Für Marc Márquez sind die Chancen auf den Titelgewinn in der MotoGP nach dem Aufstieg ins Ducati-Werksteam so gut wie lange nicht mehr. Doch das interne Duell bei den Roten birgt Konfliktpotenzial.
Reifen an Reifen, dicht an dicht. Auf der Rennstrecke kann es schon mal scheppern, auch zwischen Teamkollegen, Marc Márquez sieht das entspannt.
"Wenn man zwei Hähne im Alter von 22 oder 25 Jahren in denselben Stall steckt, ist das schlecht", sagte der Spanier zuletzt zum anstehenden MotoGP-Duell mit Francesco Bagnaia bei Ducati, "aber er ist 27 und ich bin 32. Pecco ist ein Gentleman, er ist ruhig."
Márquez, einst Serienweltmeister in der Königsklasse des Motorradsports, hat sich nicht immer wie ein Gentleman verhalten. Etwa als er 2015 in Sepang die italienische Legende Valentino Rossi ausbremste, der revanchierte sich mit einem Tritt, wurde bestraft und warf damit die Chance auf seinen zehnten WM-Titel weg. Bis heute ist er sauer, "nie war jemand so schmutzig", sagte der "Doctor" noch lange nach dem Vorfall.
Wenn Márquez die Rennkombi und das Visier schließt, ist er gnadenlos, manche sagen: rücksichtslos. Unnachgiebig fightet der frühere Dominator um Positionen, um Siege. Deshalb ist er so erfolgreich, deshalb ist er so gefährlich für andere und für sich. Oft überdreht Márquez, oft landet er im Kies. Und hier liegt sein Problem.
"Marc ist entweder top oder es läuft etwas schief", sagte der bislang letzte deutsche MotoGP-Pilot Stefan Bradl einmal über seinen früheren Honda-Kollegen. Márquez sei "einfach auch ein Arschloch auf dem Motorrad". Es war allerdings keine rein negativ gemeinte Aussage.
Márquez peilt das Podium an
Nach einem Jahr beim Kunden-Rennstall Gresini - er wurde WM-Dritter - ist Márquez bei Ducati ins Werksteam aufgestiegen, bekam den Vorzug vor Champion Jorge Martín, der zu Aprilia ging. Der Neue hat nun unbestritten das bestmögliche Material, die Chancen auf seine siebte Krone in der MotoGP und die neunte insgesamt sind so gut wie lange nicht.
Dass sich die Roten aus Bologna für Márquez und damit gegen dessen Landsmann Martín entschieden, überraschte so manchen im Paddock. Denn Martín und der Italiener Bagnaia, MotoGP-Weltmeister von 2022 und 2023, verstehen sich prächtig. Beide fuhren früher in einem Team, behandelten sich stets respektvoll, auch wenn es um alles ging.
Ducati riskiert den Knall. Das wissen die Verantwortlichen um Rennchef Gigi Dall'Igna, doch sie wissen eben auch, dass Marc Márquez verdammt schnell sein kann. Er "spüre den Druck", sagte dieser kurz vor dem Saisonstart am Wochenende in Buriram/Thailand. "Aber das mag ich."
Sein Ziel für den Sprint am Samstag und das Hauptrennen am Sonntag (beide 09:00 Uhr) ist klar. "Ich würde gern aufs Podium kommen. Aber ich weiß, dass ich starke Gegner und einen sehr starken Teamkollegen habe. Wenn ich gegen Pecco kämpfen kann, heißt das, dass ich um den Titel kämpfe. Er ist der Fahrer, den es zu schlagen gilt."