Sam Darnold spielt eine herausragende Saison bei den Minnesota Vikings und führte das Team bereits vorzeitig in die NFL Playoffs. Anschließend allerdings scheint ein Abgang des Quarterbacks unausweichlich, obwohl er eine Weiterbeschäftigung verdient hätte.
Als vor dem Start der Saison die Meldung die Runde machte, dass Rookie-Quarterback J.J. McCarthy die komplette Saison aufgrund einer Knieverletzung verpassen würde, gingen rund um Minnesota die Alarmsirenen an. Eine weitere verlorene Saison drohte, nachdem man bereits im Vorjahr nach nur wenigen Spielen Quarterback Kirk Cousins mit einem Achillessehnenriss verloren hatte und kein wirklicher Ersatz in Sicht war.
In diesem Jahr war die Sachlage eine andere. Zunächst sei daran erinnert, dass McCarthy ohnehin nicht als Starter zum Saisonstart vorgesehen war. Man wollte ihm alle Zeit der Welt geben, sich in der NFL zu akklimatisieren und sich ans dortige Tempo zu gewöhnen. Ein Grund dafür war, dass er in seinem so erfolgreichen letzten Jahr in Michigan kaum selbst mal gefordert war angesichts des starken Run Games und der Defense unter Head Coach Jim Harbaugh.
Und dennoch trendete McCarthy schnell in die richtige Richtung und es war damit zu rechnen, dass er eher früher als später von Platzhalter Sam Darnold übernehmen würde. Bis seine Meniskusverletzung dies unmöglich machte.
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NFL: Ein Jahr San Francisco wirkt Wunder für Darnold
Sam Darnold stand somit als Starter fest. Jener Sam Darnold, der als einstiger Erstrundenpick der New York Jets auf ganzer Linie enttäuscht hatte und schon als Draft Bust abgeschrieben war. Was jedoch für ihn sprach: Er verbrachte das vergangene Jahr in San Francisco unter Kyle Shanahan, dessen Offensiv-Scheme dem von Vikings-Head-Coach Kevin O'Connell sehr ähnlich ist. Und dieses Jahr in der Bay Area hat Darnold offenkundig gut getan.
Zweifelsohne hat ihm dieser Erholungsurlaub im Vergleich zu seinen drei Jahren in New York und zwei bei den Panthers enorm geholfen, denn was Darnold in der laufenden Saison spielt, ist schlicht sein mit Abstand bestes Jahr in der NFL. Egal, welche Statistik man raussucht, man wird ziemlich sicher Karrierebestwerte finden. Besonders bemerkenswert ist, dass er schon nach 14 Spielen 29 Touchdowns auf dem Konto hat. Sein bisheriger Höchstwert waren 19 (2019).
Und: Mit einem weiteren Sieg hätte er schon nach Woche 16 den Rekord von Peyton Manning (Denver 2012) und Steve McNair (Baltimore 2006) für die meisten Siege eines Quarterbacks im ersten Jahr mit einem neuen Team eingestellt. Letzteres bedeutet derweil, dass die Vikings immer noch im Rennen sind, nicht nur die NFC North zu gewinnen, sondern auch den Top-Seed der NFC-Playoffs zu ergattern. Hier liegt man gleichauf mit den Eagles und Lions mit einer 12-2-Bilanz. Die nächste Bewährungsprobe steht für die Vikings bereits am Sonntag beim Gastspiel bei den Seattle Seahawks an (So., 22:05 Uhr live bei RTL und um Stream auf RTL+*)
In den Wettbüros in Vegas haben die Vikings nun sogar die sechsthöchste Chance, den Super Bowl zu gewinnen. Ein Szenario, das vor Saisonbeginn fast ausgeschlossen schien.
| Saison | Team | Spiele | Yards | TD | INT | Rating | EPA |
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| 2024 | Vikings | 14 | 3530 | 29 | 11 | 104,9 | +34,7 |
| 2023 | 49ers | 6 | 297 | 2 | 1 | 85,1 | -3,3 |
| 2022 | Panthers | 6 | 1143 | 7 | 3 | 92,6 | +21,6 |
| 2021 | Panthers | 12 | 2516 | 8 | 13 | 70,9 | -86,0 |
| 2020 | Jets | 12 | 2208 | 9 | 11 | 72,7 | -99,6 |
| 2019 | Jets | 13 | 3024 | 19 | 13 | 84,3 | -34,7 |
| 2018 | Jets | 13 | 2865 | 17 | 15 | 77,6 | -46,0 |
Darnolds Erfolg Fluch und Segen für die Vikings
Für die Vikings ist diese Aussicht allerdings Fluch und Segen zugleich, denn auf der einen Seite ist es in jedem Fall schon mal die zweite Playoff-Teilnahme für O'Connell im dritten Jahr. Zum anderen aber wirft gerade Darnolds Rolle in alledem große Fragen für die nahe Zukunft auf.
