Skispringer Karl Geiger ist beim Auftakt der Vierschanzentournee in Oberstdorf eine fulminante Aufholjagd gelungen. In seiner sport.de-Kolumne teilt er die Emotionen und blickt voraus auf dem Springen in Garmisch-Partenkirchen.
Der Blick geht weit ins Oberstdorfer Tal, die schneebedeckten Berge kurz vor dem Sonnenuntergang nur noch Konturen – man sitzt auf dem Balken und unten in der Arena schreien über zwanzigtausend Fans Deinen Namen.
Wenn man die Augen verbunden bekäme, würde man allein an der Geräuschkulisse auf Oberstdorf tippen: Auftaktspringen der Vierschanzentournee, auf das wir im Team alle hingefiebert haben.
Es war ein hochklassiges Springen mit vielen weiten Sprüngen und es war der erwartete Zweikampf Deutschland gegen Österreich. Man konnte in der Vergangenheit immer wieder beobachten, dass das Niveau und die Leistungsdichte steigt, wenn an der Schattenbergschanze zum Auftakt der Vierschanzentournee abgelassen wird. Es scheint einfach ein stimulierender Moment für die Springer zu sein, wenn das Spektakel über vier Schanzen hinweg beginnt.
Das Niveau steigt und es wird einem kaum ein Fehler verziehen; so ging es mir zunächst im ersten Durchgang, wo ich etwas zu spät den Absprung fand und mich als Quittung gleich mal auf Platz 18 wiederfand. Ich bin bei mir geblieben, habe mich dadurch nicht aus der Ruhe bringen lassen und konnte dann im 2. Durchgang einen sehr guten und weiten Sprung zeigen- mein Lohn: der Jubel der Massen.
Und dann begann meine persönliche Party in der Leader-Box. Ich hatte wirklich weit vorgelegt und kletterte nun von Rang zu Rang; mit jedem gut gemachten Platz wurde der Jubel lauter und ich habe es schlicht genossen.
Zehn Plätze Aufholjagd schlugen schließlich zu Buche: 8. Platz. Damit waren die selbst gesteckten Ziele, bei der Tournee mit einer Top-Ten-Platzierung zu starten erfüllt! Der Aufwärtstrend aus Engelberg bestätigte sich.
Respekt zollen muss man den Österreichern, dominierten sie bereits mit den Plätzen 1-5 die Qualifikation, haben sie nun auch das Podest vollständig in rot-weiß gefärbt und überwanden ihre unterschwellige Angst vor der Schattenbergschanze.
Pius Paschke konnte seine Qualitäten auch wieder rüberbringen und liegt nun mit mir zusammen auf Lauerstellung. Diese Tournee wird spannend werden, man spürt jetzt schon die Eigendynamik, die uns alle auf dieser Schanzenreise erfassen wird.
Um vorne zu bleiben, muss man fehlerlos bleiben und dieser Anspruch ist eine Herausforderung für die körperliche und die mentale Verfassung.
Vor diesem Hintergrund freuen wir uns auf den nächsten Halt des Tourneezuges in Garmisch, wo die zweiter, deutsche Heimschanze mit einem ebenso unterstützenden Publikum steht.
Die Koffer sind gepackt, die Ausrüstung verstaut und die nächsten Sprünge sind fest im Blick!
Herzliche Grüße
Karl Geiger