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RTL-Experte Danner im Interview

Red Bull muss Verstappens "hundsgemeines Auto" fixen

Video: F1-Experte überrascht mit WM-Tipp
13. März 2025, 07:13

Die Formel-1-Saison steht vor der Tür und verspricht mit Spannung. Mit McLaren, Red Bull, Ferrari und Mercedes gibt es vier Topteams, die Sieg-Ansprüche stellen. Im Fokus: Superstar Lewis Hamilton, der mit Ferrari Rekord-Titel Nummer acht erobern will.

Im Interview mit sport.de wirft RTL-Experte Christian Danner einen Blick auf den Saisonstart in Melbourne (das Qualifying, am Samstag, ab 5:45 Uhr LIVE bei RTL), nennt seinen Favoriten und verrät, was er Hamilton in Rot zutraut.

sport.de: Nach den Eindrücken der Testfahrten in Bahrain scheint das Formel-1-Kräfteverhältnis relativ klar: McLaren vor Max Verstappen/Red Bull, etwas dahinter Ferrari und noch etwas weiter hinten Mercedes. Die Strecke in Melbourne ist aber eine ganz spezielle – könnte beim Saisonstart in Australien also alles ganz anders aussehen?

Christian Danner: Grundsätzlich sind die gleichen Vier vorne wie im Vorjahr. Melbourne ist speziell, weil es ja keine permanente Rennstrecke ist, sondern im Albert Park liegt, also eine öffentliche Straße ist. Es ist eine Strecke, die sich im Laufe des Wochenendes sehr stark verändert, was den Grip angeht. Die Teams wissen nie so genau: Habe ich das mit dem Auto jetzt für heute getroffen oder für morgen? Und vielleicht braucht man es ganz anders für übermorgen, wenn man sich den Verlauf des Grand-Prix-Wochenendes beginnend mit Freitag vor Augen hält.

Wer ist auf Basis der ersten Tests am anpassungsfähigsten für diese Melbourne-Bedingungen? Welches Auto ist der beste "Gripflüsterer"?

McLaren hat ganz klar einen Vorteil. Die Testfahrten in Bahrain waren auf einer Strecke mit unglaublich hohem Reifenabrieb. Melbourne ist das genaue Gegenteil, da ist nicht viel Reifenabrieb. Ist aber wurst: Je weniger man den Reifen verschleißt, umso besser – und da ist McLaren ganz weit vorne.

In den vergangenen Jahren schnitt McLaren Down Under allerdings immer schlecht ab. Nicht doch ein Menetekel auch für 2025?

Ich glaube nicht, denn sie sollten ihre Lektion gelernt haben aus dem letzten Jahr. Ich gehe davon aus, dass sie die gleichen Fehler nicht zweimal machen. Wenn man mit Ingenieuren und Kennern aus der Szene spricht: Der Longrun, den McLaren in Bahrain hingelegt hat, der hat allen die Augen geöffnet.

Wenn wir schon bei Referenzen sind: Ferrari hat im Vorjahr in Australien einen Doppelsieg eingefahren. Kommt die Streckencharakteristik den Roten besonders entgegen?

Der Ferrari war das gesamte Jahr ein relativ gut auszubalancierendes Auto mit einer mangelnden Spitzen-Performance. Gerade bei sich verändernden Streckenverhältnissen kann das eine positive Eigenschaft sein. Ich glaube aber, dass das die anderen nun auch hinbekommen haben.


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Lewis Hamilton scheint sich bei den Roten gut eingelebt zu haben: Was trauen Sie ihm bei seinem Renndebüt für Ferrari zu? Kann er auf Anhieb auf Leclerc-Level fahren?

Nein, ich denke nicht, dass er auf Leclerc-Level sein wird, speziell im Qualifying nicht. Sein erster Impact, den Hamilton bei Ferrari, in Italien und beim Rot-liebenden Motorsportvolk in aller Welt gemacht hat, war sehr gut. Er hat eine großartige Show hingelegt, mit etwas pathetischen Fotos, mit Bekenntnissen zu einer Wohnung in Mailand und Italienisch-Kursen. Das lieben die Tifosi, die Italiener. Lewis hat sich stolz und glücklich in dieses Gesamtbild eingefügt. Er hat es fürs Erste sehr, sehr gut gemacht, ist unglaublich positiv aufgenommen und als neuer Sohn der Ferrari-Familie gefeiert worden.

Hält die Euphorie?

