Die frühere deutsche Spitzenturnerin Kim Bui erhebt schwere Missbrauchs-Vorwürfe gegen den Deutschen Turnerbund und den Bundestützpunkt Stuttgart.
In einem Interview mit dem "stern" kritisiert sie ein System, das Sportlerinnen über Jahre "manipuliert, erniedrigt und kaputt gemacht" habe. "Es betrifft den gesamten Turnsport in Deutschland." Und viele Verantwortliche hätten sich gegenseitig geschützt.
Bui, die für Deutschland an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teilnahm, trainierte selbst mehr als zwanzig Jahre lang in Stuttgart. Gegenüber dem "stern" sagte sie, mit den aktuellen Berichten zahlreicher Turnerinnen könne man die Probleme nun nicht mehr Einzelfälle abtun.
Tatsächliche stehen ihre Aussagen in einer Reihe öffentlicher Äußerungen ehemaliger und aktiver deutscher Kunstturnerinnen, die seit Tagen die Turnwelt erschüttern. Sie berichten von Essstörungen, Schmerzmittelmissbrauch, Straftraining, Drohungen und Demütigungen im deutschen Profiturnen, insbesondere am Bundesstützpunkt Stuttgart.
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Als aktive Turnerin sei es schwierig, den psychischen Missbrauch zu erkennen, sagte Bui dem "stern". "Man ist noch so jung, man sieht die Ergebnisse, die Trainingsmethoden scheinen den Trainern rechtzugeben, also hinterfragt man nicht. Man verinnerlicht, dass man als Sportlerin den Mund zu halten und zu funktionieren hat." Bui forderte nun "arbeitsrechtliche Konsequenzen".
Turnen: Stellungnahme von DTB und STB
Der Deutsche und der Schwäbische Turnerbund (DTB und STB) haben mit einer gemeinsamen Stellungnahme auf die Vorwürfe der Turnerinnen reagiert.
Man sei "betroffen über die zahlreichen Äußerungen von Turnerinnen". Sämtliche Beschwerden und Hinweise seien ernstgenommen worden. So habe man noch vor Weihnachten "vorläufige personelle Konsequenzen" gezogen.
Allerdings müsse nun, nach der Kritik mehrerer Turnerinnen, "selbstkritisch die Sinnhaftigkeit und der Erfolg der bislang eingeleiteten Maßnahmen grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt werden".
Kim Bui, Jahrgang 1989, gehörte 17 Jahre lang zur deutschen Turn-Nationalmannschaft und trainierte am Bundesstützpunkt Stuttgart. Sie nahm an zahlreichen Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teil. 2022 verabschiedete sie sich aus dem aktiven Sport.
2023 erschien ihr Buch "45 Sekunden. Meine Leidenschaft fürs Turnen – und warum es nicht alles im Leben ist." Seit 2024 ist sie Mitglied der IOC-Athletenkommission.
