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Carlsens unschöner Abschied

Der Schach-König hat keinen Bock mehr

Video: Schach-Star Carlsen rastet aus
04. Juni 2025, 18:46
sport.de
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In Stavanger spielt Schach-Superstar Magnus Carlsen in diesen Tagen sein einziges Klassik-Turnier in diesem Jahr. Längst lässt es der Norweger aber nur noch über sich ergehen. Viel spricht dafür, dass es sein letzter Auftritt sein wird.

Dass Magnus Carlsen kein großer Fan des klassischen Schachs (mehr) ist, weiß man. Dem Norweger ist diese Variante zu vorhersehbar geworden, zu langatmig und wenig aufregend. Der beste Spieler aller Zeiten hat schlicht und ergreifend keinen Bock auf das Spiel. Selten wurde das so sichtbar, wie in den letzten Tagen beim Einladungsturnier Norway Chess in seiner Heimat.

Nachdem Carlsen am Wochenende zunächst eine sensationelle Niederlage gegen Weltmeister Dommaraju Gukesh kassierte und wenigstens noch wütend darüber war, schaltete er am Montag und Dienstag in seinen Partien gegen Hikaru Nakamura und Wei Yi in den Autopiloten und einigte sich jeweils auf ein schnelles Remis. Damit verschlechterten sich seine Chancen auf den Turniersieg dramatisch. Doch Carlsen scheint das längst egal zu sein. 

"Warum mache ich das? Was ist der Punkt?"

"Die Sache ist: Niederlagen sind immer schmerzhaft. Aber wenn ich verliere, während ich etwas tue, das mir Spaß macht, ist es viel einfacher. Es ist nicht so, dass ich nicht spielen kann. Aber ich frage mich: Warum mache ich das? Was ist der Punkt?", machte Carlsen im "TakeTakeTake"-Interview keinen Hehl daraus, dass er die Lust am klassischen Schach verloren hat.

Nach seiner Niederlage gegen Gukesh erklärte Norweger, er werde die letzten Partien in Stavanger noch spielen "und dann einige Entscheidungen treffen über das nächste Jahr hier oder andere Turniere. Es macht mir einfach nicht so viel Spaß". Interpretationsspielraum lassen diese Aussagen kaum noch. 

Carlsen wurde in den letzten Jahren stets nachgesagt, er könne "Wasser aus einem Stein quetschen". Bewiesen hat er das zigfach, indem er verloren geglaubte oder klare Remis-Stellungen noch zu seinen Gunsten drehte und Siege feierte, die wohl keinem anderen Spieler gelungen wären. Diesen Aufwand will der 34-Jährige aber nicht mehr betreiben, zumindest nicht im klassischen Schach. 

Nakamura: Carlsen hat nicht mehr die Energie

Obwohl der beste Spieler der Welt ein Klassik-Comeback zu einem späteren Zeitpunkt nicht gänzlich ausschließen wollte, macht sich in Stavanger mehr und mehr die Überzeugung breit, dass es vorbei ist - vorerst. 

"Meine generelle Meinung ist, dass er raus ist. Er hat Schwierigkeiten und scheint nicht mehr die Energie zu haben", bestätigte Nakamura nach seinem Match gegen Carlsen diesen Eindruck. Dies sei "traurig zu sehen", urteilte der US-Großmeister: "Weil wir uns alle daran gewöhnt haben, Carlsen als großen Champion zu sehen, der immer kämpft". Doch diesen Kampf will der Norweger nun nicht mehr kämpfen.

Magnus Carlsen will gar nicht mehr gewinnen

Am Dienstag wurde der 34-Jährige vor seiner Partie gegen Wei Yi von "TV2" gefragt, ob er noch den Wunsch habe, das Turnier in Stavanger zu gewinnen. Seine Antwort: "Nein, nicht wirklich. Aber wenn es passiert, passiert es."

Passieren könnte das tatsächlich noch. Seine Führung hat Carlsen zwar mittlerweile an Fabiano Caruana verloren, doch der Rückstand auf seinen ehemaligen WM-Herausforderer beträgt nur einen halben Punkt. 

Nun ist die Sache so: Wenn es etwas gibt, dass Magnus Carlsen weniger mag als Klassik-Schach, ist es das Verlieren. Es würde niemanden wundern, wenn er die Wende in Stavanger doch noch schafft und am Ende als Sieger des Turniers dasteht - obwohl er eigentlich gar nicht mehr dort sein möchte. 

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