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Einmal Fußball-Hölle und zurück

Die absurde Achterbahn-Saison von BVB-Star Anton

Video: Die geilsten DFB-Buden in der Nations League
04. Juni 2025, 19:04

Waldemar Anton schreibt in dieser Saison einer der wildesten Geschichten der Bundesliga. Erst läuft es bei seinem neuen Team Borussia Dortmund überhaupt nicht, dann schiebt er mit einem Leistungscomeback die irre Aufholjagd des BVB an. Zu Belohnung steht er im Nations-League-Halbfinale gegen Portugal im Rampenlicht – und muss nun Ronaldo stoppen.

Vizemeister, EM-Viertelfinale, umstrittener Wechsel, Hasstiraden, Verletzungen, Absturz, DFB-Aus, irres Comeback.

Das ist die Kurzversion der vergangenen zwölf Monate von Waldemar Anton.

Anders gesagt: Es gab schon ruhigere Karriereverläufe als die des Innenverteidigers von Borussia Dortmund. Am Mittwochabend (21 Uhr live im sport.de-Ticker) wird er wohl eine der Hauptrollen im DFB-Team spielen und soll die portugiesischen Offensiv-Waffen Cristiano Ronaldo und Rafael Leao entschärfen.

Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Antonio Rüdiger dürfte Bundestrainer Julian Nagelsmann im Abwehrzentrum auf Anton und Jonathan Tah setzen.

Anton plötzlich als Ronaldo-Entschärfer gefordert

Anton als Ronaldo-Stopper? "Er ist schon lange dabei, von ihm gibt es so viele Videos im Netz – wir wissen genau, was wir zu tun haben", sagte der 28-Jährige im Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe und warnte: "Du musst zu jeder Sekunde konzentriert sein, sauber verteidigen."

Dem Duell mit der Fußball-Legende fiebert er entgegen. "Als Fußballer lebst du für solche Duelle. Wir freuen uns daher extrem auf das Spiel."

Dass er am Mittwoch überhaupt in dieser Position ist, hatte sich in dieser Saison lange Zeit nicht abgezeichnet. Es ist durchaus eine Überraschung.


Kein Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft verpassen: RTL überträgt am Sonntag, den 8. Juni, sowohl das kleine Finale der Nations League am Nachmittag als auch das Endspiel am Abend live im Free-TV sowie im Stream auf RTL+. Übertragungsbeginn der Partie um den dritten Platz ist um 14:30 Uhr, die TV-Berichte zum Finale in der Münchner Allianz Arena beginnen um 20:15 Uhr.


Im Sommer wechselte Anton als Kapitän des frisch gebackenen Vizemeisters VfB Stuttgart für über 20 Millionen Euro zu Borussia Dortmund. Dieser Transfer löste gelinde gesagt starke Kritik aus. In Bad Cannstatt galt er bei vielen Fans fortan an Persona non grata. Vor allem, weil er im Januar noch den Vertrag verlängert hatte und Sätze sagte, die viele als Treueschwur interpretierten. Es kam anders. Das Getöse weit übers Schwabenland hinaus vernehmbar.

Bei den Westfalen bekam Anton unter Trainer Nuri Sahin zunächst auch einen Stammplatz, tat sich aber wie die gesamte Mannschaft schwer, an die bisherigen Leistungen anzuknüpfen und die hohen Erwartungen zu erfüllen.

Im Pokal flog der BVB früh raus, in der Liga rauschte das Team zwischenzeitlich auf einen zweistelligen Tabellenplatz. Die Spielzeit drohte zum Fiasko zu werden.

Ein Sinnbild dafür war auch Anton. Ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub erlebte er Arbeitstage zum Vergessen. Im Hinspiel in Stuttgart wurden die Schwarzgelben geradezu vorgeführt von Enzo Millot und Co (5:1), Anton war wie der Rest des Teams chancenlos, wurde zudem vom gesamten Stadion brutal niedergepfiffen, auf Plakaten geschmäht. Im Rückspiel vor eigenem Publikum im Westfalenstadion dann der GAU. Während sein Stuttgarter Nachfolger Jeff Chabot traf, rutschte Anton den Ball ins eigene Tor. Den Spott kann sich jeder ausmalen. Anton am Boden.

