Die NFL hat am Dienstag beschlossen, dass aktive NFL-Spieler am Flag-Football-Turnier der Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles teilnehmen dürfen. RTL-Expertin Mona Stevens bewertet diese Entscheidung und verrät, wie groß die Herausforderung für die besten Footballer der Welt am Ende tatsächlich ist.
Zudem spricht Stevens, die selbst American Football und Flag Football spielt, im exklusiven Interview mit sport.de und RTL/ntv über die Haltung der Flag-Football-Szene zu dieser Entscheidung und die weitreichenden Folgen davon. Sie benennt ferner ihr amerikanisches NFL-Flag-Football-Dreamteam und spricht auch darüber, welche deutschen NFL-Spieler es in den Kader für die Spiele schaffen könnten.
Und wie stehen eigentlich die Chancen für beide deutschen Teams auf eine Qualifikation für das Flag-Football-Turnier 2028 in Los Angeles?
RTL-Expertin Mona Stevens im Interview
Frau Stevens, wie finden Sie es, dass nun auch aktive NFL-Spieler für ihr jeweiliges Flag-Football-Team bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles antreten dürfen? Und wie leicht oder schwer wird es für die NFL-Stars, diese Umstellung zu meistern?
Mona Stevens: Das kann man jetzt von mehreren Seiten betrachten. Viele aus der Flag-Football-Szene sagten da sowas wie: "Oh Gott. Bitte lass die nicht teilnehmen." Aber im Endeffekt müssen die genauso diesen Registrierungsprozess und die Tryouts absolvieren, wie eben alle anderen Athleten auch. Und diese Umstellung jetzt vom Tackle- auf Flag-Football auf den Skill-Positionen ist in der Offense noch ein bisschen einfacher als in der Defense. Aber diese Umschulung, diesen Kontakt zu vermeiden, dass muss man einfach ein bisschen üben. Aber wir reden hier von Vollzeitprofis, die machen den ganzen Tag nichts anderes. Und wenn die sich mal ein paar Wochen oder ein paar Monate Zeit für intensives Training nehmen, um so ein bisschen Flag Football zu spielen - die müssen dann ja auch an den Trainingslagern der Nationalmannschaften teilnehmen -, dann schaffen die diese Transition schon, weil sie einfach Vollzeitathleten sind.
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Wie bewerten Sie generell die Entscheidung der NFL, aktive Spieler an Olympia 2028 teilnehmen zu lassen mit Blick auf den Sport Flag Football und aus Sicht der Liga?
Stevens: Es ist natürlich auch ein riesiges Marketingthema, wenn jetzt die NFL-Profis dabei sind. Ich meine, wir haben es jetzt geschafft, Flag Football ist 2028 endlich olympisch im Heimatland des Footballs. Und jetzt sollen die NFL-Spieler, die diesen Sport einfach ausüben, nicht die Chance haben, für ihr Land anzutreten? Das ist auch ein Thema, was die Spieler natürlich betrifft. Ich habe schon den einen oder anderen Spieler mal gefragt, wie die dazu stehen. Und die haben nie die Chance für ihr Land zu spielen, denn die NFL ist eben die National Football League, aber sie bezeichnen sich ja schon als World Champions. Und jetzt einmal mit dem USA-Trikot für das Land bei dem größten Sportereignis der Welt dabei zu sein, um dann auch eine Goldmedaille zu holen, ist natürlich auch für die Spieler ein enormes Ziel, was sie erreichen wollen. Es gibt so viele Aspekte. Für die Liga bedeutet das natürlich auch einen Wahnsinnsrückenwind - nicht nur auf der einen Seite, sondern auch weil Flag Football den Zugang zum Football nochmal leichter macht. Du holst noch viel mehr Menschen ab, die diese Sportart eben spielen können, die die Begeisterung für American Football bekommen, die dann auch vielleicht noch ein bisschen mehr Football gucken oder selber Flag Football spielen, aber auch NFL-Tackle-Football gucken. Das hat von allen Seiten natürlich auch einen positiven Rückenwind.
Und wie sieht man es in der Flag-Football-Szene?
Stevens: Klar, die Leute aus der Szene sagen jetzt, vielleicht ist das ein bisschen unfair. Aber halt, Stopp! Selbst die US-Nationalteam-Jungs sagen: "Hey, ihr müsst auch zu den Tryouts kommen, ihr müsst euch auch erstmal beweisen." Und da gibt es auch jetzt schon ein paar Leute, die Flag Football richtig gut zocken können. Ich glaube auch nicht, dass jeder NFL-Spieler es am Ende ins Team schaffen kann.
