Die Dallas Cowboys haben sich mit den Pittsburgh Steelers auf einen Trade für Wide Receiver George Pickens geeinigt. Auch wenn dieser Move ein großes Problem für beide Teams löst, birgt er auch eine gewisse Gefahr für die Texaner.
Größere NFL-Trades nach dem NFL Draft sind nicht unbedingt üblich. Eigentlich stehen die Kader jetzt erstmal bis zum Training Camp, doch Ausnahmen bestätigen die Regel und sobald die Dallas Cowboys in so etwas involviert sind, gehen die Uhren häufiger eben anders.
Der Trade von George Pickens von den Steelers zu den Cowboys wirft einige Fragen auf, was die unmittelbare Zukunft beider Teams betrifft. sport.de-Redakteur Marcus Blumberg versucht diese zu beantworten.
Was bedeutet der Pickens-Trade für die Steelers?
Die Steelers und ihre Wide Receiver sind ein Thema für sich. Seit einigen Jahren nun haben sie gerade auf dieser Position immer wieder mit Problemen zu kämpfen, die weit über das Sportliche hinausgehen. Probleme, die meist nicht mal viel mit Sport zu tun haben!
Rein sportlich haben es die Steelers noch immer geschafft, Top-Leute für diese Position an Land zu ziehen. Schwierig wurde es immer erst dann, wenn die Persönlichkeiten der Spieler in den Fokus rückten. Man denke an Antonio Brown. Er war sportlich über jeden Zweifel erhaben und muss als einer der besten Receiver seiner Generation angesehen werden. Doch menschlich?
Menschlich glich es einem Wunder, dass die Querelen, die im Anschluss an seine Zeit in der Steel City seine Karriere viel zu früh aus der Bahn geworfen haben, nicht schon früher zum Vorschein kamen. Head Coach Mike Tomlin hat überragende Arbeit geleistet, um diesen schwierigen Charakter im Zaum zu halten, bis es dann zur Trennung kam.
Seither fanden die Steelers zwar keine Receiver mehr von diesem Format, aber immer noch sehr gute Spieler, die sportlich überzeugten. Die jüngsten Beispiele aus dem Draft waren Leute wie Diontae Johnson (3. Runde 2019) oder George Pickens (2. Runde 2022). Beide waren Stammkräfte, doch beide wurden ultimativ abgegeben, weil sie für Unruhe sorgten.
Johnson ging vor der vergangenen Saison zu den Carolina Panthers, wo er schnell zu den Ravens weitergereicht wurde, die ihn nach einem denkwürdigen Egotrip nach nur vier Spielen entlassen haben. Letztlich ging es nochmal kurz nach Houston. Mittlerweile hat er bei den Browns unterschrieben.
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Pickens: Tradegerüchte schon vor dem Draft
Pickens wiederum war nun schon länger das Objekt von Trade-Gerüchten, die im Vorfeld des Draft immer lauter wurden. Speziell nachdem man sich per Trade D.K. Metcalf von den Seattle Seahawks gesichert und ihn mit einem neuen hochdotierten Vertrag ausgestattet hatte, war eigentlich klar, dass eine Koexistenz dieser zwei Alphatiere kaum reibungslos über die Bühne gehen würde.
Allein die Vorstellung, dass Pickens eine Nummer-2-Rolle hinter Metcalf akzeptieren würde, wirkte immer unglaubwürdig. Pickens fiel in der vergangenen Saison öfter mit ausgesprochener Lustlosigkeit auf dem Feld auf, wenn er mal nicht der primäre Receiver in einem Play war. Nicht nur telegrafierte dies dem Gegner, wo der Ball nicht hingehen würde, es war auch einfach unprofessionell.
Entsprechend war ein Abgang von Pickens immer eine denkbare Option, wenn auch vielleicht erst nach der kommenden Saison. Nun zieht man diese Trennung vor, bekommt noch einen recht hohen Draftpick im kommenden Draft (3. Runde) und geht möglichen Querelen mit Pickens wegen Metcalfs Rolle aus dem Weg.
Offen ist nun, ob man mit dem vorhandenen Personal in die Saison gehen wird. Stand jetzt sind die nächsten Optionen nach Pickens Veteran Robert Woods und Roman Wilson, der als Rookie im Vorjahr enttäuscht hat. Eventuell wird man nun nochmal nachlegen müssen im Receiving Corps. Und wer denn nun tatsächlich Quarterback spielen wird, steht ohnehin weiter in den Sternen.
Ein nicht zu verachtender Nebeneffekt dieses Abgangs? Man wird Pickens nicht in Kürze bezahlen müssen, nachdem Metcalf schon bezahlt wurde. Das macht womöglich Gelder frei für eine lukrative Weiterbeschäftigung von Edge Rusher T.J. Watt, der in sein letztes Vertragsjahr geht und sicherlich auch eine Bezahlung zum Marktpreis erwartet.
Was bedeutet der Pickens-Trade für die Cowboys?
