Mit dem Weltcup am Holmenkollen lässt Svenja Würth ihre außergewöhnliche Karriere ausklingen. Mehr als ein Jahrzehnt war sie Bestandteil der Skisprung-Nationalmannschaft, feierte einen Weltcup-Podestplatz und wurde 2017 in Lahti Weltmeisterin im Mixed-Team. 2020 wagte sie den Wechsel in die Nordische Kombination und wurde damit auch in dieser Sportart zur Pionierin. Im Exklusiv-Interview mit sport.de blickt sie auf ihre Laufbahn zurück und spricht auch über prägende Momente und Menschen.
Frau Würth, Sie haben Anfang der Woche Ihren Rücktritt angekündigt. Wie sieht es in Ihnen vor diesem letzten Auftritt aus?
Svenja Würth: Die letzten Tage waren sehr emotional, auch wenn ich die Entscheidung nicht in den letzten ein oder zwei Wochen getroffen habe. Irgendwie war es mir vor der Saison schon klar, weil ich davor schon gesagt habe, dass ich von Jahr zu Jahr schaue, wie es körperlich geht, ob es mir Spaß macht, wie es läuft und die letzte Saison war echt cool. Dann habe ich noch eine drangehängt, weil die WM natürlich noch lukrativ war. Aber die Saison ist dann echt beschissen gelaufen und dann habe ich schon auch gemerkt, dass mir der Spaß gefehlt hat, weil ich ständig krank war und irgendwie nicht richtig trainieren konnte. Und danach habe ich ein, zwei Wochen gut trainiert, habe mich gefreut, dass ich dann wieder mitfahren kann, habe einen Wettkampf mitgemacht und war danach wieder krank. Und dann ist es auf Dauer schwierig, das immer wieder wegzustecken und da habe ich gemerkt, dass mich das körperlich und psychisch ganz schön mitnimmt.
Mein letzter Startversuch in Seefeld war der letzte Strohhalm, an dem ich mich irgendwie hochziehen wollte. Anhand der Ergebnisse und nachdem Cindy Haasch noch ausgefallen ist, hätte ich noch mitfahren können zur WM, aber das hat keinen Sinn gemacht, weil ich auch nicht mit hinfahren wollte, wenn ich wusste, dass ich nicht fit bin. Ich wollte dann, dass man lieber einer Jungen die Chance gibt, coole Erfahrungen zu sammeln.
Am Holmenkollen haben schon einige großartige Sportlerinnen und Sportler "Auf Wiedersehen" gesagt. Ist das auch für Sie ein passender Ort, um sich vom Leistungssport zu verabschieden?
Es gibt schon auch andere schöne Orte, mit denen ich irgendwie viel verbinde, die dafür in Frage gekommen wären, wie etwa mein Heim-Weltcup in Schonach. Das ist immer schön, wenn viele Menschen da sein können. Aber ich glaube, dass Oslo schon ein würdiger Platz ist und vor allem dieses Jahr, nachdem wir ja jetzt auch am Holmenkollen springen dürfen, ist, das nochmal was Besonderes. Und dann hoffe ich, dass wir da nochmal einen coolen Abschluss feiern können.
Es ist gleichzeitig auch der erste Weltcup auf der Großschanze. Wie wichtig ist das für die Nordische Kombination der Frauen?
Langfristig ist es extrem wichtig, weil wir doch wenige Wettkämpfe haben und wenn wir mehr Wettkämpfe haben wollen, dann müssen wir auch auf die Großschanze, weil es nicht immer geht, irgendwo eine kleine und eine große Schanze zu präparieren, da wir mit den Männern zusammen reisen. Und wenn man den Sommer-Grand-Prix in Oberstdorf verfolgt hat, dann war es auch meiner Meinung nach jetzt der richtige Zeitpunkt, um mal den einen oder anderen Großschanze mit reinzunehmen. Die besten Springerinnen bei den Kombinierern sind auch nicht allzu weit weg von den besten Skispringerinnen. Man muss für die nächsten Jahre auch forcieren, damit man überhaupt noch Weltcup-Orte hat. Ansonsten wird es schwierig in Zukunft, weil auch die Skispringerinnen immer mehr den Männern angegliedert werden.
