Die Biathlon-Weltmeisterschaft 2025 in Lenzerheide (12. bis 23. Februar) verspricht zwölf hochspannende Rennen, in denen auch die deutschen Skijägerinnen und Skijäger Medaillen gewinnen wollen.
Wie präsentiert sich Franziska Preuß in der Schweiz? Wie schlagen sich die deutschen Staffeln? Und gibt es zum Karriere-Abschluss von Johannes Thingnes Bö die nächsten Festspiele? Drei Thesen werden vor dem Start der Biathlon-WM in der sport.de-Redaktion eifrig diskutiert.
These 1: Franzi Preuß räumt gnadenlos ab
Gerrit Kleiböhmer: Keine Frage, Franziska Preuß reist als eine der Top-Favoritinnen zur Biathlon-WM. Die Gesamtweltcupführende der laufenden Saison hat sich den allergrößten Respekt verdient, auch ihre Konkurrentinnen haben sie allesamt auf dem Zettel. Doch krönt sie ihre bisherige Laufbahn in Lenzerheide mit einer ersten Einzelgoldmedaille? Das ist die große Frage.
Preuß konnte den Oberhof-Ausrutscher (Platz 28 im Sprint, Platz 20 in der Verfolgung) zum Jahresauftakt zwar mit guten Auftritten in Ruhpolding (zweimal Zweite) und Antholz (zweimal Dritte) vergessen machen. Um Gold einzusammeln, muss aber nicht nur ein perfektes Rennen her. Es müssen vor allem auch die bärenstarken Französinnen sowie die Schwedin Elvira Öberg schwächeln. Meine Prognose: Preuß räumt ab, aber leider keinen Einzel-WM-Titel.

Martin Armbruster: Widerspruch! Wenn man sich anschaut, wie konstant Preuß in dieser Saison in allen Disziplinen abliefert, wäre ein Einzel-Titel nur der logische Lohn ihrer harten Arbeit. Preuß lässt sich in diesem Winter nicht beirren und wird in Lenzerheide früher oder später zubeißen und mindestens einmal Gold abräumen.
Christian Schenzel: Eine (oder auch mehr als eine) Medaille holt sie sicher. Punkt. Sie ist in diesem Jahr einfach zu gut, um in vier Rennen nicht auf dem Podest zu landen. Gold ist dabei natürlich auch möglich. Sollten Jeanmonnot, Öberg oder auch Braisaz-Bouchet ausgerechnet am Renntag ein perfektes Rennen aus dem Hut zaubern, wird's aber eng. Jeanmonnot hat es selbst gesagt: Ihre guten Rennen sind besser als die von Preuß. Alles hängt davon ab, wer wann die 100 Prozent abliefern kann. Fest steht für mich: Wenn Franzi ihr Maximum nicht abrufen kann, dann reicht's auch nicht zu Gold. Wenn doch, hat sie sehr gute Chancen.
Marc Affeldt: Wenn man bedenkt, wie unglaublich konstant Franziska Preuß im Saisonverlauf abgeliefert hat, darf der zweiten Einzel-WM-Medaille, zehn Jahre nach dem ersten Streich, eigentlich gar nichts im Weg stehen - ob es für mehr reicht, bestimmt die Konkurrenz.
Während Preuß den vielleicht besten Winter ihrer Karriere in den Skiern hat, gibt es durchaus eine Reihe Athletinnen, die die eigenen Erwartungen früh an den Nagel hängen mussten. Elvira und Hanna Öberg oder die Französinnen Julia Simon und Justin Braisaz-Bouchet mussten die Hoffnung auf das Gelbe Trikot recht früh begraben, konnten sich so aber auch erlauben, in der Knochenmühle-Weltcup nicht immer ans Limit zu gehen und den Fokus auf die WM zu legen. Ein Umstand, der sich in der Vergangenheit nicht selten als riesiges Plus erwies.
