Woche 12 der NFL sorgte für einiges Stirnrunzeln und Favoritensterben. Die Eagles etwa warfen einen großen Vorsprung in Dallas weg. Die Patriots schlugen eine verlustreiche Schlacht und die Texans setzten ein Ausrufezeichen.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg nennt an jedem Montag seine Erkenntnisse der NFL-Woche.
Pleite in Dallas: Eagles sind selbst schuld!
Die Philadelphia Eagles haben es wirklich perfektioniert, sich selbst im Weg zu stehen. Man muss da wirklich den Hut vor ihnen ziehen, wie gut sie das können. Es ist bemerkenswert!
Die Eagles legten beim 21:24 in Dallas einen Raketenstart hin und führten 21:0 zu Beginn des zweiten Viertels. Der Schlüssel? Das Passspiel! Jalen Hurts zerlegte die Cowboys-Defense mit seinen Top-Targets A.J. Brown und DeVonta Smith, die sowohl gegen Man als auch gegen Zone keine Probleme hatten, den Ball zu bewegen. Mehr noch: Die Eagles hatten vor der Pause eine Series Conversion Rate (SCR) von 100 Prozent, wenn die jeweilige Serie mit einem Pass begann.
Denn Pässe in frühen Downs sind normalerweise ein guter Weg zum Erfolg – Leute, die Analytics-affin sind, wissen das.
Was machten die Eagles also mit dieser klaren Führung, die nach einem kleinen Aufbäumen der Cowboys zur Pause nur noch 21:7 betrug, in der zweiten Hälfte? Richtig – sie setzten aufs Run Game, denn sie wollten den Vorsprung offenkundig nur noch verwalten. Sie versuchten das auch hinter einer Offensive Line, die ohne ihren besten Run-Blocker – und wohl besten Tackle der NFL – Lane Johnson antrat. Zudem gingen Center Cam Jurgens und Left Guard Landon Dickerson angeschlagen ins Spiel.
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Fortan bekamen sie daher nahezu nichts mehr auf die Kette und punteten viermal bis zum Spielende. Die zwei übrigen Serien in der zweiten Halbzeit endeten in einem Fumble von Saquon Barkley sowie einem verschossenen Field-Goal-Versuch aus 51 Yards von Jake Elliott. Das war beim Stand von 21:14, hätte also im vierten Viertel immerhin den Vorsprung nochmal auf zwei Scores gestellt. Es war erst sein dritter Fehlschuss der Saison und sein zweiter aus 50 und mehr Yards Entfernung. Das war also Pech.
DeJean-Experiment geht grandios schief
Der andere Grund, warum das so grandios in die Bütten ging - der Hauptgrund war das komplett sinnlose, konservative Play-Calling, und ich will da auch keine Missverständnisse aufkommen lassen: Diese Pleite geht voll auf Offensive Coordinator und Play-Caller Kevin Patullo und damit eben auch auf Head Coach Nick Sirianni, der das Ganze überwacht. Doch es gab noch einen zweiten großen Faktor: Die Secondary zerfiel in ihre Einzelteile, nachdem Cornerback Adoree' Jackson in der zweiten Hälfte verletzt raus musste.
Die Eagles hatten darüber schon des Öfteren philosophiert; nun wurde die Idee auf die Probe gestellt, ob der starke Slot-Cornerback Cooper DeJean wirklich quasi genauso gut outside wie im Slot agieren würde. Die Antwort in Kürze: Hell no! Dak Prescott machte es sich offenbar zur persönlichen Mission, DeJean komplett vorzuführen, und hatte damit Erfolg. Beide langen Completions auf CeeDee Lamb – wenn er zur Abwechslung mal den Ball nicht fallen ließ – und George Pickens kamen gegen DeJean. Insgesamt gab er vier Receptions bei fünf Targets für 148 Yards ab.
Das Problem für die Eagles war, dass es eben keine Alternative gab. Mit Jacksons Ausfall musste praktisch DeJean ran, denn auf der Bank saßen mit Kelee Ringo und Michael Carter eigentlich nur noch Slot-Cornerbacks, aber keiner für außen. Hier kommt die Karriere-Pause von Neuzugang Jaire Alexander zur genau falschen Zeit.
Die Eagles, die eigentlich alles im Griff hatten, den Verfolger Dallas so gut wie versenkt und sich voll aufs Ziel Top-Seed der Conference hätten konzentrieren können, blicken nun auf einen schwierigen Schlussspurt. Schon am Freitag, dem Black Friday, kommt es zum Duell mit den gerade heißen Chicago Bears, und bis dahin könnte die Personallage angespannt bleiben. Anschließend warten vor allem noch Duelle mit den Chargers und Bills sowie zwei Spiele gegen die Commanders. Ausrutscher verboten.