Darnold hat nur einen Vertrag bis Saisonende, was also macht man mit ihm darüber hinaus? Hat er sich etwa nicht festgespielt und als Starter dieses Teams etabliert? Hat er nicht die Chance verdient, auch in Zukunft diese Vikings-Offense anzuführen? Die beste Antwort auf diese Fragen ist sicherlich: es ist kompliziert.
TV-Experten aller Networks in den USA sind sich einig, dass Darnold die Zukunft in Minnesota gehören sollte. So viel steht fest. Doch die Vikings scheinen da anderer Meinung zu sein. "The Athletic" hat kürzlich einen nicht genannten Offiziellen eines anderen NFL-Teams mit den Worten zitiert: "McCarthy ist ihr Mann. Die TV-Typen denken, dass sie verrückt sind, Darnold gehen zu lassen, aber jene haben nicht die gleiche Überzeugung bezüglich McCarthy, die die Vikings haben."
Und das ist der Knackpunkt. Die Vikings sehen in McCarthy ihren Quarterback der Zukunft. Sie kennen zwar auch nur das, was er im Training gezeigt hat und die Highlight-Schnipsel aus nichtssagenden Preseason-Spielen. Aber sie sind sich offenbar sicher, dass McCarthy ihre Zukunft ist. Und wenn man sich so sicher ist, dann muss man auch darauf vertrauen.
Vikings 2024 keine Eintagsfliege?
Riskant ist diese Herangehensweise dennoch. Darnold hat dieses Team bereits vorzeitig in die Playoffs geführt. Egal, wie weit es noch geht, hat er damit das geschafft, was man von einem Franchise-Quarterback verlangt. Und es war auch kein glücklicher Zufalls-Run wie etwa 2022, als man trotz einer 13-4-Bilanz gerade mal eine Punktedifferenz von -3 aufwies und fast folgerichtig an den 9-7-1-Giants im Wild Card Game scheiterte. In diesem Jahr stehen die Vikings bei +117 - nur drei Teams sind ligaweit besser.
Die Chance ist also gegeben, dass die Vikings von einem möglichen Pro-Bowl-QB zu einem unerprobten Rookie wechseln, der womöglich die Erwartungen nicht erfüllt beziehungsweise von Anfang an einen schweren Stand hat, weil der dann lange Schatten des erfolgreichen Vorgängers beim ersten Rückschlag sofort zum Vorschein kommen und alles verdecken könnte.
Doch wenn die Überzeugung der Vikings zu McCarthy so groß ist wie gedacht, dann wird sie dieses Risiko nicht vom Weg abbringen. Dann jedoch rückt die Frage in den Vordergrund, wie man mit Darnold weiter vorgeht. Lässt man ihn einfach ziehen und hofft auf einen Compensatory Pick im Draft 2026? Oder nimmt man das Heft des Handelns in die eigene Hand?
Letzteres würde bedeuten, McCarthy per Franchise Tag zu halten. Nicht mit der Absicht, ihn tatsächlich zu behalten, aber eben der Chance, ihn zu traden und etwas besseres als einen zukünftigen Dritt- oder Viertrundenpick zu bekommen. Die Möglichkeit dazu bestünde jedenfalls. Nimmt man wie "OverTheCap" eine Salary Cap von 272,5 Millionen Dollar für 2025 an, dann hätten die Vikings derzeit rund 63 Millionen Dollar an effektivem Cap Space - der fünfthöchste Wert der NFL.

Franchise Tag für Darnold?
Der Franchise Tag für Quarterbacks könnte im kommenden Jahr bei rund 41 Millionen Dollar liegen - es wäre also genug Cap Space zur Verfügung, um Darnold kurzfristig zu halten und ihn dann zu traden. Angesichts der weitverbreiteten Verzweiflung in der Liga auf der Quarterback-Position dürfte es dann sicherlich das eine oder andere interessierte Team geben. Speziell, wenn man bedenkt, wie gut ähnliche Reklamationsobjekte wie Geno Smith oder Baker Mayfield - oder Darnold selbst - in der jüngeren Vergangenheit funktioniert haben.
Was einen möglichen Preis angeht, sollte man wohl realistisch mit einem Zweitrundenpick und mehr kalkulieren, ein Erstrundenpick scheint hingegen schwer vermittelbar, wenn man Darnolds erste fünf Jahre in der NFL betrachtet und an den Preis denkt, den sein nächster Vertrag erfordern wird.
Eine generelle Vertragsverlängerung zwischen Darnold und den Vikings scheint hingegen ausgeschlossen. Warum genau sollte Darnold beim Team bleiben, wenn dieses offenkundig mit McCarthy als Starter plant? Mit 27 Jahren ist Darnold schließlich noch sehr jung für einen QB, der schon sieben Jahre in der NFL aktiv ist. Sollte er tatsächlich auch bei seinem nächsten Team überzeugen, wäre er endgültig zur verlässlichen Größe aufgestiegen.
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