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Länger als zu Beginn der Schumi-Ära

Warum Ferrari seit 17 Jahren auf einen WM-Titel wartet

Charles Leclerc und Lewis Hamilton sollen Ferrari wieder zum Fahrer-WM-Titel führen
Charles Leclerc und Lewis Hamilton sollen Ferrari wieder zum Fahrer-WM-Titel führen
Foto: © IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler
14. März 2025, 08:11

Seit 17 Jahren wartet die Scuderia Ferrari auf den Gewinn der Fahrerweltmeisterschaft in der Formel 1 - und damit noch länger als zu Beginn der Ära Michael Schumacher. Wie konnte es wieder so weit kommen? Eine Analyse.

Als im November 1995 Michael Schumachers Wechsel von Benetton zu Ferrari endlich perfekt war, waren 16 Jahre noch eine sagenumwobene Zeitspanne in der Formel 1.

16 Jahre! So lange hatte die Scuderia keinen Weltmeister mehr gestellt. Und es sollte noch weitere fünf Jahre dauern, bis Schumi dem schier ewigen Warten auf den ersten Ferrari-Champion seit Jody Scheckter 1979 endlich ein Ende setzen konnte.

Mittlerweile stehen die Roten wieder bei 17 Jahren ohne Fahrer-WM-Titel. Noch nach dem unvergessenen Herzschlagfinale von Sao Paulo 2007 schien es, als könnte Kimi Räikkönen die Erfolge der Schumacher-Ära nahtlos fortsetzen.

2008 schnappte Lewis Hamilton Felipe Massa die WM-Krone auf den allerletzten Metern weg, doch für die Roten aus Maranello sprang immerhin noch der Konstrukteurstitel heraus.

Danach kam wieder alles ganz anders. Hier kommen vier Gründe dafür - und ein Punkt, auf den nur die am Sonntag beginnende Formel-1-Saison 2025 eine Antwort geben kann.

1. Nicht nur Schumi sagte Ciao zu Ferrari

Nach elf gemeinsamen Jahren beendete Schumacher mit der Saison 2006 seine Fahrerkarriere bei der Scuderia. Es war das Ende einer noch nie dagewesenen Symbiose zwischen einem Piloten und seinem Team, in der Schumi mit fünf Fahrer-WM-Titeln von 2000 bis 2004 zum Rekordchampion der Formel 1 aufstieg.

Der Traditionsrennstall aus Maranello musste aber nicht nur den Abgang des Top-Piloten aus Kerpen verkraften. Mit Taktikgenie Ross Brawn und Chefdesigner Rory Byrne zogen sich auch die Architekten der roten Erfolgs-Ära zurück. Teamchef Jean Todt stieg 2008 zum Ferrari-CEO und ein Jahr später zum FIA-Präsidenten auf.

Zwar blieben Schumacher und Byrne dem Team zunächst in beratenden Funktionen erhalten. Nach und nach ging ihr Know-how jedoch nicht nur verloren: Es kam zunehmend der Konkurrenz zugute.

Brawn heuerte nach einem Sabbatjahr und gescheiterten Neuverhandlungen mit Ferrari als Honda-Teamchef an. Im März 2009 hob er Brawn GP aus der Taufe. Nach dem Sensations-WM-Titel 2009 und dem Verkauf des Teams an Mercedes machte der Brite keinem Geringeren als Schumacher ein Comeback als Stammpilot bei den Silberpfeilen schmackhaft.

Die Nachfolger von Todt, Brawn und Co. konnten Ferraris Erfolgsgeschichte nur kurz fortschreiben. Schon mit dem von Aldo Costa konstruierten F60 war der einst immense Technikvorsprung der Scuderia verflogen. Brawn hatte mit dem Doppel-Diffusor als Reglement-Schlupfloch neue Maßstäbe gesetzt - und offengelegt, welches Genie den Roten abhandengekommen war.

2. Chaos in der Ferrari-Führung: Die Konkurrenz enteilt

Zwar fuhr Ferrari 2010 und 2012 wieder um den WM-Titel mit und verpasste diesen jeweils nur denkbar knapp. Ersteres war aber vor allem dem fahrerischen Ausnahmekönnen eines Fernando Alonso zu verdanken.