Das hätte man alles einfacher haben können, wenn man sich nicht immer selbst im Weg stehen würde.
Patriots erringen Pyrrhussieg in Cincinnati
Die New England Patriots haben mit 26:20 über die Bengals ihren neunten Sieg am Stück eingefahren und sind das erste Team, das in dieser Saison zehn Spiele gewonnen hat. Es ist ihre 20. Saison mit mindestens zehn Siegen in diesem Jahrhundert – die meisten in der NFL. Die Packers liegen hier auf Rang zwei mit 16 solcher Saisons. Die Patriots gehen damit als Nummer eins der AFC ins Thanksgiving-Wochenende. Wer hätte das vor der Saison gedacht, nachdem sie in den vergangenen zwei Jahren jeweils nur vier Spiele gewonnen hatten?
Und dennoch gibt es nicht nur Grund zur Freude nach dem schwierigen Sieg in der Queen City. Zum einen starteten sie schlechter als sonst ins Spiel und lagen früh 0:10 hinten, nachdem Drake Maye sogar einen Pick-Six geworfen hatte. Man kam zurück und drehte das Spiel, doch war dies womöglich eine verlustreiche Schlacht für den sechsmaligen Super-Bowl-Champion.
Die Verletzungen häuften sich in diesem Spiel, nachdem Mike Vrabels Team schon in der Vorwoche den so wichtigen Defensive Tackle Milton Williams verloren hatte. Am Sonntag mussten sowohl Left Tackle Will Campbell (Knie) als auch Left Guard Jared Wilson (Knöchel) das Spiel vorzeitig mit Verletzungen verlassen. Defensiv verlor man zudem Defensive Tackle und Teilzeit-Fullback Khyris Tonga mit einer Verletzung im Brustbereich, und in den Special Teams musste All-Pro Brenden Schooler mit einer Knöchelverletzung vorzeitig passen.
Bei allen standen Diagnosen bei Redaktionsschluss noch aus, doch ist es durchaus wahrscheinlich, dass der eine oder andere aus dieser Gruppe zumindest kurzfristig ausfallen wird. Und keiner von ihnen scheint leicht zu ersetzen zu sein. Speziell die Offensive Line dürfte gegen einen anderen Gegner als Cincy, das ohne seine Top-Pass-Rusher Trey Hendrickson und Shemar Stewart antrat und dennoch immerhin den Run locker stoppte, zum Problem werden. Am kommenden Montagabend geht es gegen die New York Giants, deren Defensive Front imposant ist.
Die gute Nachricht für die Patriots ist jedoch, dass sie nach besagtem Monday-Night-Game endlich ihre langersehnte Bye Week haben, was ihnen vielleicht etwas Zeit gibt, angeschlagene Spieler rechtzeitig zum Endspurt zurückzubekommen. Ab Woche 15 warten mit den Bills und Ravens die zwei noch größten Herausforderungen in dieser Saison. Und deren Ausgang könnte direkt mit dem dann vorhandenen Personal zusammenhängen.

Shedeur Sanders? Lasst die Kirche im Dorf!
Ja, Shedeur Sanders hat beim 24:10-Auswärtssieg über die Las Vegas Raiders Geschichte geschrieben! Er ist der erste Browns-Rookie-Quarterback seit 1995, der seinen ersten NFL-Start gewonnen hat. Damit ist er der erste Rookie-QB der Browns, dem dies gelang, seit das Team 1999 in die NFL zurückgekehrt ist. Vor ihm waren Rookie-QBs der Browns 0–17 in ihren ersten Starts. Auch steht in den Game Notes, dass Sanders der 42. Starting Quarterback der Browns seit 1999 ist, was einfach eine absurde Zahl ist.
Er hat gegen die Raiders seinen ersten Touchdown-Pass in der NFL geworfen und zudem nun die drei längsten Completions der Browns in dieser Saison auf dem Konto. Das sagt so einiges über Dillon Gabriel und auch Joe Flacco aus, doch hat Sanders eben auch eine schlimme Interception geworfen und insgesamt spielte er nicht wirklich gut (11/20, 209 YDS). Aber er spielte solide und machte keine weiteren groben Fehler.
