1-Start - ja, das ist wirklich passiert! - ihren Favoritenrollen gerecht geworden wären, hätten wir vermutlich dennoch keine wirklich hochklassigen Spiele in Woche 17 bekommen.
Vielleicht wären die Weihnachtsspiele sportlich nicht so belanglos gewesen, wenn die Lions nicht so tief gefallen wären - Stand jetzt haben sie sechs Spiele weniger gewonnen als im Vorjahr insgesamt - oder die Chiefs noch eine funktionierende Offense gehabt hätten in diesem Jahr. Wenn die Cowboys nicht Micah Parsons getradet hätten und so weiter. "Wäre, wäre, Fahrradkette", sagte mal ein weiser Fußballexperte. Die Idealerweise hätten die vergangenen Tage schon recht anders ausgesehen.
Doch die Wahrheit ist, dass es eben doch in den vergangenen Jahren schon Usus war, dass Divisions und Playoff-Spots um diese Zeit des Jahres weitestgehend entschieden sind. Wir blicken nun unabhängig von den letzten Ergebnissen dieser Woche (Redaktionsschluss war vor Sunday Night) von einer Woche 18, in der wir vielleicht noch drei interessante Spiele haben. Und da noch drei Partien - zwei am Samstagabend, eines Sunday Night - aus dem normalen Sonntagsspielplan rausfallen, droht uns ein ziemlich trostloser Abend am kommenden Sonntag.
Das kann nicht im Interesse der NFL sein. Ebenso sahen wir auch in diesem Jahr wieder zahlreiche schwere Verletzungen von Leistungsträgern, die nun ausfallen und ihren Teams nicht mehr helfen können. Zu allem Überfluss haben wir Situationen wie im Spiel zwischen den Giants und Raiders, die nun schon scheinbar strategisch Leute vorsorglich auf IR setzen, um möglichst nicht zu gute Chancen auf einen Sieg zu haben, es ging schließlich um den Top-Pick im kommenden Draft.
Wir wollen die besten Spieler sehen
All das passiert vor dem Hintergrund, dass die NFL gerne lieber heute als morgen von 17 auf 18 Spiele für jedes Team switchen würde. Und damit wahrscheinlich von 18 auf 20 Spielwochen. Das ergäbe dann wohl eine extra Bye Week für alle Teams, aber eben spät im Jahr auch noch ein weiteres Spiel, in dem sich Spieler verletzen könnte. Und sie schaffen dies schon sehr gut in nur 17 Partien. Zudem liegt die Vermutung nahe, dass eine Verlängerung des Spielplans um ein weiteres Spiel nicht unbedingt dazu führen wird, dass die Spannung dann länger anhält. Die guten Teams werden dann vermutlich einfach noch früher alles klargemacht haben und im Umkehrschluss ihre Topleute gegen Ende schonen.
Ein Szenario, dass uns auch in Woche 18 vielerorts droht, nämlich dann, wenn Teams wie die Packers, Eagles oder auch Steelers um rein gar nichts mehr spielen. Und was wollen wir als Beobachter und Fans vor allem sehen? Die besten Spieler natürlich. Und so droht der NFL das, was andere Sportligen und -wettbewerbe schon geschafft haben - das Produkt zu verwässern. Niemand kann das wollen. Außer denen, die dadurch noch mehr Geld machen werden, versteht sich.




































