Denise Herrmann-Wick gehört zu den erfolgreichsten deutschen Biathletinnen des letzten Jahrzehnts. 2022 wurde sie Einzel-Olympiasiegerin in Peking, 2023 folgten zum Karriereende noch einmal drei WM-Medaillen (einmal Gold, zweimal Silber) in Oberhof. Im zweiten Teil des großen sport.de-Interviews räumt die 36-Jährige exklusiv mit Spekulationen über ein mögliches Comeback auf und spricht über ihr großes Glück als junge Mutter sowie ihre neuen Leidenschaften abseits der Langlauf-Loipen.
Frau Herrmann-Wick, Sie sind dann als TV-Expertin für das ZDF vor Ort in Lenzerheide. Wie nah sind Sie während der Wettkampftage noch dran an ihren ehemaligen Kolleginnen und Kollegen?
Denise Herrmann-Wick: Man hat schon noch Kontakt zu denen, mit denen man selbst auch noch gelaufen ist. Ansonsten haben sie auch selbst alle genug zu tun. Ich weiß noch genau, wie das ist. Da bist du schon unter Strom und passt gut auf, nicht krank zu werden und direkte Kontakte etwas zu vermeiden. Mal schauen, vielleicht klappt es mal mit der einen oder anderen lockeren Einheit zwischen den Rennen. Aber ich bin vor Ort ebenso gut eingespannt und den ganzen Tag im Stadion unterwegs.
Wie nehmen Sie selbst denn die großen Höhepunkte des Jahres abseits von Schießstand und Loipe wahr? Juckt es da nicht selbst noch manchmal in den Händen und Füßen?
Es hat mir wirklich bis zum letzten Moment super viel Spaß gemacht, zumal ich auch jetzt noch sehr gerne Langlaufen gehe. Klar habe ich auch hier und da Momente, in denen ich denke: Es wäre schon cool, mal wieder einen Wettkampf zu laufen. Aber ich bin auch einfach sehr froh, 2023 so einen schönen Abschluss für mich gefunden zu haben. Immer mal wieder vor Ort dabei zu sein und sogar mal den einen oder anderen Intervall mit den ehemaligen Kollegen zu machen, macht schon Spaß. Aber ich möchte auch nicht mehr so viel unterwegs sein.
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Wenn man da ganz vorne mitmischen will, ist das nochmal eine ganz andere Nummer. Ich weiß, was das alles mit sich bringt. Gerade jetzt mit meiner Familie wäre ich nicht mehr bereit, so viel Zeit zu opfern. Ich glaube schon, dass man gut zurückkommen könnte, wenn man das wollte. Aber es ist auch schön vom Streckenrand und alles ist gut, so wie es ist.
Also nur einmal nachgehakt: Das Potenzial wäre bei Ihnen also noch da, noch einmal aktiv in den Weltcup zurückzukehren?
Vorab, bei mir gibt's definitiv kein Comeback! Jeden Monat, den man vom Karriereende weg ist, wird es noch einmal härter. Nach der Geburt war es schon mal ein Thema in den Medien. Komme ich noch mal zurück? Kann ich das schaffen? Andere machen es vor und ich bin auch überzeugt, dass ich da auf ein gutes Level zurückfinden könnte. Ein bisschen was mache ich ja schon, aber ich kann natürlich nicht mehr nur annähernd in dem Umfang trainieren, in dem ich als aktive Athletin trainiert habe.
Anastasiya Kuzmina hat es ja nach mehreren Jahren Pause nochmal probiert. Da hat man schon gesehen: Es ist schon noch was möglich, aber vielleicht nicht mehr auf dem Level, auf dem es mal war.
Im April 2024 sind Sie erstmals Mutter geworden, schrieben damals auf Instagram: "Wir freuen uns auf eine chaotisch schöne, aufregende, neue, erfüllte Zeit zu Dritt!" Wie aufregend und chaotisch waren die vergangenen Monate denn tatsächlich für Sie und ihren Mann Thomas?
Es ändert sich natürlich grundlegend sehr viel. Da mussten wir erst einmal unsere neue Struktur finden. Die Verantwortung, die man da auf einmal hat als Eltern, ist schon verrückt. Aber klar: Wir haben für uns selbst unseren Rhythmus gefunden und haben uns da eingelebt. Jeder Tag ist aufs Neue spannend und schön, aber auch anstrengend. Wir kriegen es als Familie aber sehr gut hin.
Meine Kleine ist jetzt auch in der Schweiz mit dabei und erlebt auch schon ein bisschen was. In Ruhpolding und Antholz war sie auch schon mal mit dabei. Immer mal an einem Tag, es soll ja auch nicht zu viel werden. Aber wir versuchen schon, sie da mit einzubeziehen. Und sie findet es auch total spannend, wenn etwas Gewusel um sie herum ist.
Sie haben sich außerdem sehr aktiv beim Wandern, auf Ski-Rollern oder beim Joggen gezeigt. Was sind seit Ihrem aktiven Karriereende ihre größten Leidenschaften geworden?
Ich war schon froh, dass wir zuletzt ein bisschen Schnee hatten und versuche dann, auf den Skiern unterwegs zu sein. Am Anfang habe ich schon auch gerne laufend oder gehend den Kinderwagen geschoben. Jetzt mit der Kleinen in der Trage mal in Richtung Berge zu gehen, ist schon schön. Am Anfang weiß man mit Kind noch nicht so genau: Wieviel geht da noch? Wie kann man die eigenen Interessen noch verfolgen? Aber es macht alles sehr viel Spaß zusammen. Und von Oma und Opa gibt es auch die Unterstützung. Mal schauen, ob die Kleine dann auch mal Lust haben wird, zu wandern und diese Leidenschaft zu teilen. Wir werden es erleben.