Sie haben mit Beginn des Weltcup-Zeitalters alles miterlebt. Wie hat sich die Nordische Kombination aus Ihrer Sicht entwickelt?
Sehr rasant. Wenn ich den ersten Weltcup in Ramsau 2020 und das Niveau jetzt vergleiche, dann ist es sowohl im Laufen als auch im Springen extrem schnell vorangegangen. Das hat es mir auch schwer gemacht aufzuholen, weil das ganze Feld eine gute Entwicklung hingelegt hat. Wenn man die Läufe oder auch das Springen bei der WM in Trondheim gesehen hat, dann war das gute Werbung. Es war eng beieinander und es kam im Fernsehen auch extrem gut rüber. Da hat jeder gesehen, dass die Nordischen Kombiniererinnen mittlerweile sehr gut Ski springen und langlaufen können.
Olympia-Aus für Nordische Kombi: "Will sich keiner ausmalen"
Im Sommer steht, mal wieder, eine wegweisende Entscheidung an. Das IOC stimmt darüber ab, ob die Kombination 2030 bei Olympia dabei sein darf. Wie zuversichtlich sind Sie und Ihre Mitstreiterinnen, dass das klappt?
Zuversichtlich sind alle, weil mehr als das, was in den letzten Jahren passiert ist, war nicht möglich. Man weiß aber nicht, was in den Köpfen vorgeht, die die Entscheidung treffen. Wir haben schon zweimal gedacht, dass kein Weg dran vorbeiführt und dann waren wir alle enttäuscht, als die Entscheidung kam, dass es 2026 nicht klappen wird. Deswegen bin ich vorsichtig, weil die Menschen, die das entscheiden, ein bisschen unberechenbar sind. Sie waren in Trondheim vor Ort und was ich gehört habe, waren sie auch sehr angetan. Mir würde kein Argument einfallen, warum die Nordische Kombination nicht spannend und fernsehtauglich ist. Ich drücke jedenfalls die Daumen und es hat sich jede einzelne Sportlerin verdient, diese große Plattform zu kriegen. Mich würde es wirklich schockieren, wenn es wieder abgelehnt wird und auch die Männer rausfliegen. Damit rechnet aktuell keiner und das will sich auch keiner ausmalen.
Sie haben nicht nur als Kombiniererin, sondern auch zuvor als Spezialspringerin nicht die Gelegenheit gehabt, bei Olympia dabei zu sein. Ist das für Sie schlussendlich ein unerfüllter Traum?
Ja, es hat mich lange beschäftigt. Gerade als Skispringerin, dass es zweimal so blöd gelaufen ist, dass ich mich kurz vor Olympia verletzt habe. Das war ziemlich bitter, vor allem 2018, als ich richtig gut drauf war. Gleich beim ersten Weltcup habe ich die Quali geholt und war schon fest nominiert und habe mich dann wieder verletzt und lag genau am gleichen Tag im gleichen Krankenhaus. Ich hatte vier Jahre trainiert und alle haben damals gesagt "dann eben 2018" und dann passiert einem 2018 das wieder. Und man weiß eben, das ist nichts, was nächstes Jahr oder in zwei Jahren wieder kommt, sondern erst wieder in vier Jahren und vier Jahre sind einfach verdammt lang.
Als ich dann gewechselt bin, habe ich natürlich schon ein bisschen damit geliebäugelt, dass es 2026 Olympisch wird und ich vielleicht noch einmal die Chance habe, dabei zu sein, was sich ja dann leider aber auch nicht bewahrheitet hat. In Mailand kann es wieder anders aussehen, aber 2018 und 2022 waren viele sehr enttäuscht und meinten, das war bei weitem nicht das, was sie sich erhofft hatten. Und es macht aus mir ja keinen besseren oder schlechteren Mensch, ob ich dabei war, denn letztlich ist es ein Wettkampf.
