Der alpine Skisport erlebt in seinen Speed-Disziplinen aktuell eine echte Sicherheitskrise. In nahezu jedem Rennen gibt es eine schwere Verletzung zu beklagen. Selbst für einen wie Hermann Maier, der in seiner aktiven Zeit kaum ein Risiko scheute, ist der Sport heute "reine Brutalität".
Alexis Pinturault brach sich beim Super-G in Kitzbühel das Knie, der Franzose Cyprien Sarrazin lag nach seinem Trainingssturz in Bormio im künstlichen Koma und Aleksander Aamodt Kilde konnte nach seinem schweren Sturz in Wengen im Vorjahr gar nicht erst an der Saison teilnehmen - die Geschichte der schweren Verletzungen ließe sich gefühlt unendlich lang fortsetzen.
Der Hauptgrund für die krasse Zunahme an Verletzungen liegt wohl an den technischen Entwicklungen - da ist man sich im Ski-Zirkus letztlich einig. Karbonschienen am Unterschenkel, extrem steife Skischuhe und die messerscharfen Kanten der Skier erlauben immer höhere Geschwindigkeiten.
Ski Alpin: "Du fährst, bis es irgendwann aus ist"
Kein Vergleich zu früher sagt einer, der es wissen muss: Hermann Maier, zweimaliger Olympiasieger und vierfacher Sieger des Gesamtweltcups, ist der Sport heute zu brutal.
"Mit solchen Traversen fährst du, bis es irgendwann aus ist", sagte der Österreicher im Interview mit "Sport Bild". "Für die brauchst du überhaupt kein Gefühl, sondern reine Brutalität."
In seiner aktiven Zeit war es vor allem der US-Amerikaner Bode Miller, der beim Material an die Grenzen ging, wie sich Maier erinnerte: "Der hat ganz dicke Ski verwendet. Die waren wie Eisenbahnschienen. Ich wusste zwar genau, dass die schnell sind, aber wenn ich mit denen fahre, reißt irgendwann einmal was."
Maier: "Das geht sich einfach nicht aus"
Maier selbst überstand trotz teils spektakulärer Abflüge wie bei der Olympia-Abfahrt 1998 in Nagano seine Ski-Karriere ohne schwere Verletzungen. Seine Karriere stand einmal vor dem Aus - das lag aber an einem privaten Motorradunfall und keinem Sturz im Weltcup.
Das hohe Risiko, das die Athleten heute in Kauf nehmen versteht er nicht. "Man muss auch einmal ein Tor anrutschen. Wenn dir dein Leben was wert ist, dann muss man nicht überall bis zum Äußersten gehen. Das geht sich einfach nicht aus", so Maier.
Der 52-Jährige hofft auf Sicherheitsverbesserungen: "Es wird in diese Richtung schon sehr viel überlegt. Da rauchen momentan die Köpfe." Maier weiß aber auch: "Man wird die Gefahr niemals zur Gänze aus dem Skirennsport eliminieren. Das ist eben kein Computerspiel."

