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sport.de-Kolumne von Florian Regelmann

Tipp zur Darts-WM: Deutscher Wahnsinn?! Du spinnst doch!

Martin Schindler geht als deutsche Nummer eins in die Darts-WM im Ally Pally
Martin Schindler geht als deutsche Nummer eins in die Darts-WM im Ally Pally
Foto: © IMAGO/Ian Stephen
15. Dezember 2024, 08:41
sport.de
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In seiner sport.de-Kolumne beleuchtet Florian Regelmann Themen, die ihn umtreiben, begeistern oder aufregen. Diesmal geht es um die Darts-WM und ein Tipp-Duell mit DAZN-Kommentator Adrian Geiler.

Also wenn ich mir ein Sportevent aussuchen müsste, das man am schlechtesten vorhersagen und tippen kann, dann ist es die Darts-WM! Habt Ihr gesehen, was in der Darts-Welt in den vergangenen Monaten alles passiert ist? Und Ihr wisst doch, dass gefühlt jeder Star, der nicht den Vornamen Luke hat, entweder halb oder sogar komplett außer Form ist! Aber egal, ich tippe jetzt die Darts-WM durch. 

Und weil ich es nicht alleine machen will, schaue ich mal, was der Kollege Adrian Geiler so tippt. Der junge Mann ist inzwischen Deutschlands bester und leidenschaftlichster Darts-Kommentator. Mit niemandem würde ich unsere WM-Tipps lieber besprechen. Also los!

Ich starte mit einer Prognose und einer Frage an Adrian, bei der wir uns sofort einig werden. "Du hast doch auch Peter Wright sofort gegen Wesley Plaisier rausgetippt, oder?" "Ja, klar! Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Egal, wer auf Wright trifft, das kann auch Ryusei Azemoto sein, ich würde auch auf ihn tippen. Peter Wright ist aktuell wahrscheinlich für 70 von 95 möglichen Gegner schlagbar, so hart muss man das sagen." Es ist wirklich erschreckend, dass da fast jeder Name als potenzieller Snakebite-Gegner hätte stehen können, wir hätten fast immer gegen ihn getippt.

Gut, beschäftigen wir uns als Nächstes mit einem großen Teil des WM-Tipps. Was machen die Deutschen? Und jetzt wird es tatsächlich wild, wahnsinnig und sehr kontrovers. Ihr müsst Euch entscheiden, Team Geiler? Team (völlig naiver!) Optimismus? Oder Team Regelmann? Team Pessimismus?    

Wahnsinn oder Debakel? Wie weit kommen die Deutschen?

Adrian schockt mich direkt in der ersten Runde, weil er einfach alle Deutschen in Runde zwei einziehen lässt. Also nicht nur Ricardo Pietreczko gegen Zong, da gehe ich natürlich mit, sondern auch Kai Gotthardt (gegen Alan Soutar), Florian Hempel (gegen Jeffrey de Zwaan) und Niko Springer (gegen Scott Williams). Ich sage: Sorry, aber die verlieren alle in Runde eins. Und dabei mag ich alle und sehe durchaus, dass alle drei das Potenzial haben, die Bühne zu rocken. 

Aber ich glaube einfach, dass Soutar im Ally Pally zu abgezockt und zu erfahren ist für den Debütanten Gotthardt. Ich glaube, dass Hempel ein knappes Ding gegen de Zwaan verliert. Und ich glaube auch, dass Scott Williams mit seiner Bühnen-Aura für Springer eine absolut verheerende Auslosung ist. Ich hätte Springer gegen ganz viele sofort weitergetippt, ich glaube, dass Springer in den nächsten fünf Jahren die deutsche Nummer eins sein wird, aber ich kann da nicht gegen Scott Williams tippen. Es könnte aber auf jeden Fall das Match der ersten Runde werden, bei dem beide über 100 im Average spielen.

"Hör mir zu, Flo. Kai Gotthardt ist ein Typ, der für eine große Bühne gemacht ist. Der will das, der liebt das. Und bei Soutar waren die letzten Spiele Grütze. The Tunnel kann das gewinnen. Flo Hempel ist für mich der deutsche Ritchie Edhouse. Wenn es ein Deutscher außerhalb der Top 32 bei einem Major weit bringen kann, dann Hempel. Er hat in diesem Jahr wieder einen Schritt nach vorne gemacht. Und dann kommen wir zu Niko Springer … Der Junge lässt mich nicht mehr los. Dieser Typ hat etwas ganz Besonderes. Er ist vielleicht das größte Talent der letzten zehn Jahre."

Adrians Optimismus hört aber nicht nach der ersten Runde auf. Es gibt hier und da zwar Ansätze von Realismus wie Pietreczkos Ausscheiden in Runde zwei gegen Gian van Veen (alles andere wäre aber auch Wahnsinn nach der Saison) oder Gotthardts Scheitern an Stephen Bunting, aber dieser Realismus findet schnell seine Grenzen und wird durch großen Mut ersetzt. 

Dass Gabriel Clemens in Runde zwei Niels Zonneveld schlägt, sehe ich auch anders, wenn ich an Zonnevelds starke Auftritte zuletzt denke, aber okay, das kann man schon machen. Aber kann man mit Niko Springer und Martin Schindler zwei Deutsche ins Viertelfinale tippen? Und dazu noch Hempel ins Achtelfinale nach Siegen über Daryl Gurney und Jonny Clayton? Ja, kann er. "Du spinnst doch, mein Freund!"  

Luke Littler vs. Niko Springer im Viertelfinale!