Gab es für Sie den Lernprozess, dass Sie begriffen, dass Sie nicht nur Sportlerin sind, sondern für Wettkämpfe und Gleichberechtigung kämpfen müssen?
Ja, das hatte ich auch. Als ich als kleines Mädchen reinkam, war ich mit Abstand die Jüngste. Da waren viele Erfahrene noch dabei, wie Lindsey Van, Annette Sagen, Ulrike Gräßler, die damals für mich Vorbilder waren und die haben schon extrem gekämpft und auch die ganzen Jungen mit reingezogen. Man hat von klein auf gelernt, für alles kämpfen zu müssen. Es war nie selbstverständlich, dass man Wettkämpfe hat, dass es richtige Trainingsgruppen gab, dass wir Material gekriegt haben. Man sich dann schon immer oft nicht wahrgenommen gefühlt, weil man keine Aufmerksamkeit gekriegt hat. Aber wir haben es gemacht, weil wir Spaß hatten. Und es ist schön, wenn man dann im Nachhinein drauf zurückblicken kann, wie man angefangen hat und, was sich in der Zeit getan hat und dass man einen kleinen Teil dazu beitragen konnte.
Würth entgeht Rollstuhl nur knapp: "Tagelang nicht geschlafen"
Sie haben also gelernt, wertzuschätzen was man hat. Inwieweit hat auch Ihr erster schwerer Sturz, Anfang 2014 in Russland dazu beigetragen? Sie sagten mal, dass sie nur knapp am Rollstuhl vorbeigeschrammt sind.
Der hat mich menschlich sehr geprägt, weil ich damals wusste, wie schnell sowas böse ausgehen kann. Da war ich 21 Jahre alt, lag wochenlang im Krankenhaus und musste acht Tage warten, bis jemand kam, der mich operiert hat, weil es eine komplizierte Trümmerfraktur war. Ich habe tagelang nicht geschlafen, weil ich Angst hatte, dass ich, wenn ich aufwachte, meine Beine nicht mehr bewegen kann. Das war eine sehr bittere Erfahrung, aber im Nachhinein habe ich auch gelernt, Dinge anders zu sehen, weil ich danach froh war, dass es so gut ausgegangen ist und ich überhaupt Sport machen und wieder Ski springen konnte. Es gab viele Ärzte, die gesagt haben: "Die Ski kannst du in die Ecke stellen, sei froh, wenn du auf die Beine kommst und Fahrrad fahren kannst."
Da habe ich auch gemerkt, dass ich nicht mehr so verbissen war. Wenn ich mal fünf Meter kürzer gesprungen bin, dann war es halt so. Und ich habe mich über kleine Erfolge viel mehr gefreut, weil sie für mich mehr wert waren mit der Vorgeschichte. Aber nicht nur beim Sport hat es mir weitergeholfen, sondern ich bin als Mensch dankbarer geworden. Wenn ich auf irgendwas Bock habe, dann mache ich das. Genauso war es mit der Nordischen Kombination. Ich hatte Lust drauf, das zu machen und dann war es mir egal, was die anderen sagen, ob die Sportart bei Null anfängt, oder ob mich alle dafür belächeln.
Wie haben Sie es nach diesem und auch ihrem zweiten Sturz Ende 2017 in Hinterzarten geschafft, sich wieder furchtlos die Schanzen hinunter zu stürzen?
Ich hatte die richtigen Menschen um mich herum, ein gutes Umfeld, und wurde auch in der Reha bestens versorgt. 2014 habe ich nach dem Sturz gemerkt, dass ich es psychisch nicht packte, es alleine zu bewältigen. Ich habe mir dann in Traunstein einen Psychologen, einen Mentaltrainer dazu geholt, mit dem ich bis jetzt sehr viel gearbeitet habe. Das hat mir extrem geholfen und ich habe immer die Zeit, die ich gebraucht habe, bekommen. Ich hatte immer gute Menschen um mich herum, zu denen ich Vertrauen hatte. Es ist beim Skispringen verdammt wichtig nach so einem Sturz, dass man mit den Leuten, mit denen man zusammenarbeitet, eine gute Vertrauensbasis hat. Ich habe oft auch wieder meine alten Heimtrainer daheim aufgesucht und wusste, auf wen ich mich verlassen kann und auf welchen Schanzen ich mich wohlfühle.