Eine Führungsetage wie zu Schumacher-Zeiten, die geschlossen auftrat, eine langfristige Erfolgsstrategie ausgeben und technisch wie taktisch vorausdenken konnte, wurde dagegen lange Zeit vermisst. Die Testfahrtenbegrenzung setzte den Italienern, für die Schumi und Co. einst fast ganzjährig in Mugello und Fiorano auf die Strecke fuhren, zusätzlich zu.

Die Teamchefs der Nach-Schumi-Ära - Stefano Domenicali (2008 bis 2014), Marco Mattiacci (April bis November 2014), Maurizio Arrivabene (2015 bis 2018) und Mattia Binotto (2018 bis 2022) - waren überwiegend damit beschäftigt, die Versäumnisse ihrer Vorgänger zu korrigieren, meist unter immensem öffentlichen Druck.

Bei den großen Dominatoren des Hybrid-Zeitalters herrscht deutlich mehr Ruhe an der Spitze. Toto Wolff ist seit 2013 Mercedes-Motorsportchef, Christian Horner führt Red Bull gar schon seit dem Debüt 2005 als Teamchef an.

Die Anfang 2023 begonnene Ära Frederic Vasseur verspricht Besserung. Chaosrennen wie in Kanada 2024, als Charles Leclerc auf nasser Strecke mit Slicks aus der Box kam, sind mittlerweile die Ausnahme und eher auf taktische All-in-Gänge in aussichtsloser Lage zurückzuführen.

3. Ferrari setzt bei Piloten aufs falsche Pferd

Schon klar: Zu keinem anderen Formel-1-Rennstall passt die Vorstellung von zuverlässig in Chaos mündenden Arbeitsweisen wohl so gut wie zur Scuderia aus der idyllischen Kleinstadt in der Emilia Romagna. Doch wie schon zwischen 1979 und 2000, als Didier Pironi (1982), Michele Alboreto (1985), Alain Prost (1990), Schumacher (1997, 1998) und Eddie Irvine (1999) die Tifosi vom Titel träumen ließen, lief auch in den Nach-Schumi-Jahren nicht alles schlecht bei den Roten.

Viel hätte 2008 nicht gefehlt, und Ferrari hätte zwei Weltmeister innerhalb von zwei Jahren gestellt. Genau genommen fehlten Felipe Massa in Interlagos nur wenige hundert Meter, um Teamkollege Kimi Räikkönen als Champion zu beerben. Ein gewisser Lewis Hamilton überholte einen immer langsamer werdenden Timo Glock in der letzten Kurve und stürzte Brasilien in ein Tal der Tränen.

Ob Schumi-Zögling Massa eine Erfolgs-Ära bei Ferrari prägen hätte können, bleibt spekulativ. Nach seinem lebensbedrohlichen Unfall in Ungarn 2009 war er nicht mehr derselbe. Dazu trug aber auch die Scuderia bei, die den Südamerikaner trotz der großen WM-Chance 2008 nie zur fixen Nummer eins beförderte - und ihm zwei Jahre später Alonso vor die Nase setzte.

Ein legendärer Funkspruch genügte im Sommer 2010 auf dem Hockenheimring, um den talentierten Brasilianer ein für alle Mal als potenziellen Weltmeister zu demontieren: "Fernando is faster than you. You understood that message?"

Die Botschaft kam an - nicht nur bei Massa, der sich schon beim Saisonfinale 2007 einer vielbeachteten Ferrari-Order beugen musste. Damals verzichtete er zu Räikkönens Gunsten auf seinen Heimsieg in Brasilien, wurde aber immerhin noch als Königsmacher gewürdigt.

4. Ferrari zermürbt Alonso und Vettel in ihrer Prime

Dass Massa dem Finnen 2008 teamintern locker den Rang ablief, sprach indes nicht nur für ihn. Räikkönen, der spätestens mit dem WM-Titel 2007 als legitimer Erbe Schumachers bei den Roten galt, entpuppte sich zunehmend als bestenfalls mäßiger Entwicklungspilot - ein elementarer Unterschied zu seinem Vorgänger aus Kerpen.