Für wie realistisch halten Sie es, dass NFL-Teams auch wirklich ihre Top-Stars für die Flag-Football-Nationalmannschaften abstellen im Hinblick auf ein Verletzungsrisiko? Man kennt ja gewisse Probleme zum Beispiel mit der NBA.
Stevens: Ich glaube, da gibt es sehr viele Seiten, von denen man das brachten sollte. Einmal ist da die persönliche Ebene, die ein Sportler einfach an sich hat. Natürlich wirken die NFL-Spieler auf uns immer wie Maschinen, die funktionieren und in diesem NFL-Kosmos drin sind. Und das ist das höchste Gut der Welt. Aber auch die haben vielleicht große Ambitionen, einmal bei Olympia dabei zu sein. Also auf der persönlichen Ebene ist da viel los. Und dann ist es auch marketingtechnisch für jedes NFL-Team ein Gewinn, wenn jetzt ihr Spieler bei Olympia Gold holt. Das kann man natürlich in die Welt verbreiten. Und dann gibt es da noch die Talentförderung, Jugendspieler, die vielleicht zu ihrem Nationalhelden oder zu ihrem NFL-Helden aufschauen und dann sehen, hey, der war sogar mit Flag Football bei Olympia. Im Tackle Football schaffe ich es vielleicht nicht in die NFL, aber Flag Football kann ich schaffen, sodass man nochmal andere Menschen motiviert oder auch mehr Fans generiert. Ich glaube, da gibt es sehr viele Betrachtungspunkte, die man da hinzuziehen muss.
Blicken wir mal voraus: Welche (NFL-)Spieler sollten aus Deutschland zu den Spielen?
Stevens: Für das deutsche Team gibt es zwei Namen, die man auf jeden Fall erwähnen muss. Das ist einmal Amon-Ra St. Brown, der vielleicht auch Lust hat, für die amerikanische Nationalmannschaft ins Tryout zu gehen, aber vielleicht auch seine Chancen für Deutschland sieht. Und genauso Marcel Dabo. Das sind einfach Skill-Spieler, die prädestiniert wären, da diesen Wechsel auf Flag Football relativ schnell zu schaffen, wenn sich Deutschland eben auch qualifiziert.
St. Brown hat sich per Social-Media-Post quasi schon zum deutschen Team bekannt. Kann man daher damit rechnen, dass er dann auch wirklich für Deutschland auflaufen wird?
Stevens: Auf jeden Fall. Ich meine, er ist ja auch verwurzelt. Amon-Ra hat sogar für die Jugend-Tackle-Football-Nationalmannschaft auch in Deutschland früher gespielt und ich denke, wenn er da die Chance sieht, ist es natürlich auch für ihn eine ehrenvolle Aufgabe. Und ich bin sehr, sehr gespannt. Da kann ich ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern: Wir haben viele Trainingslager mit den Männern gemeinsam, Frauen und Männer, wir trainieren parallel und da bin ich sehr, sehr gespannt, welches Gesicht wir da sehen und wann eben auch. Denn ich glaube, dass es eben nicht reicht, sich zum ersten Mal 2028 vorzustellen. Und man muss ja auch einfach noch bedenken, dass sich nur sechs Frauen- und sechs Männerteams aus der ganzen Welt qualifizieren können. Das heißt, wenn jemand wie Amon-Ra oder Marcel Dabo nachher sagen: Hey, sie haben Bock und sie wollen mit Deutschland dahin, dann wäre es eigentlich sehr gut, wenn sie jetzt schon anfangen und dazu beitragen, dass sich Deutschland auch qualifiziert. Denn die USA sind als Austragungsland sowieso qualifiziert. Mal davon ab, dass sie seit Jahren Gold gewinnen, aber die USA sind quasi eh dabei. Deshalb bleiben nur fünf Startplätze für den Rest der Welt.

Wie groß ist die Chance, dass sich Deutschland bei den Männern und Frauen für LA28 qualifiziert?