Klar, das kann man nicht von heute auf morgen einfach ausschalten. Man kann nicht erwarten, dass man anfängt und nach zwei Wochen wieder auf einem super Niveau springt. Manchmal ging es am Anfang extrem gut und war auch schön, aber dann kam danach ein Rückschlag. Ich habe gemerkt, dass man ein Jahr braucht, um wieder das Vertrauen und die Sicherheit zu haben und wieder an die Grenzen geht. Man kann Ski springen, dass es sicher aussieht und man jede Schanze runterkommt, aber es ist halt nochmal was anderes, wenn man dann wirklich wieder auf dieses Leistungsniveau kommen will, um im Weltcup mitzuspringen. Deswegen bewundere ich alle, die sich nach Verletzungen wieder zurückkämpfen. Wenn man selber Verletzungen durchgemacht hat, weiß man, wie mühsam das ist. Da braucht man die Zeit und die muss man sich auch nehmen.
Sie haben es nach ihrem ersten Sturz im Skisprung-Weltcup aufs Podest geschafft. Im Februar 2017 sind Sie in Ljubno Dritte geworden, hinter ihren Teamkolleginnen Katharina Althaus, heute Schmid, und Carina Vogt. Welche Erinnerungen haben Sie daran noch?
Das war schon ziemlich cool. Das hat keiner erwartet, weil keine von uns die Schanze mochte. Ich kann mich noch dran erinnern, dass ich irgendwo eine Zeitungsüberschrift gelesen habe von Carina. Da stand sinngemäß drin: "Steiler Anlauf, kurzer Tisch - in Ljubno war ich schon immer schlecht." (lacht)
Dass wir dann ein Erste, Zweite und Dritte waren, war für uns unglaublich. Auch unser Trainer Andi Bauer stand auf dem Turm und hat einfach nur den Kopf geschüttelt, weil das gar nicht passieren konnte. Und er meinte dann danach, dass er schon nach dem ersten Durchgang, als wir schon auf diesen Plätzen lagen, gehofft hatte, dass eine durchkommt. Dass aber alle drei nochmal einen guten Sprung machen und wir zu dritt auf dem Podest standen und ich zum ersten Mal, war schon was sehr Besonderes. Es ist immer das Schönste, wenn man mit Teamkollegen zusammen irgendwo auf einem Podest stehen kann und sich einfach mit den anderen zusammen freuen kann.
Mixed-Team-Gold 2017 in Lahti "mit der emotionalste Tag"
Das durften Sie kurz danach auch bei der besagten WM in Lahti mit Mixed-Team-Gold. War das der schönste Tag in Ihrer Sportlerlaufbahn?
Ja, und glaube ich auch mit der emotionalsten Tag. Gerade mit meiner Vorgeschichte. Ich hatte im Sommer davor nicht mal einen Kaderstatus und mich alleine vorbereitet, mit Hilfe der Bundespolizei in Bad Endorf. Da kam viel zusammen, weil das genau das Jahr war, in dem ich Abschlussprüfungen hatte. Einen Tag vor der Abschlussprüfung ist mein Vater gestorben. Da war ich kurz davor, alles an den Nagel zu hängen, weil ich gar keinen Kopf für Skispringen hatte. Dann war es Carina, die mit mir in der Ausbildung war und mir geholfen hat, aus dem Loch rauszukommen. Sie meinte, "komm doch ins Training, das ist gute Ablenkung" und ich dachte mir, ich habe keinen Bock auf Training und packte es vom Kopf her nicht. Letztlich war es aber für mich die beste Ablenkung. An dieser Sportschule war ich unter vielen, die mich dann doch wieder dazu motiviert haben, Sport zu machen und dranzubleiben. Und ich wusste, es könnte meine letzte Saison werden, weil ich eben keinen Kader hatte und wusste: Ein Jahr kann ich überbrücken, aber keine zwei.