These 2: DSV holt mindestens zwei Staffel-Medaillen
Gerrit Kleiböhmer: So hoch kann und darf die Erwartungshaltung an das deutsche Biathlon-Team nicht sein. Zwei Medaillen bei vier Staffel-Rennen - das wäre ein sensationeller Erfolg. Zum Vergleich: Im letzten Jahr in Nove Mesto waren die Franzosen die alles dominierende Nation, gewann sogar drei der vier Wettbewerbe. Die Équipe Tricolore ist damals wie heute in der Breite aber einfach deutlich besser besetzt - was nicht heißt, dass die DSV-Staffeln gar keine Chance haben! Gerade die deutschen Frauen dürfen den Sekt schon mal kaltstellen.
Christian Schenzel: Diesmal Widerspruch von mir! Zwei Staffel-Medaillen müssen das Ziel sein. Klappt das? Das hängt ganz von den Männern ab, denn sind wir ehrlich: Sie sind in diesem Winter leider die Schwachstelle des Teams. Die Frauen holen ihr Edelmetall und werden auch in den Mixed-Wettbewerben stark sein. Es liegt an den Männern, die sicher kommende Steilvorlage auch zu verwerten.
Martin Armbruster: Deutschland ist Biathlon-Nation und muss den Anspruch haben, bei jedem Staffelrennen das Stockerl zu erklimmen. Beim Frauen-Quartett stellt sich eher die Frage nach der Farbe des Edelmetalls, aber auch die Herren dürfen sich nicht kleiner machen als sie sind, sondern müssen selbstbewusst auftreten. Bedenkt man, dass es noch zwei Mixed-Staffel-Rennen gibt, sind zwei Medaillen aus vier Wettkämpfen keineswegs zu hoch gegriffen.
Marc Affeldt: Deutschland ist Biathlon-Nation, logisch. Das sind Schweden, Italien, Norwegen und Frankreich allerdings auf jeden Fall auch - und die Stars dieser Nationen werden es den Deutschen extrem schwer machen. Klar, die Frauen-Staffel ist favorisiert, die Herren müssen allerdings schon einen sehr guten Tag erwischen, was sich auch in den Mixed-Wettbewerben als Stolperstein erweisen könnte. Wenn die Frage nach "mindestens zwei Medaillen" im Raum steht, lautet meine Antwort eindeutig: Es werden maximal zwei Staffel-Medaillen.
These 3: Bö-Festspiele zum Ende
Christian Schenzel: Gegen den vielleicht Besten aller Zeiten zu wetten, wäre schon sehr mutig. Ein Nove Mesto oder auch "Böberhof" 2.0 sehe ich aber nicht. Bö kann in dieser Saison auf der Strecke noch eine, aber keine eineinhalb oder auch zwei Strafrunden mehr zulaufen. Holt er mindestens eine Goldene? Ja. Werden es mehr? Da habe ich Zweifel.
Martin Armbruster: Der langjährige Imperator der Skijäger wird zum Ende nochmal alles aus sich rausholen und in Lenzerheide ein Feuerwerk abbrennen. Ich prophezeie nicht weniger als einen Gold-Hattrick des Norwegers.
Gerrit Kleiböhmer: Johannes Thingnes Bö ist alles zuzutrauen - auch vier WM-Titel bei seinen letzten Festspielen. Ja, dem Norweger hat man in diesem Winter den absoluten Killer-Instinkt nicht mehr in jedem Rennen angesehen. Doch kurz vor dem Karriere-Ende die Biathlon-Konkurrenz abzuhängen, wird ihm Motivation genug sein. Bö wird wieder Bö-Dinge machen.
Marc Affeldt: 20 Gold-, 15 Silber- und 5 Bronze-Medaillen: So lautet die bisherige Karrierebilanz von Johannes Thingnes Bö bei Biathlon-Weltmeisterschaften. Beim letzten Großereignis seiner beeindruckenden Karriere wird der 31-Jährige diese Ausbeute auf jeden Fall noch einmal weiter aufpolieren. Ob es wie 2023 und 2024 drei goldene Einzel-Medaillen werden, mag ich bezweifeln, mit den Staffeln sind Bö drei Titel aber locker zuzutrauen.




