Woche 11 der NFL sorgte für wegweisende Ergebnisse, vor allem in der AFC West. Derweil erinnerte der MVP an eine Legende und die Atlanta Falcons haben schon wieder enttäuscht.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg nennt an jedem Montag seine Erkenntnisse der NFL-Woche.
Josh Allen in bester Brett-Favre-Manier
Die Buffalo Bills haben ein wildes Duell gegen die Tampa Bay Buccaneers mit 44:32 für sich entschieden. Der entscheidende Mann dabei war Quarterback Josh Allen, der unterm Strich mit sechs Total Touchdowns überragte. Für den MVP war es indes bereits das zweite Spiel mit sechs Total Touchdowns seit 2020. In der NFL haben dies nur zwei andere Spieler (Alvin Kamara und Tua Tagovailoa) in diesem Zeitraum geschafft.
Doch Allens Leistung war nicht etwa total dominant und absolut souverän. Keineswegs sogar. Allen hatte unterm Strich laut "PFF" sogar drei "Turnover-worthy Plays", zwei davon wurden zu Interceptions, aus denen letztlich aber nur drei Punkte für die Buccaneers wurden. Zudem hatte er eine wilde Szene, als er nach einem Scramble einen Lateral auf einen Mitspieler werfen wollte. Der Ball ging aber aus Versehen dann doch leicht vorwärts, was dann ein Illegal Forward Pass wurde und das Play negierte.
Insgesamt war es ein wilder Ritt mit insgesamt neun Führungswechseln. Beide Teams zeigten Schwächen in sonst so guten Defenses und eben äußerst explosive Offensivleistungen. Und am Ende war es Allen, der den Unterschied gemacht hat. Er trug sein Team zum Erfolg und zeigte damit einmal mehr, warum er im Vorjahr zum MVP gewählt wurde - auch wenn meine Stimme an Lamar gegangen wäre ...
Allen hat diesen Sieg für seine Kollegen erzwungen in einer schwierigen Phase für die Bills, die diesen Sieg unbedingt brauchten, um an New England dranzubleiben, das derzeit von Sieg zu Sieg eilt und selbst einen legitimen MVP-Kandidaten auf Quarterback hat. Das alles in einem Spiel, das erneut deutlich machte, dass Allen mitunter auf sich allein gestellt ist im Passspiel. Einen klaren Go-To-Receiver hat er nicht.
Shakir wirkungslos gegen Buccaneers
Seine eigentliche Nummer 1, Khalil Shakir, hatte einen Catch für Minus-3 Yards und Rückkehrer Gabe Davis, der dem Vorzug vor Keon Coleman erhalten hat, der am Freitag zu spät zum Training erschienen sein soll und damit erneut disziplinarische Defizite offenbart hat, leistete sich neben drei Receptions (40 YDS) auch direkt wieder einen Drop. Mecole Hardman, ein weiterer Neuzugang, fing keinen Pass und verlor einen Fumble beim Punt Return.
Es bleibt dabei: Allen wird die Kohlen aus dem Feuer holen müssen und sei es in bester Brett-Favre-Manier mit teils spektakulären, teils aber auch abenteuerlichen Aktionen, denn offenbar ist das der einzige Weg für die Bills, die Spitze der eigenen Division in Sichtweite zu halten. Denn gegen die Bucs funktionierte nicht mal das Run Game, wenn man Allens Scrambles ausklammert.
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Die Falcons sind eine einzige Enttäuschung
Eine Woche nach Berlin kann ich sagen, dass mir die Atlanta Falcons durchaus sympathisch sind. Ich war beim Training in Köpenick - in aller Herrgottsfrüh -, saß bei Raheem Morris' Pressekonferenz, bei der er äußerst sympathisch rüber kam, in der zweiten Reihe und war auch nah dran an Spielern wie Bijan Robinson, Michael Penix und Lenny Krieg bei Fragerunden auf dem Platz.
Das sind allesamt gute Jungs. Doch was dieses Team auf dem Feld abliefert, ist einfach enttäuschend. Die Falcons haben nun fünf Spiele am Stück verloren und ihre Saison ist mit einer Bilanz von 3-7 im Grunde schon gelaufen. Zu allem Überfluss haben sich beim 27:30 daheim gegen die Carolina Panthers auch noch Drake London und Penix verletzt. Das Ausmaß ihrer Blessuren ist bei Redaktionsschluss dieses Artikels noch nicht bekannt, es spielt jedoch angesichts der Lage in dieser Saison wohl auch keine große Rolle mehr.
Erschreckend war jedoch, dass gerade London ein Sinnbild für die Gesamtleistung dieser Offense war. Vor der Pause brachte er es auf über 100 Yards gegen die Panthers. Nach der Pause war er dann kaum noch ein Faktor im Spiel - er beendete die Partie verletzungsbedingt vorzeitig, hatte bis dahin aber dann am Ende nur 119 Yards (7/9). Warum er nach dem Break nicht mehr wirklich ins Spiel einbezogen wurde, bleibt dann wohl Zac Robinsons Geheimnis.
