Alexander Zverev legte bei den Australian Open 2025 einen verheißungsvollen Start ins Tennis-Jahr 2025 hin. Die deutsche Nummer eins zog durchaus eindrucksvoll ins Endspiel ein, wurde vom Weltranglistenersten Jannik Sinner aus Italien Down Under dann allerdings in drei Sätzen abgekocht. Die dritte Niederlage im dritten Grand-Slam-Finale seiner Karriere war offenbar ein echter Wirkungstreffer. Seit Melbourne läuft bei Zverev kaum noch etwas zusammen, der erhoffte Angriff auf die Weltranglistenspitze droht zur Mission Impossible zu verkommen.
Seit sieben Wochen hat Jannik Sinner den Tennis-Schläger bei keinem Profiturnier mehr geschwungen, an der Spitze der Weltrangliste thront der 23-jährige Italiener dennoch unangefochten.
Dass Sinner am Montag sogar schon in seine 41. Woche als Nummer eins gestartet und dadurch mit Andy Murray gleichgezogen ist und schon jetzt nur noch 13 Ikonen des Sports länger den Platz an der Sonne innehatten, unterstreicht, welche Ausnahmestellung Sinner vor dem Eintritt seiner dreimonatigen Dopingsperre (bis 4. Mai) hatte. Alexander Zverev wird diese Statistik allerdings wenig interessieren, der Hamburger giert nach seiner ersten Woche als Nummer eins der ATP, die Chancen schwinden jedoch.
Zwar konnte der gesperrte Sinner seine Punkte vom Sieg in Rotterdam (500er) und dem Halbfinale-Einzug in Indian Wells (1000er) aus dem Vorjahr nicht verteidigen, im Ranking liegt der Südtiroler dennoch weiterhin 3385 Punkte vor Zverev, den die Aussicht auf eine Wachablösung regelrecht zu lähmen scheint.
Lähmt die Chance auf die Nummer eins Alexander Zverev?
In Buenos Aires (250er) und Rio (500er) scheiterte der Deutsche im Viertelfinale, in Acapulco (500er) war im Achtelfinale Schluss, beim Masters in Indian Wells schon in Runde zwei: Macht vier Siege und vier Niederlagen im Nachgang der Australian Open - alles andere als eine Attacke auf die eins. Gerade einmal 310 Zähler knabberte Zverev von Sinners Vorsprung ab.
Für Tennis-Ikone Boris Becker ist die Sache klar: In seinem Podcast "Becker Petkovic" unterstellte die letzte Nummer eins des DTB Zverev unlängst eine "mentale Blockade". "Er hat sich zu viele Gedanken gemacht, wie und wann er die Nummer eins werden kann. Es ist menschlich, er kann seinen Kopf ja nicht ausschalten", so Becker: "Es ist ja auch ein Lebensziel, ein Kindheitstraum, der vielleicht wahr wird."
Damit besagter Traum vielleicht doch noch wahr wird, muss Zverev nun allerdings liefern. Eine gute Chance bietet sich schon beim anstehenden Masters in Miami.
2024 triumphierte Sinner im Sunshine State, 1000 Punkte fallen somit weg, aber auch Zverev steht unter Druck. Als Halbfinalist des Vorjahres stehen auch für den 27-Jährigen immerhin 400 Zähler auf dem Spiel. Um wirklich Druck auf Sinner zu machen, müsste schon der Einzug ins Endspiel her.
"Ich möchte hier wirklich Spiel für Spiel angehen und versuchen, jedes einzelne zu gewinnen", gab sich der Norddeutsche, der als Nummer zwei der Welt ein Freilos zum Auftakt hat und erst in Runde zwei eingreift, vor Beginn des Turniers bescheiden. "Ich hoffe, ich kann das auch auf dem Platz zeigen. Ich hatte einige sehr gute Trainingseinheiten." Er erinnere sich auch "noch ein bisschen" an das Gefühl aus dem Vorjahr.
Der langjährige deutsche Davis-Cup-Kapitän und aktuelle Turnierdirektor der BMW Open in München Patrik Kühnen traut Zverev die Wende auf jeden Fall zu. Zverev habe "momentan eine schwierige Phase", sei aber "ein erfahrener Spieler" und verfüge über die Erfahrung, "solchen Situation zu begegnen", erklärte Kühnen im Interview mit RTL/ntv und sport.de. "Wenn es mal nicht so gut läuft, leidet zwar auch immer schnell das Selbstvertrauen", das Schöne am Tennis sei jedoch, dass man jede Woche eine neue Chance bekomme und sich das Blatt schnell wenden könne. "Wenn man Game, Set, Match und dahinter seinen Namen hört, ist das ein schönes Gefühl, wenn man das zwei, drei Mal hintereinander hört, ist alles wieder in Ordnung", so der ehemalige Wimbledon-Viertelfinalist weiter.
Rechenspiel belegt schwierige Konstellation
Sollte Zverev in Miami tatsächlich neuen Schwung aufnehmen, könnte der Angriff auf die Spitze durchaus wieder ins Rollen geraten. Bis zu Sinners Rückkehr auf die Tour, ab dem 07. Mai wird er beim Masters in Rom wieder nach Punkten greifen, stehen neben Miami immerhin noch die Masters in Zverevs Wahlheimat Monte Carlo (ab 06. April) und Madrid (ab 23. April) auf dem Plan. Zudem bietet sich in Charleston (500er, ab. 31. März) und München (ab 14. April) noch die Chance, Punkte abzusahnen. Für den ganz großen Coup müsste Zverev allerdings nah ans Optimum herankommen.
Rechenspiel gefällig: 2024 holte Sinner in Madrid und Monte Carlo insgesamt 600 Punkte, mit dem Sieg in Miami fallen somit sicher 1600 Zähler weg. Sinner wird somit mit 9730 Punkten auf die Tour zurückkehren, Zverev muss also bis Rom 1785 Punkte einheimsen, will er vorbeiziehen. Zum Vergleich: 2024 reichte es in diesem Zeitraum für den Hamburger zu 650 Zählern.
Kurz: Mindestens ein Masters müsste der Deutsche gewinnen und zudem immer sehr weit kommen oder jeweils mindestens das Halbfinale erreichen und bei den kleineren Turnieren (Charleston oder/und München) abräumen. Schon ein einziges frühes Aus bei einem der Masters-Turniers würde den Traum hingegen schon so gut wie platzen lassen.
Ein Fakt, der Zverev längst klar ist: "Um Nummer eins zu werden, muss man Turniere gewinnen. Ich komme nicht über die erste oder zweite Runde hinaus", erklärte er nach seinem jüngsten Rückschlag in Indian Wells - und traf den Nagel auf den Kopf.
Übrigens: Selbst wenn Zverev die Mission Impossible meistert, kann er sich anschließend keine Sekunde ausruhen. Ausgerechnet das Masters in Rom gewann er 2024, Sinner wiederum musste verletzt absagen und könnte daher 2025 massig Punkte aufholen.






