RTL-NFL-Experte Sebastian Vollmer ist im Rahmen des Berlin Games der NFL viel unterwegs und hat einen klaren Favoriten beim Duell der Indianapolis Colts und Atlanta Falcons. Zudem gibt er Einblick in eines der kontroversesten Plays der Liga.
Im exklusiven Gespräch mit sport.de-Redakteur Marcus Blumberg während der RTL NFL Media Night im Vorfeld des Berlin Games zwischen den Indianapolis Colts und Atlanta Falcons (So., ab 14:30 Uhr live bei RTL) sprach der frühere Super-Bowl-Sieger der New England Patriots zudem über den Stellenwert von NFL-Spielen in Deutschland und der Welt.
Herr Vollmer, wo wird man Sie denn die nächsten Tage antreffen als Fan?
Sebastian Vollmer: Es werden viele Aktivitäten mit den Patriots. Freitag haben wir zum Beispiel das All Abilities Game. Heute (Donnerstag) war ich bei der DTM Racecar fahren. Das ist ein richtig cooles Event. Also überall. Irgendwelche Events die ganze Woche. Das hört sich jetzt dramatisch an. Es macht aber alles Spaß, ich muss aber sagen, dass ich irgendwie nicht so organisiert bin. Es ist eher so, dass meine Frau mir dann eine SMS schreibt und dann steht da genau, wo ich sein muss. Das war früher anders, da wurde dir gesagt, wann das Spiel ist und wo du sein musst.
Wie sehen Sie denn den Stellenwert von diesem Spiel in Berlin im Vergleich zu den Spielen in München und Frankfurt?
Vollmer: Bei der Bedeutung bin ich mir nicht sicher. Aber ich glaube, es ist wieder so ein weiterer Schritt. Ich glaube die Stadt an sich ist so eine Weltstadt, Amerikaner kennen sie und so weiter. Das hilft natürlich, dann hast du eine historische Spielstätte. Für mich ist es immer ein Zeichen, wie weit wir international wachsen. Ich meine, wir haben alle die Agenda, dass wir eine globale Liga sein wollen. Dazu gehört dann natürlich auch international zu spielen, dazu gehört Deutschland und eben Weltstädte. Wir gehen von Berlin direkt nach Madrid die Woche danach. Alles gehört irgendwie dazu. Jetzt waren wir nicht so oft im Norden, ganz ehrlich. Im Westen und Süden oder Osten waren wir. Das hilft glaube ich auch, dass man auch mal einen anderen Markt, oder sagen wir mal, Teil des Landes zumindest irgendwie abdeckt und die Chance bietet, ein Spiel live zu sehen.
Mehr dazu:
Sie sind am Sonntag Teil der RTL-Übertragung. In welcher Rolle werden wir Sie sehen?
Vollmer: Patrick und Björn kommentieren und ich bin unten an der Seitenlinie.
Sie waren ja auch schon als Color Commentator (Experte) tätig. Was macht Ihnen denn mehr Spaß?
Vollmer: Es ist anders, deutlich anders. Ich finde die Seitenlinie eigentlich ganz schön. Man kann so ein bisschen einbringen, was ich in meiner Zeit in der Liga selbst erlebt habe, sagen wir mal, also zumindest erklären, was gerade passiert oder was im Trainer vorgeht, was in der Umkleide passiert und so weiter. Und das muss man dann mit den Dingen kombinieren, die man da sieht. Und dann ist es an der Seitenlinie für mich selbst auch mal schön, wenn ich mit meinen Freunden da bin. Also nicht die Spieler, sondern dann auch International Teams und dergleichen laufen dort rum. Also das ist vom sozialen Aspekt recht schön und auf der anderen Seite glaube ich, kann ich da gut und schön übertragen.
Eine letzte Frage zum Spiel: Worauf können sich die Fans freuen? Also, was wird das für ein Spiel?
Vollmer: Das finde ich persönlich ganz schwer vorherzusagen, besonders in der internationalen Spielen, denn irgendwas passiert immer. Also ich weiß nicht, ob das mit dem Schlafmangel zu tun hat, mit der Zeitverschiebung, also Amerikaner auf dem anderen Kontinent, wo man vorher nicht war. Aber irgendwas passiert immer. Ich meine generell sollten die Colts das Spiel gewinnen, weil die Falcons jetzt letzte Woche gegen die Patriots verloren haben. Ich würde sagen, die sind gut, aber auch im Verhältnis war das ein bisschen selbst verschuldet – man hat den Extraunkt vergeben. Das darfst du nicht machen, wenn du gewinnen möchtest. Generell weißt du bei den Falcons nicht, was du bekommst, jede Woche ist so ein bisschen anders. Sie können dominant sein oder eben nicht. Die Colts sind gut, haben aber letzte Woche auch verloren, aber sie haben gezeigt, wie dominant sie mit Daniel Jones und Jonathan Taylor in der Regel sind und sollten das Spiel gewinnen.

