Die New England Patriots stehen vor einem weiteren Neuanfang in der NFL. Dieses Mal jedoch soll er gelingen und das Team wieder in die Erfolgsspur bringen. Dazu allerdings sind einige Hausaufgaben zu erledigen und Hürden aus dem Weg zu räumen.
Die Patriots hatten von 2009 bis 2019 elfmal in Serie die AFC East gewonnen und 2021 immerhin nochmal die Playoffs erreicht. In den Jahren seither jedoch ging es steil bergab für das Vorzeigeteam der vergangenen 20 Jahre. Nach einer 8-9-Saison 2022 folgte der komplette Absturz mit zwei 4-13-Saisons am Stück - samt nunmehr dreier verschiedener Trainer in Serie.
Auf Legende Bill Belichick folgte Owner Robert Krafts Buddy Jerod Mayo und nun Patriots-Hall-of-Famer Mike Vrabel, der das Missverständnis Mayo vergessen machen soll. Wer nun die einzelnen Problemfelder der Patriots auflisten will, braucht einiges an Zeit, denn die Liste ist lang.
Positiv sei jedoch zu Beginn dieser Betrachtung erwähnt, dass die Startvoraussetzungen für Vrabel und seinen generalüberholten Trainerstab nicht besser sein könnten. Sie haben allem Anschein nach ihren Star-Quarterback der Zukunft mit Drake Maye bereits gefunden. Sie verfügen über den meisten Cap Space aller Teams der NFL (rund 128 Millionen Dollar) und sie haben den vierten Pick im Draft sowie insgesamt neun Picks, darunter vier an den ersten zwei Tagen.
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Patriots: Schlechtestes Tackle-Duo der NFL
So weit, so gut. Doch kommen wir zu den Baustellen, die allesamt angegangen werden müssen, um künftig wieder konkurrenzfähig zu werden. Ganz oben auf der Liste steht dort die Offensive Line. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Vederian Lowe und Demontrey Jacobs das schlechteste Offensive-Tackle-Duo der Liga bildeten. Beide waren unterirdisch und komplett überfordert in ihren Rollen. Auch Personalsorgen auf Guard und Center sorgten für Probleme, doch nicht so gravierende wie auf Tackle.
Laut "Next Gen Stats" ließen die Patriots eine Pressure Rate von 40,7 Prozent zu - der schlechteste Wert der Liga. Daraus resultierten indes auch die fünfmeisten abgegebenen Sacks (52) der Liga. Und zu sagen, dass dies auch am Quarterback - Jacoby Brissett und später Maye - gelegen haben mag, ist auch übertrieben, denn jene sahen im Schnitt Pressure in nur 2,58 Sekunden, was der fünftschlechteste Wert der NFL ist.
Und da die Offense auch nur durchschnittlich 1,01 Rushing Yards Before Contact produzierte (Rang 26) lässt sich nicht mal das halbvolle Glas beschwören - auch im Run Blocking war diese Line keine Hilfe.
Entsprechend ist es die oberste Priorität für Player-Personnel-Director Eliot Wolf, diese Line mit allen erdenklichen Möglichkeiten zu fixen. Und das schon deshalb, weil das größte Asset - Maye - geschützt werden muss. Man hat jede Menge Cap Space, kann also aggressiv in die Free Agency gehen. Auf Tackle sollten alle verfügbaren Namen Thema sein, allen voran Ravens-Star Ronnie Stanley, Cam Robinson oder Jedrick Wills - selbst Dan Moore von den Steelers wäre ein Upgrade. Zudem sollte auch im Draft dann gegebenenfalls nachgelegt werden. Hier wird immer wieder Will Campbell von LSU ins Spiel gebracht, der allerdings an Position 4 etwas zu hoch gegriffen erscheint und womöglich aufgrund seiner kurzen Arme und der überschaubaren Spannweite eher Guard in der NFL spielen wird.
Auch Interior O-Line im Fokus
Wenn man schon dabei ist, sollte man derweil nicht beim Tackle stoppen - genau genommen müssen es wenigstens zwei neue sein! Vielmehr sollte auch Guard im Fokus stehen. Gelänge es etwa, einen neuen Guard zu holen, könnte Mike Onwenui wieder nach außen rücken und Right Tackle spielen, wo er bislang seine besten Leistungen gezeigt hat. Das größte Upgrade wäre hier Trey Smith von den Chiefs gewesen, doch der bleibt via Franchise Tag in KC.
