Alexander Usyk bleibt das Maß aller Dinge im Schwergewichtsboxen. Tyson Fury wittert Betrug - natürlich.
Tyson Fury betrat den Boxring in Riad wie der Weihnachtsmann persönlich, mit rot-weißem Mantel, Rauschebart und zu den Klängen von Mariah Careys "All I Want For Christmas Is You". Doch konsequent war der Showman mit dem satten Punch in seiner Rolle nicht: Nach der nächsten Niederlage gegen Schwergewichts-Alleinherrscher Alexander Usyk echauffierte sich Fury über angebliche "Weihnachtsgeschenke" für seinen ukrainischen Widersacher. Der selbsternannte Gypsy King witterte Betrug.
"Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich diesen Kampf gewonnen habe, mit mindestens drei Runden Vorsprung", tönte Fury nach der einstimmigen Niederlage nach Punkten und stichelte gegen Usyk: "Es lag Weihnachtsstimmung in der Luft. Ich glaube, er hat von den Kampfrichtern Weihnachtsgeschenke bekommen." So sei das eben, haderte der Brite: "Wenn du den Gegner nicht ausknockst, ist der Sieg nicht garantiert."
Auch Promoter Frank Warren, der gerne einen dritten Kampf der beiden vermarkten würde und dem hierzu ein Fury-Sieg dienlich gewesen wäre, bezeichnete die Entscheidung der Kampfrichter als "verrückt".
Usyk: Fury ist mein bester Freund
Usyk aber gab nicht viel auf das Gerede und bezeichnete Fury süffisant als seinen "besten Freund". Einer, der zwar "viel redet", doch das sei "nur Show". Und Warren? "Onkel Frank ist blind, ein verrückter Mann", erklärte Usyk (37), der seine WM-Gürtel der Verbände WBA, WBO und WBC erfolgreich verteidigte.
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Tatsächlich war das zweite Aufeinandertreffen binnen sieben Monaten zwischen Fury und dem ukrainischen Volkshelden, dem Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj via Telegram aus der Ferne und Wladimir Klitschko aus nächster Nähe gratulierten, keine glasklare Angelegenheit - am Ausgang des gutklassigen Kampfes in der Kingdom Arena gab es aber wenig zu deuteln.
116:112 werteten alle drei Ringrichter, die BBC experimentierte mit einem KI-Richter, der ein 118:112 für Usyk sah. 35 Treffer mehr notierte der Computer für Usyk, der flink auf den Beinen war. Fury, 25 kg schwerer als sein Gegner, schlug häufiger, aber auch oft daneben.
Fury lässt Zukunft offen
Wie geht es nun weiter, das ist die ewige Frage nach einem Duell dieser Güteklasse. Doch noch ein dritter Kampf? Wenn ja, wäre dann angesichts der beiden Usyk-Siege nochmal eine Börse von insgesamt 150 Millionen Dollar drin? Fury ließ wie so oft seine Zukunft offen. "Wir reden im nächsten Jahr darüber", sagte der siebenfache Vater, der erst mal mit der Familie Weihnachten feiern will.
Furys britischer Landsmann Daniel Dubois, der den von Usyk im Sommer niedergelegten IBF-Gürtel hält, forderte den Champion noch im Ring zum Duell. Der Reiz für den Ukrainer läge darin, sich diesen Titel wiederzuholen.
Ein Kampf Usyks gegen Idol und Landsmann Klitschko (48), der mit einer einmaligen Rückkehr in den Ring liebäugelt, erscheint zwar aus Vermarktungssicht attraktiv, ist angesichts der engen Verbindung der beiden aber unwahrscheinlich.
Eigentlich, möchte man meinen, hat Usyk ohnehin keine Gegner mehr. Seit 2020 hat er zweimal Fury, zweimal Joshua sowie je einmal Dubois und Derek Chisora geschlagen, sein Kampfrekord ist makellos mit 23 Siegen in 23 Kämpfen.
Usyk hatte bereits vor dem Fight für den Siegfall mit einer Rückkehr ins Cruisergewicht geliebäugelt, wo er einst ebenfalls unangefochtener Champions gewesen war. Es wäre ein Schlag für das Schwergewicht, die Königsklasse des Boxens.