"Wenn du als guter O-Liner keine drei Zentimeter schaffst ..."
Kommen wir mal zu einem meiner Lieblingsthemen dieser Tage … Sie als früherer O-Liner sind dafür predistiniert: Der Tush Push. Warum beherrschen die Eagles ihn so gut und alle anderen scheinbar nicht?
Vollmer: Das ist nur eine Vermutung, aber wenn du so einen Spielzug hast, musst du ihn eben auch trainieren. Das kannst du nur im Trainingslager trainieren, weil du während der Saison nicht genug Zeit hast, es zu machen. Da du nur noch einmal die Woche in Pads trainierst, würdest du es glaube ich weniger an sowas verschwenden. Und wenn du in Pads bist, funktioniert dieser Spielzug nur, wenn du auch Vollgas gibst. Und im Training tackelst du auch nicht richtig. Du sagst okay, der wäre getackelt. Du willst ja keine Verletzungen im Training. Ich glaube, wenn sich andere Teams da absolut committen würden und sagen, okay, es ist mir jetzt für die nächsten drei Wochen egal im Trainingslager, wir ziehen das jetzt jeden Tag durch, kann man das auch erlernen. Du brauchst natürlich auch Personal, mit dem es funktioniert. Du brauchst einen Quarterback, der ein bisschen Kraft in den Beinen hat. der auch keine Angst hat. Der Center ist glaube ich eine Schlüsselfigur ohne Frage. Und dann muss es auch in den richtigen Momenten gecallt sein. Dann ist da auch diese Nervosität, wenn es ein Vierter und 3 cm sind. Ja. Wenn du es nicht schaffst, gibst du den Ball rüber. Aber ohne Frage machen es die Eagles am besten und wahrscheinlich sind sie die einzigen, die es richtig machen. Aber sie trauen sich auch. Jeder hat es irgendwie mal versucht, dann geht es nicht und dann gehst du davon schneller wieder weg.
Was ich mich die ganze Zeit dabei frage: Früher haben Sie bei den Patriots immer den normalen Sneak gespielt und der war dann auch nie zu stoppen. Woran lag das, dass Sie damals quasi so perfekt waren mit diesem Play?
Vollmer: Du musst eben wissen, wann es funktioniert. Also du kannst jetzt nicht sagen, bei jedem Vierter und eins machst du es. Ganz einfach, wenn da vier Defensive Linemen stehen, ist es entweder in der Regel eine Over oder Under Front, das heißt der Center hat jemanden gegenüber von seiner Schulter und auf der anderen Seite nicht oder eben umgedreht. Das heißt, du läufst den Spielzug immer dahin, wo diese Schulter quasi frei ist. Und das geht dann auch schnell. Du gehst nach vorne, die Defense ist nicht bereit und dann sagst du was auch immer dein Code ist und es geht los, während die Defense noch gar nicht in ihrem Stand ist. Die Offense aber weiß, wo es hingeht. Und ich sage jetzt mal, wenn du als guter Offensive Linemen keine drei Zentimeter schaffst, dann kannst du auch schnell wieder auf die Bank.

Spielt man denn solche Spielzüge, also Sneaks oder Tush Pushs als O-Liner gerne oder eher nicht, weil ich glaube Ihr spielt ja gerne Run Game, oder?
Vollmer: Ja, doch. Auf jeden Fall, wenn sie funktionieren. Aber das ist eben auch die Sache, denn wenn ein Head Coach so einen Spielzug wählt, sagt er dir auch, ich vertraue euch. Ihr drückt die weg und wir schaffen ein neues First Down oder einen Touchdown, was auch immer die Situation ist. Das fühlt sich auf einer Seite gut an. Aber da ist natürlich auch Druck hinter. Du machst es einmal und du kriegst es nicht hin, dann kriegst du vielleicht keine zweite Chance und dann vertraut dir dein Coach auch nicht mehr. Und das ist so ein bisschen dieses vorsichtig sein, aber du musst natürlich auch schon für dein Team überzeugen, weil du eigentlich sicher sein solltest, dass du es verwandelst.






































