Die deutsche Biathlon-Staffel wird mehr als elf Jahre nach den Winterspielen 2014 voraussichtlich Olympia-Gold erhalten. Arnd Peiffer war damals dabei und spricht im exklusiven Interview mit sport.de über den langwierigen Prozess, die Bedeutung der Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts und den damaligen Wettkampf in Sotschi.
Arnd Peiffer, Erik Lesser, Daniel Böhm und Simon Schempp winkt nachträglich der Staffel-Olympiasieg von 2014. Das deutsche Biathlon-Quartett hatte sich bei den Winterspielen in Sotschi nach einem Zielsprint gegen die russische Staffel zunächst mit Silber begnügen müssen.
Dass die deutsche Staffel nach über elf Jahren vom Silber- auf den Goldrang aufrückt, gilt als reine Formsache. Im exklusiven Interview mit sport.de äußert sich Arnd Peiffer zu der jüngsten Entwicklung rund um das olympische Staffel-Rennen von 2014.
Herr Peiffer, das Schweizer Bundesgericht hat den Einspruch von Evgeny Ustyugov unlängst abgewiesen. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die jüngste Entscheidung?
Arnd Peiffer: Es war bis zum Schluss noch irgendwie spannend, wobei ich schon gehört hatte, wie die Chancen stehen. Vor Gericht ist das natürlich immer schwer einzuschätzen, aber es ist ein erwartbares Urteil gewesen. Leute, die sich damit auskennen, haben gesagt, dass die Chancen, dass dem Einspruch vor dem Schweizer Bundesgericht stattgegeben wird, eher gering seien. Ich hatte ebenfalls mit dem ehemaligen Schweizer Biathleten Matthias Simmen darüber gesprochen, weil er sich mit dem Gerichtswesen in der Schweiz auskennt. Er meinte, dass das Urteil bis Juni kommen sollte. Da lag er ziemlich gut.
Natürlich ist man froh, dass das Verfahren zum Ende kommt, weil es nun einmal eine wahnsinnig lange Zeit ist. Wobei nach 2014 zunächst mehrere Jahre vergangenen sind, bevor das Ganze durch den McLaren-Report ins Rollen gekommen ist. Dann hat man schon einmal drüber nachgedacht, bevor es relativ lange wieder ruhig war. 2020 kam dann das CAS-Urteil, dass die Ergebnisse von Evgeny Ustyugov aberkannt werden sollen. Ab diesem Zeitpunkt hat man gedacht, es wird konkret. Ich hätte aber nicht gedacht, dass es ab diesem Zeitpunkt noch mehr als fünf Jahre dauern würde.
Inwiefern nervt eine solche Hängepartie?
Ein bisschen nervt es schon, wobei man nicht ohne etwas dasteht, wenn man Silber Zuhause hat. Es ist schon so, dass einem der Olympiasieg in der Staffel rein emotional genommen wurde. Wenn wir diesen Sieg vor Ort gehabt hätten, wären wir vielleicht die Mannschaft des Jahres geworden. Am Ende waren wir trotzdem bei der Siegerehrung dabei. Wir haben halt nicht die deutsche, sondern die russische Hymne gehört. Aber immerhin waren wir überhaupt dabei.

Ich glaube für die Viertplatzierten ist der Unterschied noch größer, weil die hatten keine Medaille und wurden nirgendwo dafür gefeiert - wobei es die Norweger waren, die genug andere Medaillen haben. Es wird einem schon eine Menge genommen, wobei ich nicht die ganze Zeit gedacht habe, wie lange es nun denn noch dauern wird.
Die deutsche Biathlon-Staffel ist bei den Olympischen Winterspielen 2014 gerade einmal 3,5 Sekunden hinter der russischen gelandet. Welche Erinnerungen haben Sie noch an den Wettkampf: Fühlte es sich nach "Silber gewonnen" oder "Gold verpasst" an?
Es hat sich damals schon sehr nach "Silber gewonnen" angefühlt, obwohl es im Zielsprint zwischen Simon Schempp und Anton Schipulin knapp ausging. Einerseits gab es kurz zuvor den Fall um Evi Sachenbacher-Stehle, da waren im deutschen Biathlonlager alle natürlich extrem verunsichert und es hat sehr viel Raum eingenommen.
Andererseits waren wir vor der Männer-Staffel nur mittelerfolgreich bei den Olympischen Winterspielen, abgesehen von Erik Lesser, der schon Silber im Einzel gewonnen hatte. Wir hatten uns für die Staffel viel vorgenommen. Es ging dann aber nur noch um das Thema Doping und wir wurden ständig dazu befragt. So richtig konnten wir dazu nichts sagen. Es war eine schwierige Situation.
Wir haben dann ein richtig gutes Rennen gemacht. Wir hatten insgesamt nur zwei Nachlader. Zum Schluss standen dann mit Dominik Landertinger, Simon Schempp, Anton Schipulin und Emil Hegle Svendsen vier Top-Athleten beim letzten Schießen. Wenn man dort Vierter geworden wäre, wäre es keine Schande gewesen. Deshalb war Silber so wertvoll für uns.
Stehen Sie mit Ihren damaligen Staffel-Kollegen heute noch in Kontakt?
Wir haben sogar eine WhatsApp-Gruppe zusammen. Mit Daniel [Böhm] habe ich ohnehin häufiger Kontakt, weil er noch ein Schulfreund von mir ist. Erik [Lesser] ist wahrscheinlich so der beste Freund, den ich aus Sportzeiten habe. Wir sind ebenfalls regemäßig in Kontakt. Simon [Schempp] sehe ich auch häufiger. Zuletzt haben wir uns bei der Biathlon-Weltmeisterschaft in der Lenzerheide zu viert gesehen.
Sie selbst konnten bei den Olympischen Winterspielen 2018 noch die Goldmedaille im Sprint gewinnen. Nun kommt höchstwahrscheinlich ein weiterer Olympiasieg hinzu. Was ändert dies bezüglich der Rückbetrachtung Ihrer Karriere?
Für mich persönlich ändert sich jetzt nicht so viel. Es ist natürlich schön, Doppel-Olympiasieger zu sein, das nimmt man gerne. Die anderen dürfen sich dann Olympiasieger nennen, das ist dann wahrscheinlich schon ein kleiner Unterschied. Ihr Leben wird sich glaube ich aber ebenfalls nicht grundlegend ändern.

Als ich 2018 Olympiasieger wurde, hat mich Erik [Lesser] fast eine Woche Olympionike genannt und so werde ich ihn dann auch erst einmal ein oder zwei Wochen lang nur ansprechen (lacht).
Sie haben die Silbermedaillen von 2014 bereits zusammen an den DOSB zurückgeschickt. Welchen Platz würde die Goldmedaille bekommen?
Ich habe eine kleine Vitrine in meinem Fitnessraum im Keller, da habe ich meine Medaillen. Da würde die Goldmedaille einfach hinzukommen und den Platz der Silbermedaille übernehmen.