Und dass ich dann überhaupt im Weltcup war und zur WM gefahren bin, war für mich gar nicht greifbar, weil ich selber gar nicht wusste, wie ich das geschafft habe. Da kam sehr viel Ich habe damals auch nicht damit gerechnet, dass ich im Mixed-Team starten darf, weil Carina und Katha eine Bank waren. Aber wir hatten diese Regelung, dass die besten zwei aus dem Einzel im Mixed-Team springen. Dann war ich plötzlich mit Platz sechs die zweite und Katha war Achte, also nur knapp hinter mir. Und dann hieß es am Abend plötzlich, dass ich starte. Da war ich richtig nervös. Ich dachte: "Jetzt kannst du es nur verkacken." Es war eine Verantwortung und ich hatte so eine Situation noch nie hatte.
Wer hat Sie in ihrer Laufbahn am meisten geprägt?
Ich kann gar nicht alle aufzählen, natürlich gehört aber Carina Vogt dazu. Sie und ich waren von klein auf zusammen unterwegs und dann in Bad Endorf bei der Bundespolizei, haben da jahrelang trainiert. Wir haben auch zusammen gewohnt in Rosenheim. Da war ich beeindruckt, weil wir uns unterwegs oft auch noch das Zimmer geteilt, aber uns nie gestritten haben. Und wir wohnen auch jetzt noch beide am Chiemsee, verstehen uns wahnsinnig gut und machen oft Sachen miteinander.
Aber auch Andi Bauer und Juliane Strähle, unsere Physiotherapeutin, die dort in Russland mit mir im Krankenhaus waren und wahnsinnig viel Arbeit geleistet haben, dass ich überhaupt aus Russland heimkomme. Andi ist mit mir mit dem Hubschrauber vom Flughafen und dann mit einem kleinen Jet nach München geflogen. Und er hat die Verantwortung übernommen, fünf oder sechs Stunden meinen Kopf zu halten, weil man wusste, es darf nichts passieren. Weil es eben eine instabile Trümmerfraktur war, hätte dazu führen können, dass ich querschnittsgelähmt bin. Und er hat aber gesagt, er macht das und Juliane geübt, wie man den Kopf am besten hält und hat den auch keine Sekunde losgelassen. Der war danach fix und fertig, weil das für ihn die schlimmste Erfahrung war, die er je gemacht hat. Aber es war umso schöner, dass wir danach dann diese Mixed-Team-Goldmedaille gewonnen haben, weil er alles miterlebt hat. Und wir haben immer noch sehr viel Kontakt, bis heute.
Zusammenhalt in der Kombi-Familie: "Das habe ich noch nie erlebt"
Sie waren schlussendlich fünf Jahre Nordische Kombiniererin. Wie blicken Sie auf diesen Abschnitt zurück?
Es hat mir Spaß gemacht und ich habe mich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt. Es gab nie einen Stillstand, was natürlich beim Skispringen davor schwierig war. Als ich dann gewechselt habe, hatte ich sehr viele Erfolgserlebnisse, weil die Fortschritte waren gerade am Anfang relativ groß waren und das motiviert einen. Dazu hatte ich ein saucooles Team! Ich habe es noch nie erlebt, dass sich ein Team untereinander so gut versteht. Das ist auch etwas sehr Besonderes aus den letzten Jahren, das ich auf jeden Fall mitnehme, weil das nicht selbstverständlich ist.
Wenn man sieht, wie die Kombiniererinnen auch nationengreifend miteinander umgehen, zeichnet das diese Sportart ja ohnehin aus.
