Henrik Rödl steht mit durchgedrücktem Rücken unter dem Korb und brüllt klare Anweisungen durch die Hamburger Inselparkhalle. "Let's go", ruft der Basketball-Bundestrainer Starspieler Dennis Schröder und Co. zu - dann geht der Daumen hoch.
Rödl ist seit rund einem Jahr der Anführer der deutschen Korbjäger und kann auf eine beachtliche Entwicklung verweisen. Basketball "Made in Germany" ist mittlerweile ein international beachtetes Gütesiegel. Doch Rödl, der Europameister von 1993, will mehr. Er arbeitet mit Hingabe an einem neuen Meisterstück. Das Potenzial ist größer denn je.
"Fakt ist, dass wir im deutschen Basketball so viel Talent haben wie noch nie. Uns macht keine andere Mannschaft Angst", sagte der 49-Jährige der Nordwest-Zeitung vor dem Beginn des Supercups in Hamburg. "Wenn alle dabei sind, ist das, glaube ich, mit die stärkste Nationalmannschaft, die wir jemals hatten", meint Schröder.
Rödl ist seit Mitte September 2017 im Amt und mit seinem Team noch ungeschlagen. Bei dem Traditionsturnier in der Hansestadt gilt es für sein junges Team um die NBA-Profis Schröder und Maximilian Kleber, das nächste Ausrufezeichen zu setzen und sich für die heiße Phase der WM-Quali einzuwerfen. Los geht es für die DBB-Auswahl am Freitag (20:00 Uhr) im neuen Turniermodus mit einem Halbfinale gegen die Türkei. Am Samstag folgt das Spiel um Platz drei oder ein Finale gegen Italien oder Tschechien.
Sehr viel Lob für Dennis Schröder
Viele Augen werden dann auf Schröder gerichtet sein, der in der kommenden NBA-Saison bei Oklahoma City Thunder unter Vertrag steht und für den Bundestrainer ein Fixpunkt ist. "Er ist ein ganz wichtiger Spieler von uns und immer da, wenn es möglich ist", sagte Rödl spox.com: "Er opfert sich auf, und ich hoffe, dass er dafür irgendwann auch flächendeckend die Anerkennung bekommt, die er verdient." An die Beliebtheit des großen Dirk Nowitzki reicht Schröder nicht heran, doch sein sportlicher Wert ist herausragend.
Rödl hatte bislang noch nie die gesamte Elite des deutschen Basketballs zur Verfügung. In Hamburg fehlen nicht nur Daniel Theis (Boston Celtics) und Paul Zipser (vereinslos, zuletzt Chicago Bulls). Auch Moritz Wagner, Isaac Bonga (beide Los Angeles Lakers) und Isaiah Hartenstein (Houston Rockets), allesamt neu in der NBA, stehen nicht im Kader. Gleiches gilt für Kapitän Robin Benzing, der bei seinem neuen Klub Besiktas Istanbul weilt, und für Johannes Voigtmann (Baskonia Vitoria).
Rödl: Müssen "bei uns bleiben"
Doch auch ohne etliche Leistungsträger haben sich Rödl und sein Team schon in der ersten Gruppenphase der WM-Quali bewiesen und die volle Ausbeute von zwölf Punkten erarbeitet, die in die zweite Phase mitgenommen werden. Diese beginnt mit Duellen in Estland (13. September/Tallinn) und gegen Israel (16. September/Leipzig). "Wenn wir weiter bei uns bleiben, dann schaffen wir das auch", sagte Rödl mit Blick auf die kommenden Pflichtspiele.
Sollte sich die deutsche Mannschaft für das Turnier 2019 in China qualifizieren, könnte Rödl wohl aus einem für deutsche Verhältnisse außergewöhnlichen Talentpool auswählen. Selbst eine Starting Five nur mit NBA-Profis scheint möglich - das gab es bei einer DBB-Auswahl noch nie.