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Ein Verein am Limit

Saudi-Datteln und große Träume bei der SpVg Porz

Mario Ebel ist Präsident der SpVG Porz
Mario Ebel ist Präsident der SpVG Porz
Foto: © JAEB
22. Dezember 2025, 10:05

In Köln-Porz riecht es normalerweise nach Sonntag, Kunstrasen und Kabinenboden. Nach diesem ganz eigenen Mix aus Kaffee aus dem Vereinsheim, nassen Stutzen und "Wir sehen uns Dienstag beim Training". Doch seit Mario Ebel das Ruder übernommen hat, fühlt sich die SpVg Porz plötzlich an, als würde jemand den Amateurfußball auf "Fast Forward" stellen.

Ebel ist nicht der klassische "Ich hab hier früher selbst gespielt"-Präsident. Er kommt aus dem Business, er denkt in Partnerschaften, Budgets und Hebeln – und er bringt eine Geschichte mit, die schon beim ersten Hören hängen bleibt: saudische Datteln, internationale Kontakte und der Plan, aus einem Verein, der mit Platzzeiten kämpft, einen Klub zu machen, der Regionalliga sagt, ohne dabei rot zu werden.

Ein Präsident, der auffällt – und genau das weiß

Mario Ebel polarisiert. Das ist kein Nebensatz, das ist Teil der Story. Politische Stationen, öffentliche Auftritte, Reibungsfläche – alles Dinge, die dafür sorgen, dass man bei seinem Namen nicht einfach weiter scrollt.

Und trotzdem beginnt seine Porz-Geschichte nicht mit einem großen Auftritt, sondern mit einem Satz, den man im Amateurfußball oft hört: Er sei seit Jahren schon Sponsor gewesen, lebe seit 2002 in Porz, fühle sich dem Ort verbunden. Nur: Statt beim Sponsoring zu bleiben, ist er jetzt vorne auf der Bühne.

Die Vision klingt wie ein Sprungbrett: Regionalliga

Ebel formuliert sein Ziel so klar, dass es fast wie eine Ansage an die eigene Mannschaft wirkt: Regionalliga. Nicht irgendwann „mal schauen“, sondern als Zwischenstation auf einer Reise, die größer gedacht ist als Kreisliga-Romantik.

Dazu nennt er auch Zahlen – und die sind im Amateurfußball der Moment, in dem alle kurz still werden: Für die Regionalliga brauche es, so sagt er, Einnahmen im Bereich von etwa 800.000 bis 1,2 Millionen Euro. Keine Kaffeekasse. Kein "Wir machen ein Sommerfest". Sondern echtes Geld.

Sein Werkzeugkasten: ein breiter Sponsorenpool, neue Partner, mehr Professionalität. Und: eine Spielbetriebs-GmbH als Struktur, um Investoren überhaupt sauber beteiligen zu können. Das klingt nach Oberliga-Upgrade, aber in vielen Vereinen ist das eher Neuland – und genau deshalb so brisant.

Der Saudi-Arabien-Moment: Austauschprogramm statt "Wir brauchen nur neue Trikots"

Und dann kommt der Teil, der die Geschichte endgültig von „normalem Vereinsleben“ wegzieht: Saudi-Arabien. Ebel bringt die Idee eines Austauschprogramms ins Spiel – saudische Nachwuchsspieler, die in Porz Spielpraxis sammeln könnten, eingebettet in ein Ausbildungscamp für 16- bis 18-Jährige.

Während andere Vereine überlegen, ob sie nächstes Jahr einen zweiten Physio bekommen, denkt Porz gerade über ein internationales Nachwuchsprojekt nach. Ebel will im Dezember erneut nach Saudi-Arabien reisen, sein Konzept vorstellen – und hofft auf Rückenwind aus einer Welt, in der Fußball längst nicht mehr nur Sport ist, sondern Strategie.

Kritik an Saudi-Arabien – Stichwort Menschenrechte – wischt er in diesem Kontext eher beiseite und betont, er habe dort gute Erfahrungen gemacht. Das ist die Stelle, an der man merkt: Hier geht es nicht nur um Fußballromantik. Hier geht es auch um Debatten.

Der Kontrast, der wehtut: Regionalliga-Träume, aber Bezirksliga-Infrastruktur

Und jetzt kommt die Szene, die alles erdet.

Denn während oben von Regionalliga und Millionenplänen die Rede ist, sieht der Alltag so aus, wie er in vielen Städten aussieht: Platz teilen, Trainingszeiten jonglieren, Jugendteams ausweichen lassen.

Ebel selbst beschreibt die Infrastruktur als "Bezirksliga-Standard". Die SpVg Porz ist demnach nicht einmal Hauptpächter der Anlage, teilt den Kunstrasen mit einem anderen Verein – und die Jugend ist so groß, dass es ohne Ausweichplätze kaum geht.

Das ist der Moment, in dem sich die Story entscheidet: Schafft man den Sprung nach vorne, wenn die Basis wackelt?

Stadt, Kabinen, Eigenleistung: der Ärger sitzt tief

Ebel spart nicht mit Kritik an der Stadt. Es geht um Zustände, die man im Fußball kennt, aber selten so deutlich ausgesprochen hört: marode Vereinsheime, Umkleiden, die in Eigenleistung saniert werden, zu wenig Unterstützung.

Als Reaktion gründete er mit anderen Vereinen eine Interessengemeinschaft – nicht nur, um „mal zu reden“, sondern um Druck zu machen. Das ist keine Nebenhandlung, das ist das Fundament: Ohne Infrastruktur wird jeder Regionalliga-Satz irgendwann zur PowerPoint-Folie.

Geld, Moral, "Abstriche" – und die heikle Wahrheit

Einer der auffälligsten Sätze in der Debatte: Man müsse auch „Abstriche machen“. In einem Umfeld, in dem Sponsoren oft als Retter gefeiert werden, ist das eine Formulierung, die hängen bleibt – weil sie den Blick auf die Realität wirft: Wer wachsen will, muss Geldquellen finden. Und Geldquellen sind nicht immer bequem.

Bei all der Business-Wucht versucht Ebel gleichzeitig, einen wichtigen Punkt zu setzen: Er will sich aus dem Sportlichen raushalten. Die Mannschaft soll nicht zum Spielball von Präsidiums-Phantasien werden, sondern ein Projekt bekommen, das sportlich geführt wird.

Zentral dabei: Trainer Jonas Wendt. Um ihn herum soll aufgebaut werden. Kurzfristig: Liga halten. Dann: im kommenden Jahr Richtung Aufstieg spielen – je nachdem, wie sich Budget und Möglichkeiten entwickeln.

Ein Verein zwischen Kunstrasen-Realität und internationaler Vision

Die SpVg Porz ist gerade eine dieser Geschichten, die man nicht nur wegen der Tabelle erzählt, sondern wegen der Kontraste.

Da ist ein Präsident mit Netzwerk und großen Plänen. Da ist Saudi-Arabien als potenzieller Hebel. Da ist die Regionalliga als Ziel. Und da sind gleichzeitig Kabinen, Platzzeiten, Pachtfragen – der ganz normale Fußball-Alltag, der Träume entweder erdet oder zerreibt.

Ob aus "Datteln und Visionen" am Ende ein echter Durchmarsch wird, entscheidet sich nicht in einem Interview und nicht auf einer Reise. Sondern auf dem Kunstrasen, in der Strukturarbeit – und in der Frage, ob Porz es schafft, die Basis so stabil zu machen, dass die großen Sätze nicht nur gut klingen, sondern irgendwann auch stimmen.

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