Ja, viele Menschen fragen auch: "Versteht ihr euch wirklich so gut?" Und ich kann sagen: Es ist wirklich so. Ich finde es beeindruckend, wie alle zusammenhalten und wie gut sich alle untereinander verstehen. Es ist ein Einzelsport, aber trotzdem sind alle wahnsinnig hilfsbereit und erkundigen sich immer. Auch als ich oft krank und nicht dabei war, habe ich so viele Nachrichten gekriegt. Jeder hat sich erkundigt und wollte wissen, wie es mir geht und das fand ich auch schön. Und da merkt man, dass es nicht gespielt ist. Sicher auch, weil wir wissen, wir müssen zusammen kämpfen, um die Sportart voranzubringen.
Was war das schönste Erlebnis, das Sie aus dieser Zeit mitnehmen?
Das Podest beim Sommer-Grand-Prix war für mich etwas Besonderes, weil man dann auch mal bei einer Siegerehrung dabei sein durfte. Natürlich war die Deutsche Meisterschaft im letzten Sommer speziell. Dieser Teamsprint, weil immer alle gesagt haben, "Du musst da dranbleiben und die Nathalie Armbruster richtet das dann am Ende schon. Du bist mit der Besten in einem Team." Und dann dachte ich mir irgendwann in der zweiten Runde von drei: "Warum soll ich mich eigentlich nur darauf verlassen, dass die Nathalie das am Ende macht?" und habe mich dann so gut gefühlt und es geschafft habe, eine 15-Sekunden-Lücke zu reißen. Das hat mich im Nachhinein stolz gemacht, weil ich immer die war, die nicht laufen konnte und plötzlich war ich die, die ihr dann den Vorsprung mitgeben konnte.
Auch mein erster Start im Continental-Cup wird mir in Erinnerung bleiben. Damals war ich noch Spezialspringerin, bin ein Mal gestartet und gar nicht ins Ziel gekommen. Da dachten alle sicher, dass sie mich nie wieder sehen. Ich bin da etwas blauäugig reingegangen und habe dann festgestellt: Fünf Kilometer können wahnsinnig lang sein. Aber im Nachhinein war es ganz witzig, weil ich damit oft so aufgezogen wurde, dass ich nur 3,6 Kilometer laufen kann, aber ich habe das gut verkraftet und für mich war das dann eine Motivation. Das sind Anekdoten, die ich auf jeden Fall nicht vergessen werde. Und umso schöner war es dann nachher, dass ich eben auch mal den einen oder anderen für mich doch großen Erfolg erzielen und zeigen konnte, ich kann doch fünf Kilometer laufen.
Haben Sie schon Pläne für Ihre Karriere nach der Karriere, über die Sie sprechen können?
Wer mich kennt, weiß, dass ich ein sehr strukturierter Mensch bin und niemals irgendwas machen würde, ohne zu wissen, was kommt. Ich habe mich im Herbst über die Bundespolizei auf ein Aufstiegsstudium beim Bundeskriminalamt beworben und da jetzt vor ein paar Wochen die Zusage gekriegt. Das war für mich auch eine große Erleichterung, weil ich wusste, wenn ich jetzt aufhöre, dann habe ich direkt einen neuen Plan und weiß schon, was ich machen kann. Sonst wäre ich wahrscheinlich noch so ein bisschen in der Luft gehangen, wobei ich durch die Bundespolizei immer gut aufgefangen worden wäre.
Das Studium geht schon am 1. April los, aber das ist auch gar nicht verkehrt, weil man dann nicht allzu viel Zeit hat, sich jetzt noch Gedanken zu machen. Also es passt zeitlich gut und die Zusage kam ziemlich direkt nach Seefeld und da war ich schon sehr niedergeschlagen und schlecht gelaunt, weil irgendwie alles nicht nach Plan gelaufen ist und dann war es auch schön, eine positive Nachricht zu kriegen. Und deswegen habe ich mich dann auch so entschieden, weil ich dachte, dieses Angebot kann ich nicht ausschlagen. Vielleicht ist das ein Zeichen, dass ich jetzt ein neues Kapitel starten soll. Es gab bei der Bundespolizei auch nur zehn Plätze bundesweit und es für mich jetzt nicht selbstverständlich, dass ich da reinkomme, wenn ich mich bewerbe.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Ihre Zukunft!