Super Bowl LIX steht und wirft seine Schatten voraus. Doch auch am Championship Sunday sahen wir erneut ein wenig zu viel von den Zebras in der NFL. Der Tush Push funktioniert nicht für jeden und Howie Roseman wird erneut für eine grandiose Offseason belohnt.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg liefert jede Woche seine Erkenntnisse des zurückliegenden NFL-Wochenendes.
Schiedsrichter erneut mittendrin
Die Chiefs stehen zum dritten Mal in Serie im Super Bowl und erneut hat es die NFL geschafft, sich in Person ihrer Schiedsrichter und sogar dem Replay-Center in New York kräftig einzumischen. Beim 32:29 über die Buffalo Bills gab es einmal mehr zwei monumentale Plays, bei denen ich nicht weiß, wie man da jeweils zugunsten der Chiefs entscheiden konnte. Und beide führten letztlich zu Touchdowns der Chiefs.
Das erste war dieser kuriose Catch von Xavier Worthy und enger Bewachung von Bills-Safety Cole Bishop an der 4-Yard-Linie. Spektakulär sah es in jedem Fall aus, doch bei genauerer Betrachtung könnte man durchaus zu zwei Erkenntnissen kommen. Variante a) Das war überhaupt kein Catch von Worthy, vielmehr war es eine Interception Bishop, der mit den Ball auf den Boden geht. Dann entriss ihm Worthy natürlich den Ball, weshalb er ihn anschließend hatte. Dennoch entscheidet sich in der Regel nicht nach dem Landen auf dem Boden, wer den Ball hat. Vairante b) Es war weder ein Catch noch eine Interception, denn man könnte argumentieren, dass sich der Ball beim Bodenkontakt bewegt, was gemeinhin dann eine Incompletion bedeutet.
Entsprechend warf Sean McDermott die Challenge Flag, nur um dann aus New York zu hören, dass man einfach all diese Eindrücke des Videobilds ignorierte und das Play so stehen ließ, wie es die Schiedsrichter auf dem Feld entschieden haben. Wenig später lief Patrick Mahomes zum Touchdown.
In der zweiten Hälfte dann folgte das Play, das letztlich das Spiel klar in die Richtung der Chiefs lenkte. Bei 4th&1 in der gegnerischen Hälfte versuchten die Bills einen von etlichen Sneaks und auch wenn es knapp war, hatte einer der Schiedsrichter den Ball am Marker gesehen, was ein 1st Down bedeutet hätte - beim Stand von 22:21 zugunsten der Bills wohlgemerkt. Der andere Schiedsrichter jedoch vermutete den Ball zu kurz und nach kurzer Diskussion wurde beschlossen, dass das der bessere Call wäre. Turnover on Downs.

Schiedsrichter sorgen für 14-Punkte-Swing
Alles klar? Nein, denn erneut präsentierten uns die TV-Bilder mehrere Einstellungen, darunter eine von oben aus der Sky Cam, die dann doch relativ klar zeigten, dass der Ball in Allens Armen die Line to Gain zumindest kratzte. Regeltechnisch war das also ein 1st Down. Erneut ließ sich New York davon nicht beirren und entschied auf Ballbesitz Chiefs, die darauf zum vorentscheidenden Touchdown marschierten. Wäre es anders ausgegangen, hätten die Bills sogar auf 8 oder gar 9 Punkte davon ziehen können bei weiterem erfolgreichen Verlauf ihres Drives.
Das soll nun wahrlich keine Ausrede für die ganzen Defizite der Bills sein - dazu gleich mehr! -, aber wenn man durch äußere Einfluss einen Swing von bis zu 14 Punkten herbeiführt, dann wirft das kein gutes Licht auf das gesamte Schiedsrichterwesen und auf die NFL an sich. Wir diskutieren schließlich schon seit jeher über die mitunter latente Bevorteilung Kansas Citys. Und die derartigen Stimmen werden nun sicher nicht leiser werden.
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Der Tush Push der Eagles ist das beste Play im Football
Darauf aufbauend müssen wir über das Play-Calling und die Play-Designs der Bills reden. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, wie oft sie im Spiel in Kansas City mit dem QB-Sneak, der gemeinhin als Tush Push bezeichnet wird, kläglich gescheitert sind. Und noch erstaunlicher ist es, wie oft sie ein und dasselbe Play verwendeten. Während dieses Play in der Regel straight forward geht, nahm sich Josh Allen den Ball immer erst leicht zurück, ehe er dann versuchte, über den Left Guard vorwärts zu kommen. Spätestens beim zweiten Mal wussten die Chiefs, was kommt, und stoppten es relativ leicht.
Allen ist einer der größten und robustesten Quarterbacks der NFL, wie kann es da sein, dass er so unfähig erscheint, den Ball aus einem Yard oder weniger durch die Mitte zu rammen? Sein einziger erfolgreicher Sneak gelang, als er gewissermaßen über den Center flog und dabei dann auf dem Weg gen Boden beinahe noch einen Fumble verlor - mitten im Feld sollte man sowas nicht versuchen, an der Goal Line dagegen macht dies Sinn, weil das Play dann mit Kratzen der Line beendet ist.
Die Philadelphia Eagles hingegen zeigten auch gegen die Commanders, wie gut und kaum zu stoppen - einmal gelang es den Commanders, allerdings an der 2-Yard-Linie - ihr Brotherly Shove doch ist. Dieses Play ist nahezu automatisch mit der Offensive Line der Eagles. Und das selbst dann, wenn Backup-Center Landon Dickerson ran muss, um den Weg zu ebnen. Die Bills hätten diese Konstanz gebraucht, um in Kansas City endlich mal zu bestehen, wenn es zählt.