Kevin Zeitler von den Lions wäre eine gute Pass-Pro-Option, ebenso Teven Jenkins (Bears). Brandon Scherff brächte Erfahrung und gute Pass Protection mit, während ein Patrick Mekari (Ravens) vor allem im Run Game eine große Hilfe wäre. Zudem ist er vielseitig verwendbar und könnte zur Not auch Right Tackle spielen.
Perspektivisch braucht es zudem einen neuen Center, da David Andrews nun schon länger mit einem Karriereende kokettiert.
Nächster Punkt auf der Prio-Liste: das Receiving Corps. Man kann eigentlich keinen Wide Receiver aus diesem Team herausnehmen, der auch nur im Ansatz überzeugte. Allerhöchstens Pop Douglas zeigte zumindest gelegentlich und vor allem nach dem Catch im Slot ein wenig Explosivität, der Rest des Teams scheint jedoch austauschbar. Kendrick Bourne könnte getradet werden, Kayshon Boutte sollte ein Wackelkandidat sein und bei Zweitrundenpick Ja'Lynn Polk wird man beten, dass er nicht der nächste massive Fehlgriff der Patriots auf dieser Position ist.
Patriots: Wunsch-Receiver kaum zu haben
Unterm Strich braucht es hier dringend Verstärkungen. Wunschlösung Tee Higgins hat den Franchise Tag von den Bengals bekommen und ist nun höchstens per Trade zu haben, was aber zumindest unwahrscheinlich erscheint, da man eigentlich verlängern will. Die übrigen Namen auf dem Free-Agent-Markt kommen allesamt mit einigen Red Flags.
Chris Godwin hatte gerade eine schwere Knöchelverletzung - wenige Jahre nach einer schweren Knieverletzung -, bei Amari Cooper weiß ich nicht, was er noch im Tank hat, Stefon Diggs erholt sich von einem Kreuzbandriss und er gilt als nervende Diva. DeAndre Hopkins ist Vrabel noch aus Tennessee bekannt, doch was hat er noch im Tank? Hollywood Brown? Mitunter leidet er unter Butterfingern, was auch Polk nebst anderen so geht. Keiner weiß, was Keenan Allen noch zu bieten hat. Und diese Liste könnte man unendlich fortführen.
Ein Sleeper, den man auf dem Zettel haben sollte, ist jedoch Nick Westbrook-Ikhine, der 2024 zwar auch keine herausragenden Zahlen hatte, den Vrabel aber ebenfalls kennt und der als Sekundär-Option der Titans einfach mal neun Touchdowns erzielte. Das könnte ein Under-the-Radar-Ziel der Patriots sein.
Der Draft wird ebenfalls eine Anlaufstelle für Receiver sein, allerdings stellt sich die Frage, wer da nach Two-Way-Star Travis Hunter und Teteiroa McMillan wirklich ein Difference Maker sein kann - gerade bei der Erfolgsbilanz dieser Organisation in Sachen Receiver-Evaluation im Draft. Nach den Eindrücken der Combine wäre aber womöglich Matthew Golden von Texas eine Möglichkeit spät in Runde 1.
Darüber hinaus scheint der Trademarkt eine Option zu sein. Zuletzt wurde Brandon Aiyuk von den 49ers häufiger genannt, aber auch dieser kommt von einem Kreuzbandriss zurück und wäre aufgrund seines Vertrags richtig teuer.
Auch die Defense braucht Verstärkungen
Und dann wäre da als dritte Baustelle noch die Defensive Front. Die Secondary spielte zwar auch nicht berühmt und hatte immer wieder Breakdowns in Coverage, doch lässt sich das mit fähigen Coaches sicher beheben. Was jedoch eindeutig fehlt, ist Qualität in der Interior Defensive Line und vor allem auf den Edge-Positionen.