Spätestens 2009 wirkte der "Iceman" über weite Strecken der Saison völlig demotiviert. Ferraris Absturz von Platz eins auf Rang vier der Konstrukteurswertung kam nicht von ungefähr.

Räikkönen pauschal Arbeitsverweigerung zu unterstellen, würde aber zu kurz greifen. Auch Alonso (2013) und Vettel (2020) riefen nicht mehr ihr volles Potenzial ab, als das Ende ihrer Zeit bei den Roten absehbar war.

"Das Team und ich haben gemerkt, dass es nicht mehr den gemeinsamen Wunsch gab, über das Ende dieser Saison zusammenzubleiben", ließ Vettel bereits im Mai 2020 in einer langen Mitteilung verlauten: "Mein unmittelbares Ziel ist es, meine Zeit bei Ferrari so zu beenden, dass wir noch einige schöne Momente miteinander teilen und diese zu denen hinzufügen, die wir bisher genossen haben."

Das Statement liest sich wie eine Ankündigung von Dienst nach Vorschrift - und genauso verliefen auch die letzten Monate des Heppenheimers bei der Scuderia, die mit Eigengewächs Charles Leclerc schon längst eine neue Nummer eins auserkoren hatte.

5. Wiederholt Ferrari die Fehler der Nach-Schumi-Ära?

Ferraris Geduld ist endlich: Für Teamchefs gilt das genauso wie für die Piloten. Trotzdem: Die Fahrerwahl der Italiener seit 2007 war stets schlüssig. Räikkönen krönte sich nach zwei Vizetiteln bei McLaren sofort zum Champion.

Alonso galt 2010 als stärkster Fahrer im Feld. Diesen Status hätte der Spanier ohne die verpatzte Teamstrategie von Abu Dhabi wohl ebenfalls auf Anhieb mit dem Titel unterstrichen. 2012 führte Alonso in seinem wohl bestem Ferrari-Jahr die WM souverän an, ehe er zweimal unverschuldet in Startkollisionen geriet – und sich das Blatt zu Gunsten von Red-Bull-Pilot Vettel wandte. Am Ende fehlten drei Punkte.

Vettel wiederum hatte 2017 und 2018 gute Aussichten, die 2014 begonnene Mercedes-Dominanz mit Ferrari zu durchbrechen. Doch neben wiederkehrenden Fehlgriffen der Teamstrategen war es vor allem ein Fahrfehler in Hockenheim 2018, nach dem der Vierfach-Champion aus Südhessen gebrochen wirkte. 

Ein bedingungsloser, aber zugleich geduldiger Forderer und Förderer wie Schumacher, der selbst die schlechte Laune mieser Tage dem großen Titeltraum mit Ferrari unterordnete, befand sich unter den Räikkönens, Vettels und Alonsos allerdings nicht. Auch Hamilton und Leclerc waren bisher selten um zickige Funkkommandos verlegen, wenn es schlecht für sie lief.

Dass Leclerc seit 2019 an Bord ist, spricht für eine gewisse Resilienz beim bald 28-jährigen Monegassen - und für ein Umdenken in der Ferrari-Führungsriege, die Leclerc trotz diverser laut ausgefochtener Strategie-Differenzen nie in Frage stellte.

Gleichwohl könnte nun sich die Geschichte der ersten Jahre der Nach-Schumacher-Ära wiederholen: Mit Hamilton kommt - wie Alonso 2010 - ein Fahrer, dessen Name den des etablierten Piloten bei weitem überstrahlt. Der Rummel um seinen neuen Teamkollegen könnte nun dazu führen, dass Leclerc fokussierter an sich arbeiten kann - oder dafür sorgen, dass ein anderer dem langjährigen Kronprinzen der Scuderia den Rang abläuft.

Fahrerwertung

#FahrerTeamPunkte
1AustralienOscar PiastriMcLaren324
2GroßbritannienLando NorrisMcLaren299
3NiederlandeMax VerstappenRed Bull Racing255
4GroßbritannienGeorge RussellMercedes AMG F1 Team212
5MonacoCharles LeclercFerrari165

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