Allerdings, und das sei auch gesagt, bleibt eben auch die Erkenntnis, dass die Bills in ihren entscheidenden Situationen einfach nie das richtige Play hatten. Man denke an den hilflosen Goal Line Fade, auf den dann allerdings wohl das beste Play mit der Orbit-Motion von Shakir folgte, als Allen dann bei 4th Down Curtis Samuel in der Endzone fand. Doch allein die 2 vergebenen Two-Point-Versuche sprachen Bände.
Unterm Strich bleibt die Erkenntnis: Das Grundprinzip, um die Chiefs zu schlagen, ist es, sich nicht selbst zu schlagen. Doch das haben die Bills mit besagten Plays geschafft. Hinzu kam der unruhige Start, bei den Allen locker zweimal eine Interception hätte werfen können. Oder die Drops von Samuel und ganz am Ende Dalton Kincaid. So stehen Allen und die Bills nun bei 0-4 gegen die Chiefs und das Loser-Image bleibt ihnen treu.
Howie Roseman wird schon wieder belohnt
Die Eagles dominierten das NFC Championship Game gegen die Washington Commanders (55:23) teilweise nach Belieben und es wurde einmal mehr deutlich, wie gut die vergangene Offseason aus Sicht der Eagles eigentlich war.
Beginnen wir im Draft. Dort zog General Manager Howie Roseman in Runde 1 Cornerback Quinyon Mitchell aus Toledo. Jener schaltete Wide Receiver Terry McLaurin weitestgehend aus - sein Touchdown-Catch kam unter der Bewachung von Darius Slay. Mitchell dominierte McLaurin wie schon in der Regular Season und fing am Ende auch noch eine Interception.
In Runde 2 zog Roseman dann Cornerback Cooper DeJean, der erneut einen starken Tag erwischte, mehrere Pass Breakups verzeichnete und auch ein sicherer Tackler war. Und in Runde 4 fand Roseman Running Back Will Shipley. Bevor dieser am Ende den letzten Drive übernahm, für insgesamt 77 Yards und einen Touchdown lief, erzwang er früher im Spiel einen Fumble beim Kickoff-Return und drückte dem Spiel schon damit seinen Stempel auf.
Der beste Neuzugang der Eagles war bekanntermaßen aber natürlich Saquon Barkley, der einmal mehr das Spiel übernahm und drei Touchdowns erzielte. Er brauchte nur ein Play im Spiel, um Philly per 60-Yard-TD-Run in Front zu bringen, der Rest war dann fast nur noch Zubrot. Ihn holte Roseman vom Division-Rivalen New York Giants, die es bis heute bereuen dürften, ihn haben ziehen zu lassen.
Und dann wäre da natürlich noch Linebacker Zack Baun, der eigentlich als Special-Teamer in New Orleans bekannt war, aber keinesfalls als Starter bei einem Super-Bowl-Team. Baun spielte eine überragende Saison und führte sein Team gegen Washington in Tackles an, war auch in Pass Coverage stark und hatte einen Tackle for Loss.
Das war nur der Schnelldurchlauf und auch nur diese vergangene Offseason. Roseman jedoch zeigte mit diesem Retooling einmal mehr, wie wichtig ein guter General Manager für ein erfolgreiches Team sein kann.
Erster Ausblick auf Super Bowl LIX
Baseball-Legende Yogi Berra würde nun sagen: "It's Déjà-vu all over again!" Wie schon in der 57. Auflage des Super Bowls treffen in New Orleans in knapp zwei Wochen die Kansas City Chiefs auf die Philadelphia Eagles. Und erneut sehen die Eagles wie das (deutlich) besser besetzte Team aus. Doch schon damals war es eng und am Ende - Schocker! - waren es die Herren in den Footlocker-Hemden, die sich zur Crunchtime ins Geschehen einmischten, um das Spiel in die Richtung der Chiefs zu lenken. Damals war die Marschrichtung offenkundig, Holding im Passing Game weitestgehend zu ignorieren. Doch just wenige Minuten vor Schluss warf man diesen Plan über den Haufen und bestrafte damals James Bradberry, was die Chiefs dann in Position brachte, die Uhr herunter zu spielen und das Field Goal zum Sieg zu kicken.
Angesichts der ersten zwei Playoff-Spiele der Chiefs in diesem Jahr wäre es nun keine Überraschung, sollten wir einen ähnlichen Verlauf nochmal erleben.
Doch abgesehen davon wird es vor allem spannend zu sehen, wie die Chiefs das Run Game der Eagles angehen werden. Gegen die Bills entstanden phasenweise größere Lücken in diesem Bereich. Auch wird die Interior Defensive Line der Eagles eine große Herausforderung. Wie sie selbst wissen, ist Inside Pressure gegen jeden Quarterback eine Waffe. Und Jalen Carter ist womöglich nach Chiefs-Star Chris Jones der beste Inside Rusher der NFL.

Auf der anderen Seite haben die Eagles-Cornerbacks gezeigt, dass sie gegnerische Receiver aus dem Spiel nehmen können. Das wiederum rückt dann Mahomes und vor allem Travis Kelce in den Mittelpunkt. Werden sie die Lücken in Vic Fangios Zone finden oder zeigen Baun und die Safetys einmal mehr, wie "rangy" sie sein können?
Und: wer setzt sich durch im Duell zwischen Cornerback Trent McDuffie und Wide Receiver A.J. Brown? Die Chiefs spielen viel Man Coverage, Brown wiederum schlägt Man Coverage - kein QB hat zudem mehr Touchdowns in dieser Regular Season gegen Man geworfen als Hurts (12).
Ihr seht, es kann ein richtig guter Super Bowl werden. Besonders dann, wenn nur elf gegen elf spielen.




