Und das war dann auch genug, um die Raiders zu schlagen, denn die Browns-Defense spielte einmal mehr herausragend. Sie schaffte zehn Sacks (!) auf 29 Pressures gegen Geno Smith und drückte die Raiders damit 77 Yards zurück. Einmal gelang sogar eine Fumble Recovery. Allüberragend war naturgemäß einmal mehr Myles Garrett, der es alleine auf drei Sacks und zwölf Pressures brachte. Garrett führt die Liga nun mit 18 Sacks an, und das sind die meisten nach elf Spielen überhaupt. Zur Erinnerung: Der Saisonrekord von Michael Strahan (2001) und T.J. Watt (2021) liegt bei 22,5 - bei seiner aktuellen Pace könnte Garrett die Marke nächste Woche erreichen.
Im Anschluss an dieses Spiel verweigerte Head Coach Kevin Stefanski indes eine klare Aussage, was die Quarterback-Position nach dieser Woche angeht. Dillon Gabriel dürfte in den kommenden Tagen aus dem Concussion Protocol zurückkehren, und eigentlich hieß es, dass er dann wieder starten wird. Doch bleibt das auch so, nachdem Sanders halbwegs kompetent wirkte? Diese Hürde überquerte Gabriel zuletzt nicht wirklich. Und der Hype um Sanders - ob nun verdient oder nicht - wird nach diesem Erfolg nicht weniger werden.
Man sollte nun auf keinen Fall übertreiben, doch Sanders hat vermutlich zumindest mal noch eine weitere Chance als Starter verdient – also wenn es wirklich nach rein sportlichen Aspekten geht.

Defensive Front kann Texans weit tragen
Die Houston Texans haben am Donnerstag die Buffalo Bills 23:19 geschlagen und damit ein drittes Spiel in Serie gewonnen - mit Davis Mills als Starting Quarterback!
Die ersten zwei Siege dieser Serie waren noch damit zu erklären, dass die Gegner durchaus schlagbar waren mit den Jaguars und vor allem den Titans. Aber die Bills, die wir alle eigentlich als heißen Super-Bowl-Contender auf dem Zettel hatten? Mit MVP Josh Allen auf dem Feld? Mit Davis Mills?! Das war beeindruckend und setzte ein Ausrufezeichen.
Zugleich darf es auch als Warnsignal an die restliche Konkurrenz gewertet werden. Zwar ist man wohl schon zu weit weg von den Indianapolis Colts in der AFC South, um hier noch einen Run zu starten, doch eine Wild Card ist in der AFC allemal drin. Der Sieg über Buffalo hilft da gleich doppelt. Zum einen, weil es eben ein weiterer Sieg in einem engen Feld ist. Zum anderen, weil die Bills selbst vermutlich auch auf eine Wild Card blicken und nun der direkte Vergleich für die Texaner spräche. Ein ziemlich wichtiger Tie-Breaker, sollte man am Ende gleich auf sein.
Die Leistung am Donnerstag war bemerkenswert, denn was diese Defense mit Allen gemacht hat, war außergewöhnlich. Er kassierte die meisten Sacks seiner Karriere (8), zudem sah er die meisten Pressures in dieser Saison (20). Und sie zwangen ihn dazu, den Ball merklich schneller loszuwerden, als er es sonst gewohnt ist in dieser Saison. Er warf den Ball im Schnitt in 2,75 Sekunden, in dieser Saison liegt sein Schnitt eigentlich bei 3 Sekunden. Sprich: Sie hetzten ihn permanent und damit wurde er ungenau und machte Fehler.
Houston hatte Allen im Griff
Zudem gelang es den Texans sehr gut, Allen in der Pocket zu halten. Er hatte im Ende nur drei Scrambles und lag insgesamt nur bei fünf Laufversuchen insgesamt. Dass die Secondary darüber hinaus stark ist, war bereits bekannt. Safety Calen Bullock machte das Spiel seines Lebens mit zwei Interceptions und einem erzwungenen Fumble.
Dass die Offense dann auch noch mit den eingeschränkten Möglichkeiten von Mills genug machte, um am Ende zu gewinnen, spricht derweil nicht für die Bills-Defense, aber allemal für das Potenzial, was in dieser Offense insgesamt schlummert. In der kommenden Woche gegen die Chiefs dürfte zudem QB C.J. Stroud zurück sein, sodass man hier auch nochmal eine Schippe drauflegen kann.
Mit dieser Defense haben die Texans derweil genau die Mittel, um in der heutigen NFL zu bestehen. Die Playoffs sind drin und man wird in jeder Woche ein Problem für manch einen Gegner sein. Abschreiben darf man dieses Team noch lange nicht.




