Enttäuschend ist auch, dass man eine gute Vorstellung von Robinson verschwendet hat. Er lief für 104 Yards (2 TD) und fing darüber hinaus noch vier Pässe für 39 Yards.
Starker Pass Rush erneut nicht genug
Die Falcons waren durchaus mit anderen Erwartungen in diese Saison gestartet. Nach einigen schwierigen Jahren sollte 2025 endlich das Jahr werden, in dem die Vormacht der Bucs in der NFC South gebrochen werden würde. Das mag durchaus noch passieren, wenn man bedenkt, dass die Panthers (!) nun mit 6-5 nur ein halbes Spiel hinter dem Team aus Nordflorida liegen (6-4). Doch die Falcons liegen einmal mehr abgeschlagen dahinter und sind nur deshalb nicht Letzter, weil die Saints existieren. Jene Saints, bei denen die Falcons in der kommenden Woche dringend ihre Pleitenserie beenden sollten.
Besonders frustrierend dürfte die Tatsache sein, dass man nun tatsächlich das größte Problem dieses Teams in den Griff bekommen zu haben schien: der Pass Rush ist ein Faktor! Auch gegen die Panthers funktionierte das wieder hervorragend. Bryce Young machte zwar sein mit Abstand bestes Spiel in der NFL (448 YDS, 3 TD), kassierte jedoch auch fünf Sacks. In den vorherigen zwei Spielen sammelten James Pearce und Co. sogar sechs Sacks gegen Drake Maye von den Patriots und deren sieben in Berlin gegen Daniel Jones.
Es ist schon fast ironisch, dass nun der Pass Rush funktioniert, dafür aber der Rest der Defense und Teile der Offense zeitweilig überhaupt nicht. Am Ende wird man sich dann der Frage stellen müssen, was geändert werden muss, um irgendwann doch wieder in die Erfolgsspur zu finden.
Da Bears sind mittendrin!
Der Last-Second-19:17-Erfolg der Chicago Bears über die Minnesota Vikings war ein echter Statement-Sieg des Teams aus der Windy City. Sicher, es war wieder unglaublich knapp. Es war phasenweise nicht schön anzusehen und man warf den starken 16:0-Run vom zweiten bis dritten Viertel fast noch aus dem Fenster. Doch erneut gelang am Ende doch noch der Sieg mit einem 48-Yard-Field-Goal von Cairo Santos mit auslaufender Uhr.
Für die Bears war es bereits der fünfte Comeback-Sieg innerhalb der letzten zwei Minuten eines Spiels. Und es war ihr dritter Sieg in Serie. Damit liegen sie nach Woche 11 unglaublicher Weise auf Rang 1 der NFC North. Vor den Lions, die in der Nacht den Eagles unterlagen. Und vor den Packers, die sich zu einem Auswärtssieg bei den Giants gewürgt haben.
Das heißt jetzt keineswegs, dass die Bears diese Art zu gewinnen bis zum Saisonende durchziehen werden. Aber es zeigt einmal mehr, dass in dieser Truppe durchaus Potenzial schlummert. Ben Johnson hat allem Anschein nach den Turnaround mit diesem Franchise geschafft. Schon jetzt hat Chicago so viele Siege auf dem Konto wie in der gesamten Saison 2023. Caleb Williams mag zwar weiterhin nicht konstant seine Leistungen abrufen, doch auch in Minnesota hatte er seine Momente, allen voran insgesamt sieben 1st Downs, die er im Spiel erzielte.
Hinzu kam, dass die Defense trotz erneut schwachem Pass Rush die Fehler von Vikings-Quarterback J.J. McCarthy ausnutzte. Der Youngster warf zwei Interceptions und hatte nicht immer die beste Connection zu Justin Jefferson. Zudem brachte McCarthy nur die Hälfte seiner Pässe (16/32) an den Mann und enttäuschte damit einmal mehr.
Bears warten auf Rückkehr von Topspielern
Die Bears-Passverteidigung hielt McCarthy bei 150 Yards. Sie tut dies, obwohl mit Jaylon Johnson und Kyler Gordon ihre zwei wohl besten Cornerbacks noch immer auf IR stehen, aber sicherlich demnächst zurückkehren werden. Nicht auszuschließen, dass die Secondary, in der Kevin Byard eine der Interceptions hatte und Neuzugang C.J. Gardner-Johnson seit seiner Ankunft überzeugt, noch besser wird.
