Der Skandal um manipulierte Anzüge bei der Nordischen Ski-WM in Trondheim zieht weitere Kreise. Wie auf einer Pressekonferenz am Holmenkollen in Oslo bekannt wurde, hat der Weltverband FIS drei weitere Skispringer gesperrt.
Auf Grundlage der ersten Ergebnisse der am Sonntag eingeleiteten Untersuchung wurden Kristoffer Eriksen Sundal, Robert Johansson und Robin Pedersen provisorisch gesperrt.
"Wir haben es hier mit vorsätzlicher Manipulation zu tun", sagte FIS-Renndirektor Sandro Pertile über das Vorgehen der Norweger beim zweiten WM-Einzel der Männer. Er wähnt den Weltverband bei der Aufarbeitung "auf einem guten Weg".
Pertile begründete die Suspendierung der drei Athleten damit, dass man bei deren konfiszierten Anzügen "etwas Illegales, aber etwas anderes als bei den anderen beiden Anzügen" gefunden habe. Ins Detail ging der Skisprung-Chef jedoch nicht und verwies dabei auf den noch laufenden Untersuchungsprozess.
Klar ist aus Sicht des Italieners aber auch: "Unsere größte Priorität ist es, das Ausmaß dieser Manipulationen zu ermitteln. Der Schaden ist offensichtlich, aber wenn wir wissen, welche Kreise dies zieht, können wir leichter weitermachen."
Nur wenige Minuten zuvor waren jene drei Athleten im offiziellen Training bei der Raw-Air-Tour noch an den Start gegangen. Sundal und Pedersen waren bei der Heim-WM in Trondheim Teil des Bronze-Quartetts im Teamwettbewerb, Letzterer jedoch nicht im Einzel. Somit bleibt weiterhin ungeklärt, wann genau die Manipulationen vorgenommen wurden.
Keine Auffälligkeiten bei Skispringerinnen und in der Nordischen Kombination
Bereits am Mittwoch waren die Top-Athleten Marius Lindvik und Johann André Forfang sowie Teamtrainer Magnus Brevig, der Assistenztrainer Thomas Lobben und der Servicemitarbeiter Adrian Livelten gesperrt worden. Norwegens Verband hat die vorsätzliche Manipulation der Anzüge von Lindvik und Forfang eingestanden. Beide Weltmeister betonen aber, sie selbst hätten von den illegalen Praktiken nichts gewusst.
Bei Norwegens Skispringerinnen als auch bei beiden Teams der Nordischen Kombination, deren Anzüge ebenfalls konfisziert und inspiziert wurden, seien hingegen keine Auffälligkeiten gefunden worden, fügte FIS-Pressechef Bruno Sassi an.
Kombi-Renndirektor Lasse Ottesen bestätigte, dass auch in dieser Disziplin der Maßnahmenkatalog, der am Mittwochabend für das Skispringen abgesegnet wurde, angewendet werden wird. Somit müssen alle Athletinnen und Athleten ihre Anzüge am Freitagvormittag inspizieren lassen und bei den zuständigen FIS-Kontrolleuren abgeben, die sie dann über das Wettkampfwochenende verwahren und lediglich 30 Minuten vor dem Sprung herausgeben und spätestens 30 Minuten danach wieder an sich nehmen.
Für den Transport der Ausrüstung zwischen den Wettkampforten, sprich Vikersund (Skispringen) und Oslo (Nordische Kombination) zur nächsten Station nach Lahti seien jedoch die Nationalteams verantwortlich, wie Pertile bestätigte: "Schließlich sind die Anzüge nicht unser Eigentum und wir übernehmen auch keine Verantwortung im Fall von Schäden."
FIS betont Unabhängigkeit der Untersuchung
FIS-Pressechef Sassi betonte derweil, dass alle Organe mit dem unabhängigen Ethik-Büro, das die Untersuchung leitet, arbeiten und sich nach deren Maßgaben richten: "Sie sind auch diejenigen, die über die Sanktionen für Einzelne und Funktionäre entscheiden. Das liegt weder in der Hand der FIS-Disziplinchefs noch der -Administration, sondern in der Ethik-Kommission."
Der Generalsekretär des Weltverbands, Michel Vion, stellte obendrein mit finsterer Miene klar: "Ich höre von allen möglichen Seiten immer wieder, dass gerade im Skispringen am Limit und darüber hinaus operiert wird. Die Regeln sind klar und es ist kein Spiel, das hier gespielt wird."
Nachdem ein Journalist die Rolle von Pertile in der Causa in Frage gestellt hatte, stellte er sich vehement vor seinen Kollegen: "Eines ist klar: Sandro wird nicht zurücktreten. Und selbst wenn er will, werde ich das nicht zulassen. Diese Frage ist ja wohl ein Witz, oder?"
Er betonte ausdrücklich den guten Austausch, den man untereinander habe, so auch während der WM in Trondheim. Bei dieser habe man sich gemeinsam mit Ottesen Gedanken über die Zukunft des Skispringens und der Nordischen Kombination gemacht.
"Wir tun unser Bestes, um den Sport besser und fairer zu machen. Eine Idee war ein Einheitsanzug für alle Athleten, den man die ganze Saison lang trägt und der von uns kommt. Es kann noch ein, zwei oder vier Jahre dauern, aber seien Sie sicher, dass wir daran arbeiten", so Vion.