Mit den ersten Ergebnissen wird sich das verändern. Das war bei Sebastian Vettel nicht anders. Er ist auch Italienisch sprechend eingestiegen, hat schnell gewonnen, ehe die Realität einsetzte. Bei Fernando Alonso war es genauso. Aber die Nachhaltigkeit macht’s. Und da sehe ich eine ganz schwere Aufgabe vor Lewis Hamilton.

Danner: Schon Vettel wurde von Leclerc "abmontiert"

Vettel, Alonso, früher auch Nigel Mansell oder Alain Prost: Ferrari hat schon viele Superstars und Weltmeister verschlissen. Hat Hamilton irgendwas, was die nicht hatten, was ihm zum Erfolg verhelfen könnte?

Außer seinem charismatischen Ego und seiner Historie eigentlich nicht. Ein siebenmaliger Weltmeister ist natürlich eine Hausnummer. So einen hatte Ferrari noch nie, abgesehen von Michael Schumacher, den sie selbst gemacht haben. Aber einen so dekorierten Champion, der da hinkam, das gab es noch nicht. Man darf allerdings nicht vergessen, dass es auch in Italien genügend Leute gibt, die der Meinung sind, es wäre viel gescheiter gewesen, Carlos Sainz zu behalten, der ja nun weiß Gott nicht schlecht performt hat.

Es ist eine der spannendsten Fragen der Saison, gerade auch für die Zuschauer bei RTL, wie das ausgeht. Ferrari kennt man, Hamilton kennt man und es geht auch um den Schumacher-Rekord. Noch teilt er sich den Status als Rekordweltmeister ja mit Michael.

Mit Blick auf die jüngere Geschichte ist auch der Vergleich zu Sebastian Vettel spannend. Der wurde 2019/20 bei der Scuderia von Charles Leclerc …

… (grätscht dazwischen) der wurde abmontiert.

Leclerc hat also das Potenzial zum Weltmeister-Fresser. Traust du ihm das auch gegen Hamilton zu?

Absolut. Vettel weiß ganz genau, was Leclerc mit ihm angestellt hat.

In italienischen Medien hieß es, Hamilton habe sich telefonisch sogar bei Vettel gemeldet, um sich den ein oder anderen Rat einzuholen. Kann man sich doch direkt vorstellen oder?

Auf jeden Fall, ich hätte es an seiner Stelle auf jeden Fall gemacht. Nur ich hätte nicht angerufen, sondern wäre am Bodensee vorbeigefahren und hätte mit ihm ein Tässchen Kaffee getrunken.

Red Bull braucht "gutmütiges" Auto

Kratzen wir die Kurve zu Max Verstappen. Da ist der Tenor, dass nur er mit McLaren mithalten kann wegen seiner fahrerischen Extraklasse. Wie ist die Lage bei Red Bull?

Sie haben mit Liam Lawson einen Rookie, der noch etwas Grün hinter den Ohren ist, neben Verstappen, der erwiesenermaßen der beste Pilot im Feld ist. Es kommt jetzt ganz darauf an, ob dieses Auto wieder so hundsgemein schwierig zu fahren ist – ich betone: hundsgemein schwierig zu fahren ist –, oder ob das etwas angenehmer wird, sodass man nicht ständig befürchten muss, abzufliegen. Davon hängt auch ab, inwieweit Verstappen und Lawson einigermaßen auf Augenhöhe fahren.

Was man bisher hört: Verstappen und Lawson sagen, das Auto ist recht gutmütig. Die Frage ist: Ist es schnell genug? Hat es tatsächlich, auch wenn es schwierig zu fahren sein sollte, genug Abtrieb? Bekommt es das Ingenieursteam hin, ein Auto hinzustellen, dass nicht so gemein ist und Performance hat? Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn die Performance da ist, ist auch Lawson bei der Musik und dann hat Verstappen auch über das gesamte Jahr hinweg eine WM-Chance. Wenn nicht, muss Verstappen auf seine Genialität hoffen und dass die anderen patzen. Aber die "anderen" sind recht viele – und die haben dazu gelernt.

Von Liam Lawson haben Sie eine hohe Meinung – auch weil er eine besondere Mentalität hat.

Einen Neuseeländer kann man überall auf der Welt aussetzen, der kommt immer klar. Wenn die nicht solche Überlebenskünstler wären, wenn sie als Jugendliche von Neuseeland nach England kommen und Formelsport betreiben, hätten sie keine Chance. Das ist etwas anderes als von Italien nach Frankreich zu ziehen oder von England in die Schweiz. Ich glaube, Lawson hat dazu noch einen speziellen Charakter. Ich entschuldige mich dafür, dass mir jetzt kein Hochdeutsch einfällt, aber ihn kann man am besten so beschreiben: Der scheißt sich nichts! Lawson ist furchtlos, hat keine Angst, sich mit jemandem anzulegen, auch nicht, wenn derjenige Max Verstappen heißt.