Der beste Wide Receiver der Cowboys neben Superstar CeeDee Lamb war bislang Jonathan Mingo, für den Jerry Jones aus irgendeinem Grund im Laufe der Vorsaison einen Viertrundenpick im Draft 2025 zu den Carolina Panthers geschickt hatte. Die Ankunft von George Pickens wird diese Lage nun merklich verbessern und Dak Prescott eine echte Nummer-2-Option geben. Jedenfalls auf dem Papier und auf den ersten Blick.
Hinzu kommt, dass der Spieler zunächst mal in der Bringschuld ist, denn sein Vertrag läuft immer noch am Saisonende aus und nicht mal sein Gehalt in Höhe von 3,656 Millionen Dollar für 2025 ist garantiert. Das heißt, dass Pickens Stand jetzt in Vorleistung gehen und um seine Zukunft spielen müsste. Eine sehr günstige Situation also für die Cowboys.
Bei genauerer Betrachtung gehen die Cowboys aber auch ein gewisses Risiko ein. Für den Moment ist dies nicht finanzieller Natur. Aber sie müssen nun darauf hoffen, dass er auch tatsächlich die erhoffte Leistung bringt und sich eben amortisiert. Ein Drittrundenpick ist ein stolzer Preis, den man gerne gerechtfertigt sehen würde. Und ganz abgesehen davon brauchen sie dringend einen zweiten brauchbaren Wide Receiver, um die Offense wieder etwas diverser aufzustellen.
Und entsprechend müssen sie eben auch etwas dafür tun, um Pickens bei Laune zu halten. Das wird wohl nur mit einem neuen Vertrag vorab gehen, der ausgerechnet mit Agent David Mulugheta ausgehandelt werden müsste, über den Jerry Jones erst kürzlich öffentlich abfällig gesprochen hatte, als es um dessen Bedeutung in den Verhandlungen mit Micah Parsons ging. Persons schlug verbal zurück und nun herrscht erstmal Funkstille. Günstiger wird Parsons auch dadurch nicht geworden sein.
Es ist nun schwer vorstellbar, dass Pickens in dieser Konstellation - unabhängig von Parsons natürlich - ohne neuen Deal zum Training (Camp) erscheinen wird. Im Übrigen ein Szenario, das auch für die Steelers denkbar gewesen wäre. Und die haben sich mit diesem Deal vorzeitig davor bewahrt. Die Cowboys hingegen könnten nun dazu gezwungen sein, neben Parsons auch noch Pickens in diesem Sommer teuer zu bezahlen. Kein leichtes Unterfangen für die knauserigen Cowboys.
Und damit nicht genug: Selbst wenn man Pickens nun bezahlt, garantiert das nicht, dass er nicht dennoch wieder demonstrativ die Lust verliert, wenn er nur die zweite Geige hinter Lamb spielt. Im Gegenteil: Da Lamb eindeutig das Top-Target von Prescott ist, könnte dies zu Dauerfrust bei Pickens führen, nachdem er in Pittsburgh de facto die Nummer 1 war. Und selbst dort war er nicht immer voll bei der Sache trotz seiner gehobenen Rolle.
Was bedeutet der Trade für George Pickens?
Für George Pickens bedeutet der Wechsel von Pittsburgh nach Dallas vor allem mal einen Tapetenwechsel. Ob er den nötig hatte, sei dahingestellt. Die Tatsache, dass er nun aber erneut nur die zweite Option im Receiving Corps sein wird, nachdem ihm dies schon in Pittsburgh hinter Metcalf drohte, wird ihm jedoch kaum gefallen. Sein Selbstverständnis ist ein anderes.
Und, dass er noch auf einen neuen Vertrag wartet, wird mutmaßlich auch nicht dazu beitragen, dass er von Anfang an voll dabei sein wird - nicht mal körperlich, wenn man realistisch ist.
Bevor er also auch nur einen Fuß aufs Gelände in Frisco setzen wird, gibt es schon mal zwei mögliche Konflikte, die über dem Star - gemeint ist der Trainingskomplex der Cowboys - wie Damoklesschwerter hängen könnten: Pickens' Vertragssituation und die Tatsache, dass er sich mit einer Rolle hinter Lamb anfreunden muss. Beides scheint schwierig zu lösen zu sein.
Für Pickens selbst gilt es nun, vor allem Professionalität an den Tag zu legen. Er ist ein Jahr von der Free Agency entfernt - sollte er nicht doch noch langfristig in Dallas verlängern. Nachdem er durch seine Einstellung in Pittsburgh angeeckt ist, werden andere Teams nun genau hinschauen, wie er sich in dieser für ihn neuen Umgebung geben wird. Konzentriert er sich aufs Wesentliche und legt eine professionelle Einstellung an den Tag, dann dürfte seine Zukunft in der NFL gesichert sein - ob nun in Dallas oder anderswo.
Doch wenn er dort ähnlich auffällig werden würde wie zuletzt in Pittsburgh, dann könnte sein unzweifelhaft vorhandenes Talent für die meisten NFL-Teams am Ende nicht groß genug sein, um ihn als ernstzunehmenden Spieler einzustufen. 2025 wird für George Pickens also in jeglicher Hinsicht wegweisend sein.





