Stevens: Sehr groß. Also mit den Männern sind wir 2023 Europameister geworden. Die letzte Weltmeisterschaft war jetzt nicht ganz so erfolgreich, aber wir haben bei den Herren extreme Wechsel gehabt. Wir haben einen neuen Head Coach aus Mexiko, wo Flag Football Nationalsport ist, schon sehr, sehr lange. Und es gab auch viele altersbedingte Wechsel und viele neue Spieler kamen dazu. Also bei den Männern gab es einen sehr, sehr großen Wandel und die Frauen sind auch immer in der Weltrangliste weit oben. Die ersten beiden Teams sind bei den Damen Mexiko und die USA, und alles, was danach kommt von Platz 3 bis 10, ist sehr nah beieinander. Japan, Spanien, Großbritannien, Deutschland. Das ist wirklich immer turnierabhängig. Und jetzt kommt es ein bisschen darauf an, wie wir uns jetzt in den nächsten drei Jahren so professionalisieren, dass wir es schaffen, an Turniertagen die Bestform rauszuholen. Und das fängt für uns jetzt bei der Europameisterschaft in diesem Jahr an. Die WM im nächsten Jahr wird dann wahrscheinlich schon eine erste Qualifizierungsrunde sein. Deshalb sind die Chancen auf jeden Fall für beide Teams da.
Wie würde denn das ideale Dreamteam der USA beim Flag Football aussehen, wenn da nur NFL-Spieler dabei wären?
Stevens: Ich muss sagen - jetzt werde ich wahrscheinlich als Quarterback ein bisschen gesteinigt -, aber der aktuelle National-Quarterback der USA, der Housh (Darrell Housh Doucette III, Anm. d. Red.), hat schon richtig was auf dem Kasten. Der hat richtig Flag-Football-Moves drauf. Da müssen sich Lamar Jackson oder Patrick Mahomes schon anschnallen und noch ein bisschen schneller und quicker werden in diesem Flag-Football-Movement. Da bin ich mir nicht sicher, ob wir die Quarterback-Position da besetzen können, eben weil es ein ganz anderes Spiel ist. Falls doch: Lamar Jackson oder Patrick Mahomes auf QB. Auf Wide Receiver sehe ich einmal Xavier Worthy, weil der unheimlich schnell ist. Tyreek Hill hat sich ja schon geäußert, dass er der Schnellste der Welt ist und auf jeden Fall dabei sein wird. Justin Jefferson ist auf jeden Fall ein Kandidat. Und Travis Hunter ist als Allrounder auf jeden Fall mit dabei.
Das ist Mona Stevens' US-Flag-Football-Dreamteam aus NFL-Spielern
| Position | Spieler |
|---|---|
| Quarterback | Patrick Mahomes / Lamar Jackson |
| Wide Receiver | Justin Jefferson |
| Wide Receiver | Xavier Worthy |
| Wide Receiver | Travis Hunter |
| Center/Wide Receiver | Tyreek Hill |
Wenn sich Deutschland für Olympia 2028 qualifizieren sollte und Sie dabei wären, auf welche NFL-Stars würden Sie sich besonders freuen, diese dort anzutreffen und kennenzulernen?
Stevens: Ich will da gar keinen auswählen. Ich durfte ja schon meinen Hero treffen. Ich habe schon ein kleines Gespräch mit Pat Mahomes geführt beim Trikottausch. Aber ich glaube, ich würde mich einfach super gern mit denen austauschen, denn die Leidenschaft für den Sport brennt einfach bei denen genauso. Und das ist eben so ganz anders als im Fußball. Immer wenn ich irgendeinen von diesen Jungs mal getroffen habe oder jetzt beim Super-Bowl-Werbespot-Dreh, waren auch Myles Garrett oder Marshawn Lynch da, die dann einfach so ein bisschen für Smalltalk zu haben waren und einfach diese Sportlichkeit und sportliche Ader dabei hatten. Also egal, wer es am Ende ins Team schafft, ich würde einfach ganz normalen Smalltalk mit denen führen. Wie ihr Alltag so ist oder wie sie Flag Football sehen. Denn wenn man viele Flag-Football- oder NFL-Spieler fragt, wie sie zu Flag Football stehen, sagen die: Ja, das habe ich als Kind auch gespielt. Da ist fast jeder mal durchgegangen und deshalb kann ich da gar nicht entscheiden, wen ich da treffen möchte.
Das Gespräch führte RTL-Redakteur Alexander Jureschko.




