Fehlerquote der Formel-1-Rookies wird interessant

Wir sind bei den Rookies angekommen: 2025 haben wir fünf Neulinge im Feld. Vor ein paar Jahren hieß es immer wieder, in der Formel 1 sei kein Platz mehr für Neueinsteiger. Hat sich der Trend umgekehrt?

Jein. Fast alle jungen Fahrer, die wir so gesehen haben, haben zwar durchaus eingeschlagen und waren schnell, damit ist aber noch nicht gesagt, dass sie so gut sind, wie sein müssten. Man darf nicht unterschätzen, dass die Fehlerquote bei einer der Entdeckungen der Vorsaison, bei Franco Colapinto, doch recht groß war. Es wird interessant zu verfolgen, wie die Fehlerquote bei den Rookies sein wird und da meine ich nicht eine Fehlerquote wie etwa bei Mick Schumacher, bei dem das Auto immer total zerstört war, sondern ganz allgemein.

Wie viele Fehler macht ein Kimi Antonelli zum Beispiel im Mercedes? Wie viele Verbremser? Wie viele Fehler macht er beim Reifenmanagement? Wie viele Dreher legt er hin? Wie viele Überholmanöver gehen in die Hose? Und auch wie viele Unfälle baut er? Die Hardcore-Karte unter den Rookies hat dabei ganz klar Gabriel Bortoleto gezogen, weil der Sauber einfach langsam ist.

Apropos Sauber: Das Team hat ein Übergangsjahr vor sich, ehe es 2026 als Audi-Werksteam an den Start geht. Wie ist dieses deutsche Projekt aufgestellt?

Ich bleibe da unemotional bei den Fakten: Das Auto vorletztes Jahr war schlecht und langsam. Das Auto letztes Jahr war schlecht und langsam. Was könnte dort passiert sein, dass es 2025 besser geht? Alle Beteiligten, vom Chefkonstrukteur abwärts sind die gleichen, nur das Management hat sich geändert. James Key, der Mann, der die letzten beiden Autos gebaut hat, ist immer noch der, der verantwortlich zeichnet. Wenn er nicht irgendwo geklaut oder was Besonderes gefunden hat, wird das Auto wieder nicht gut sein. Ich habe noch nichts gesehen, was mich da optimistisch stimmen würde.

Und mit Blick auf 2026?

Wenn man bedenkt, dass alle Teams seit Januar das 26er Auto entwickeln, würde ich gerne wissen, was bei Audi Hoffnung macht, dass das Auto besser wird als das, was sie jetzt haben. Die Personalstruktur ist die gleiche, es sei denn, es gab irgendeinen Geheimtransfer.

Bleibt nur die Hoffnung, dass der neue Audi-Motor unter dem neuen Reglement ein absoluter Volltreffer wird …

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Audi-Triebwerk ein brutal guter Motor wird, ist überschaubar. Das Projekt war bisher furchtbar schwierig und zäh – das wird auch so bleiben.

Zurück zum Saisonstart: Wie lautet Ihr Tipp fürs erste Rennen?

Doppelsieg McLaren.


Zur Person:

Christian Danner (66) schaffte 1985 mit dem Gewinn der Formel-3000-Europameisterschaft den Sprung in die Formel 1. Bis 1986 fuhr er in der Königsklasse für mehrere kleine Teams und errang bei 36 Grand-Prix-Starts vier WM-Punkte. Danach fuhr er in der US-amerikanischen IndyCar-Serie und avancierte zum ersten deutschen Rennfahrer, der in Formel 1 und IndyCar Punkte holte. In der DTM gewann Danner zwischen 1988 und 1996 fünf Rennen, 1997 zog er sich aus dem Motorsport zurück. Von 1998 bis 2022 kommentierte der Bayer an der Seite von Heiko Waßer die Formel 1 bei RTL. Danner arbeitet als TV-Experte und Fahrsicherheitstrainer. Hier geht es zu Christian Danners Instagram-Profil, auf dem er regelmäßig Beiträge zur Königsklasse postet.

Fahrerwertung

#FahrerTeamPunkte
1GroßbritannienLando NorrisMcLaren357
2AustralienOscar PiastriMcLaren356
3NiederlandeMax VerstappenRed Bull Racing321
4GroßbritannienGeorge RussellMercedes AMG F1 Team258
5MonacoCharles LeclercFerrari210

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