Die Bears sind nun eines dieser Teams in diesem Jahr, das Wege findet, auch schwache Spiele irgendwie zu gewinnen. Rein statistisch lässt sich das vermutlich nicht langfristig aufrecht erhalten, doch befinden wir uns eben in einem Jahr, in dem Chaos regiert. Wer dann dem Chaos Herr wird, steht eben ziemlich gut da.
Die Chiefs sind nun wirklich in Trouble
Eigentlich lag der schwierige Part des Spielplans für die Chiefs schon hinter ihnen, zumal nun ja auch seit einigen Wochen schon Rashee Rice zurück ist und auch sonst alle wichtigen Waffen der Offense zurück sind. Selbst der wochenlange absente Left Tackle Josh Simmons ist mittlerweile zurück. All das sorgte aber nicht dafür, dass sich die Chiefs sportlich wirklich gefangen haben.
Nicht mal eine Bye Week half dieses Mal, obwohl das so etwas wie ein Cheatcode für Head Coach Andy Reid ist, der einer der besten ist, wenn es darum geht, sein Team in zwei Wochen Zeit auf einen Gegner vorzubereiten. Das jedoch klappte nun schon zweimal nacheinander nicht, wenn man den nicht ganz unwichtigen Super Bowl im vergangenen Februar mitzählt.
Die Chiefs haben dramatisch 19:22 in Denver verloren und liegen nun nicht nur vier Spiele hinter den Broncos in der AFC West und werden diese vermutlich erstmals seit 2015 (Broncos) nicht als Erster abschließen. Damit aber nicht genug! Im Gegensatz zum letzten Jahr, als sie 11-0 in One-Score-Games waren, sind sie in diesem Jahr nach fünf engen Spielen noch sieglos (0-5). Gravierender ist jedoch die Tatsache, dass Mahomes und Co. allen Ernstes ebenfalls 0-5 sind, wenn es ihnen nicht gelang, Gegner bei höchstens 19 Punkten zu halten.
Mehr noch: die fünf Niederlagen aus Spielen, die mit maximal sieben Punkten Unterschied entschieden wurden, sind ihre drittmeisten überhaupt in einer Saison. Schlechter waren sie nur 2007 (8) und 2008 (6). All das führt dazu, dass sie nun zum spätesten Zeitpunkt seit 2017 bei .500 oder schlechter (5-5) stehen. 2017 waren sie 6-6 nach zwölf Spielen. Dies war bekanntermaßen ihre letzte Saison ohne Mahomes als Starter.
Mahomes zeigt ungewöhnliche Schwächen
Doch wie kam diese Niederlage gegen die Broncos eigentlich zustande? In erster Linie aufgrund einer bärenstarken Vorstellung der Broncos-Defense, die Mahomes dreimal per Sack zu Boden brachte und ihn immer wieder unter Druck setzte. Zwei der drei Sacks gingen aufs Konto von Ja'Quan McMillian, der zur rechten Zeit blitzte und dem Blick von Mahomes entging. Jener fing auch die Interception in der Red Zone.
Die Chiefs-Offense hatte generell kaum Punch in diesem Spiel. Am Ende hatten sie nur 311 Yards und 86 erzielten sie durch zwei lange Pass-Interference-Strafen gegen Cornerback Riley Moss, weitere 61 durch einen einzigen Pass auf Tyquan Thornton. Überhaupt steuerten die Broncos 147 Yards allein durch Strafen bei.
Auf der anderen Seite gab es zwar nur 69 Straf-Yards gegen die Chiefs, doch kassierten sie wie die Hausherren insgesamt zehn Strafen, was auch ungewöhnlich für die Chiefs ist.
Die Offensive Line war einmal mehr ein Problem, gerade in Pass Protection gegen einen Gegner, der Pass Rush beherrscht. Doch die Tatsache, dass Mahomes gleich zwei Sacks durch Blitzes kassierte, zeigt, wie sehr er dieser Tage unter Druck steht. Solche Fehler passierten ihm in der Vergangenheit eher selten. Seine Fehlerquote ist enorm hoch in diesem Jahr. Laut "PFF" liegt seine Rate an "Turnover-worthy Plays" in dieser Saison bei 3,3 Prozent (vor Woche 11). Das wäre der höchste Wert seiner Karriere.
Die O-Line macht ihm zu schaffen, ebenso Blitzes, die er sonst nach Belieben zerstörte. Das gepaart mit einer Defense, die nicht mehr ganz so opportunistisch auftritt wie in der jüngeren Vergangenheit, sorgt für eine unangenehme Situation in Kansas City, denn in der aktuellen Verfassung ist dieses Team zumindest mal schlagbar.
Das gilt besonders in der eigenen Division. Laut "Next Gen Stats" sind die Chancen auf den Division-Titel nunmehr auf 10 Prozent gesunken. Die Broncos liegen derweil mit 74 Prozent vorne.







