Wie wichtig Qualität an beiden Fronten ist, haben die Eagles nicht zuletzt im Super Bowl gezeigt. Die Patriots werden nach diesem Motto nun ebenfalls vorgehen und versuchen, auch die Defensive Line aufzustocken. Und es wird ein neues Defensiv-Scheme geben - erstmals seit 25 Jahren, denn Mayo und Co. haben im Grunde nur versucht, Belichicks Scheme weiterzuführen, was offenkundig nicht funktioniert hat.
Was ist zu erwarten? Es wird vermutlich aussehen wie eine 3-4-Defense, auch wenn es technisch gesehen eher ein "4-3 Under" sein wird. Sprich: Es wird quasi eine klassische 4-Man-Front geben und dazu einen Outside Linebacker, der gegen den Tight End 9-Technique spielt. Trivial formuliert hat das zur Folge, dass die Front nun anders agieren wird und sich auch das Personal ändern muss.
In der Vergangenheit lag der Wert auf einem klassichen Nose Tackle und großen, kräftigen Linebackern. Aus Tennessee wissen wir aber, dass Vrabel eher auf kleinere, athletisch bessere und bewegliche Linebacker setzt. Und er braucht auch einen beweglichen Nose Tackle. Davon Godchaux wird dies wohl nicht sein, er darf sich Medienberichten zufolge einen Tradepartner suchen. Das lässt die Vermutung zu, dass die Patriots im Draft nach Defensive Tackles schauen werden. Der Beste dort, der auch die Rolle neben Chris Barmore - so dieser denn wieder gesund wird - ausfüllen kann, ist Mason Graham von Michigan. Er wäre ein würdiger Nummer-4-Pick.
Doch auch sonst ist die DT-Klasse in diesem Jahr tief besetzt und sollte auch an Tag 2 noch Starter abwerfen. Via Free Agency käme derweil Phillys Milton Williams eine Idealbesetzung für diese Rolle.
Upgrades auf Edge gesucht
Der Traum wäre indes Abdul Carter von Penn State, doch der wird vermutlich der Top-Pick des Drafts. Ansonsten glänzte zuletzt Shemar Stewart von Texas A&M bei der Combine. Dennoch scheint die Free Agency der beste Weg, um auf Edge besser zu werden, nachdem Pass Rush 2024 im Grunde nicht vorhanden war (28,7 Prozent Pressure Rate, Rang 26). Die größten Namen sind hier Khalil Mack und Josh Sweat, doch beide werden vermutlich zu Contendern gehen wollen. Ein Malcolm Koonce von den Raiders wäre da schon eher realistisch. Vielleicht auch ein DeMarcus Lawrence, der gerade gegen den Run eine echte Verstärkung wäre. Derek Barnett wäre ebenfalls eine Option für diesen Ansatz.
Auf Linebacker wiederum sollte der Draft an Tag 2 ebenfalls Möglichkeiten bieten. Der Markt allerdings auch. Zack Baun würde ideal reinpassen und wartet noch auf seinen großen Zahltag. Nick Bolton ebenso und Tyrel Dodson eine weitere interessante Option, die womöglich nicht jeder auf den Radar hätte. Er wäre gerade gegen den Pass eine große Hilfe. Und zuletzt fiel öfter der Name Jamien Sherwood von den Jets, der früher als Safety agierte.
Am Ende wird Coaching ebenfalls ein Faktor sein, denn im Gegensatz zum Vorjahr kommt 2025 wieder mehr Erfahrung und Routine rein. Vrabel hat bereits bewiesen, dass er in der NFL coachen kann und erreichte mehrfach mit den Titans die Playoffs. Offensive Coordinator Josh McDaniels hat jahrzehntelang den GOAT gecoacht und kann Maye sicher in seiner Entwicklung helfen und Terrell Williams, der Defensive Coordinator, ist zwar neu in diesem Job, wurde von Dan Campbell jedoch als bester D-Line Coach der NFL gepriesen. Hinzu kommen zahlreiche weitere erfahrene Assistenten.
Die Patriots 2025 können mit den richtigen Kniffen im März und April einiges dafür tun, ihrem großen Ziel, wieder konkurrenzfähig zu sein, einen gehörigen Schritt näherzukommen. Sie müssen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nur entsprechend einsetzen und darauf dann aufbauen.







































