Am Anfang noch himmelhoch jauchzend, danach zu Tode betrübt: So in etwa lässt sich die Stimmungslage bei Ferrari nach dem ersten Rennwochenende in der Formel 1 zusammenfassen. Die gute Nachricht: In China steht in Kürze schon der nächste Grand Prix an und Fans und Verantwortliche der Scuderia dürfen mit Recht auf Besserung hoffen.
Der Hype um Lewis Hamilton und Ferrari kannte in den Wochen vor Saisonbeginn fast keine Grenzen nach oben. In den Träumen vieler Tifosi stand der Rekordweltmeister der Formel 1 bereits in Australien mit der Siegertrophäe in der Hand ganz oben auf dem Podium und jubelte einem roten Meer aus Fans zu.
Doch der Aufbruch in Richtung einer neue Erfolgsära der seit mehr als anderthalb Jahrzehnten leidgeprüften Scuderia fiel buchstäblich ins Wasser. Hamilton wurde im Regen-Chaos von Melbourne mit deutlichem Rückstand auf Rennsieger Lando Norris (McLaren) Zehnter, Teamkollege Charles Leclerc landete auf Platz acht. Ein "bitteres Erwachen", wie die italienische Presse schrieb.
RTL-Experte Günther Steiner legte gegenüber sport.de den Finger in die Wunde und sprach davon, dass die "Flitterwochen nun vorbei sind". Muss der geneigte Ferrari-Fan also schon den Kopf in den Sand stecken? Nein.
Hoffnung darf allen, die es mit der Scuderia halten, machen, dass der Australien-GP in vielfacher Hinsicht nicht als Gradmesser für den kompletten Saisonverlauf dienen sollte. Nicht nur, weil die Streckencharakteristik eine andere war als auf vielen klassischen Kursen, sondern auch weil vor allem der Rennsonntag es dem (natürlicherweise) noch uneingespielten Ferrari-Team samt Hamilton ungemein schwer machte.
Ferrari-Kommandostand verpatzt Strategie
Durch den immer wieder einsetzenden Regen herrschte Chaos, ständig mussten neue Entscheidungen getroffen werden, bei denen schnelle und präzise Kommunikation mit der Box notwendig war. Dass es dabei zwischen Hamilton und seinem neuem Renningenieur Riccardo Adami sichtbar (und auch hörbar) hakte, dürfte nicht verwundern. Gleichzeitig fiel auch auf, dass der Brite überraschend überfordert war im neuen Auto.
Gleichzeitig lag aber auch Kommandostand daneben, als er Hamilton und Leclerc bei immer nasser werdenden Bedingungen immer länger draußen ließ, während die Konkurrenz längst auf Intermediates gewechselt war. In der vagen Hoffnung, man könnte auf diese Weise einen Überraschungscoup landen. Die erwartbare Folge: Hamilton rutschte durch den St. Albert Park, Leclerc flog sogar ab.
Hätte man sich in dieser Situation für die Box und für einen Reifenwechsel entschieden, hätte Ferrari durchaus mit George Russell (Mercedes) um Platz drei konkurrieren können.
Unter dem Strich lässt sich festhalten: Die Feuerprobe im Regen von Australien ist absolviert, alle Seiten beteuerten bereits, aus den Schwierigkeiten die richtigen Lehren ziehen zu wollen. Auch Hamilton, der bei den zurückliegenden Testfahren gar nicht die Chance hatte, sich auf das Chaos, das ihn dann beim ersten Grand Prix erwartete, einzustellen, wird zum Auftakt gezwungenermaßen mehr über sein Auto gelernt haben als im Vorhinein gedacht. Er sprach von einem ungewollten "Crashkurs".
Im Formel-1-Boliden von Ferrari steckt mehr
Klar ist jedenfalls, das ließen die Trainingszeiten am Freitag erahnen und das blitzte auch im Rennen durch, dass im SF-25 mehr drinsteckt, als der Bolide in Down Under zeigen konnte. Man müsse "die Power, die wir haben" nur "freischalten", wie Hamilton es nannte. Auch Vasseur erklärte: "Die Geschwindigkeit" des Autos sei "gut. Und darauf müssen wir unsere Saison aufbauen." Die Daten zeigten jedoch auch, dass Ferrari im Training von Melbourne in den Longruns hinter den Dominatoren von McLaren lag.
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Die Wahrheit wird also am Ende vermutlich in der Mitte liegen: In Australien präsentierten sich Hamilton und Leclerc im Regenchaos unter Wert, in China dürfte Ferrari weiter nach vorn rücken, aber wohl eher nicht um den Sieg mitkämpfen. Zum Vergleich: Im letzten Jahr belegten Leclerc und Carlos Sainz Platz vier und fünf. Sollte in diesem Jahr ein Podiumsplatz in Shanghai herumkommen, dürften man bei Ferrari intern zumindest einmal durchatmen.
Ob es klappt, wird sich am Wochenende in China zeigen. RTL überträgt das Qualifying am Samstag (ab 7:30 Uhr) und das Rennen im Rahmen des Super-Sport-Sonntags ab 7 Uhr live im Free-TV). Danach wissen nicht nur Ferrari-Fans mehr, ob sie es wagen können, ein bisschen mehr von Erfolgen der Roten zu träumen.
Zuletzt noch eine gute Nachricht: Laut den Kollegen von wetter.de ist in Shanghai das ganze Wochenende über Top-Wetter angesagt. Ein Regen-Chaos dürfte Hamilton und Leclerc also dieses Mal nicht in die Quere kommen.