Anton blickte mit dem BVB in den Abgrund

Und trotzdem blieb der Abwehr-Routinier erstaunlich ruhig und gelassen, stellte sich auch nach den bitteren Rückschlägen und in den kritischen Phasen den Journalisten in der Mixed Zone, blieb sachlich, wischte die Emotionen beiseite.

Mehrmals schmissen ihn im Herbst und Winter Muskel-Verletzungen zurück. Zwischenzeitlich sah es so aus, als verlöre er auch seinen Stammplatz in der Verteidigung. Wegen der muskulären Probleme verpasste er auch die Länderspielphase im November.

Im März folgte dann der Nackenschlag. Bundestrainer Nagelsmann verzichtete für die Viertelfinal-Spiele in der Nations League gegen Italien auf den Innenverteidiger. Nicht aus Verletzungs-, sondern klar sportlichen Gründen. Ein längeres oder gar endgültiges Aus in der Nationalelf schien nicht ausgeschlossen. Mit Nagelsmann stand er in dieser Zeit im regelmäßigen Austausch. Seine zwischenzeitliche Ausbootung sei ihm klar und ehrlich kommuniziert worden.

Doch da war die Wende im Klub schon eingeläutet. Wenn auch im zweiten Anlauf. Im Februar übernahm Niko Kovac für den gescheiterten Nuri Sahin. Das erste Spiel ging mächtig schief, es war das besagte Rückspiel gegen die Ex-Teamkollegen vom VfB samt Eigentor. Anschließend war Anton ganz außen vor, mehrere Spiele verbannte Kovac den Sommerzugang auf die Bank, ließ ihn schmoren. Gegen Augsburg durfte er gerade einmal eine Minute ran.

"Ich hatte eine Zeit, in der ich nicht viel gespielt habe, das war nicht einfach. Das war eine Phase in meiner Karriere, die ich so noch nie hatte. Wenn ich die richtigen Schlüsse daraus ziehen kann, nehme ich das gerne mit. Man muss es positiv sehen. Ich sage mir immer, dass alles einen Grund hat“, blickte er im April im "transfermarkt.de"-Interview auf diese Phase zurück.

Auch hier half Besonnenheit: Anton blieb ruhig, öffentlicher Stunk war nicht zu vernehmen. Stattdessen besann sich der 1,89-Meter-Hüne aufs Arbeiten und Schaffen im Training. Das vernahm auch Kovac, der viel auf Mentalität, Einsatz und ehrliche Arbeit setzt.

"Er imponiert mir. Menschlich ist er ganz weit oben anzusiedeln. Es war nicht einfach für ihn. Er hat aber nicht aufgegeben und nicht geschmollt", sagte der BVB-Coach.

BVB: Anton als später Kovac-Gewinner

Was folgte, ist dann wohl die größte Auferstehung in dieser Spielzeit.

Der Deutsch-Kroate ließ Taten folgen und hob Anton wieder in die Dortmunder Startelf. Gegen Leipzig setzte es noch eine Niederlage (0:2) mit Anton als Rechtsverteidiger, anschließend aber begann der fulminante Schlussspurt des BVB mit acht ungeschlagenen Spielen in Folge, davon sieben Siege (das Unentschieden gab es gegen die Bayern). Anton durfte wieder auf seiner angestammten Position in der zentralen Verteidigung ran. In der Dreierkette stabilisierte Anton neben Emre Can und zunächst Nico Schlotterbeck (der dann verletzt ausfiel) und später Niklas Süle die Defensive.

In den letzten neun Saisonspiele stand Anton stets in der Anfangsformation und erlebte das irre Saisonfinish auf dem Platz mit. Gegen Hoffenheim erzielte Anton sogar das 3:2 in der Nachspielzeit und impfte dem BVB und seinen Fans die verloren geglaubte Euphorie wieder ein. Anton jubelnd vorm Auswärtsmob. Auch das ein Symbolbild der Rückrunde.

Spiel für Spiel, Sieg für Sieg robbten sich der BVB und Anton an die Champions-League-Ränge heran. Gegen Kiel machte das Team alles klar. Ein versöhnlicher Saisonabschluss.

Als Kirsche auf der Torte folgte die erneute Nominierung für das DFB-Team. Eine echte Titelchance für Anton, der bislang nur mit der U21 einen Titel feierte. Anschließend wartet die Klub-WM in den USA. Die Anton-Reise geht munter weiter.

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