"Niko Springer spielt im Training einen First Nine Average von 130, 140. Der trainiert jetzt mit Martin Schindler zusammen, eine super Kombi, die sich gegenseitig pushen wird. Ich reite den Niko-Springer-Hypetrain komplett. Ich sehe da großes Upset-Potenzial, der kann Rob Cross raushauen. Und er kann danach auch van Veen raushauen. Da kommt es ihm entgegen, dass er weiß, dass er ihn schon auf der Jugendtour geschlagen hat und auch da nicht in Ehrfurcht erstarren wird. Und dann trifft er bei mir auf Cameron Menzies. Da war ich dann ein bisschen in der Bredouille und musste ihn nochmal weitertippen, das geht nicht anders. Da hat Niko einfach auch das bessere Nervenkostüm. Erst gegen Littler ist es dann vorbei." 

Während Adrian also deutschen Darts-Wahnsinn prognostiziert, war ich haarscharf dran, alle Deutschen vor Runde drei schon rauszuschmeißen. Alle! Im Endeffekt ist das nur daran gescheitert, dass ich nicht auf Callan Rydz tippen kann.

Deshalb steht bei mir Schindler als einziger Deutscher in der Runde der letzten 32, verliert aber dann gegen Dimitri van den Bergh, weil ich auf der großen Bühne tatsächlich mehr Vertrauen in den Belgier habe. Dimi hat phasenweise so unter dem Hund gespielt, dass man viel eher auf Schindler setzen müsste, aber Dimis Major-Jahr 2024 war richtig stark. Mein Gefühl sagt mir, dass er auch eine gute WM spielen wird.  

"Bei Schindi war zuletzt das Pensum das Problem. Es war einfach alles zu viel, da war er etwas überfordert mit allem, wie er ja auch selbst gesagt hat. Sein Manager hat mal einen guten Satz über ihn gesagt. Er lernt die Dinge nicht immer besonders schnell, aber er lernt sie dafür richtig. Das fand ich sehr passend. Die Pause vor der WM wird ihm extrem guttun, ich sehe ihn auch einen tiefen Run hinlegen und den nächsten Entwicklungsschritt machen."

Was mich ja aber schon fasziniert: Adrian ist komplett on fire bei den Deutschen, lässt dann aber Clemens in Runde drei an RICKY EVANS scheitern. Der arme Gaga. "Bei Gaga fehlt mir die Konstanz in den großen Momenten, deshalb glaube ich nicht, dass es allzu weit geht dieses Mal. Er hatte Pech mit Auslosungen in diesem Jahr, aber er darf jetzt auch nicht alles darauf schieben, sonst wird er die Höhen, die er schon mal erreicht hat, nicht mehr erreichen. Er muss auch verstehen, dass er die großen Momente besser ausnutzen muss. Dass er es grundsätzlich kann, zeigt er ja immer wieder."

Wir halten fest: Bei den Deutschen könnten wir nicht weiter auseinander liegen, aber je weiter wir uns im Turnierbaum Richtung Finale vorarbeiten, desto größer wird die Einigkeit. Fangen wir mit der vergleichsweise einfachen oberen Hälfte im Tableau an. Wir beide sehen ein Viertelfinale zwischen Luke Humphries und Mike De Decker, wir beide sehen natürlich (wie jeder andere auf der Welt auch) ein Halbfinale der beiden Lukes. Und wir beide sehen dann Humphries im Finale. 

Einigkeit beim Weltmeister: Wieder Luke Humphries! 

Zwei Punkte dazu: Es ist schon bemerkenswert, wie überzeugt wir beide von De Decker sind, dass wir ihn in einem nicht einfachen Teil des Draws beide klar im Viertelfinale sehen und eben keinen Bunting, Heta oder wiedererstarkten van Duijvenbode. De Decker ist für uns beide tatsächlich "The Real Deal", mit einer Viertelfinal-Teilnahme sollte er dann auch sein Premier-League-Ticket verdient und sicher haben.

Obwohl diese ganze Premier-League-Diskussion noch mal ein Kapitel für sich wäre in puncto Teilnehmer, Format und Zukunft. Adrian schlägt zum Beispiel eine Erhöhung auf 16 Spieler vor, was ich durchaus interessant finde. Hier soll es jetzt aber um die WM gehen.  

"Ich bin sehr, sehr beeindruckt von Mike De Decker. Von seiner Zielstrebigkeit, natürlich von der Scoring Power, aber auch vom Umgang mit schlechteren Spielen. Der Junge wird sich in der Spitze etablieren, das sieht man. Der hat nicht Angst vorm Gewinnen, der hat Bock aufs Gewinnen."

Neben De Decker müssen wir natürlich noch thematisieren, warum wir Humphries beide gegen Littler gewinnen lassen. Und um es vorwegzunehmen, warum wir glauben, dass Humphries seinen WM-Titel erfolgreich verteidigen wird.

"Ich glaube, dass Konstanz manchmal Explosivität schlägt. Gerade über die lange Distanz. Humphries kann Littler 15-Darter ohne Ende um die Ohren klatschen, ohne Ende. Ich bin überrascht davon gewesen, wie schnell alle Leute auf den Littler-Zug rübergesprungen sind und gesagt haben, dass er jetzt der beste Spieler der Welt ist, nur weil Humphries nach ewigen Zeiten mal ein paar schwächere Majors hatte. Der Typ hat davor über zwölf Monate alles wegrasiert, er ist der beste erstmalige Weltmeister seit MvG. Aber Littler ist halt shiny, das ist Humphries nicht, auch wenn er für mich so viel an Persönlichkeit gewonnen hat. Der weiß ja, dass viele gerne eine andere Nummer eins hätten, aber das juckt ihn so gar nicht. Humphries ist wahrscheinlich jetzt schon einer der zehn größten Spieler der Geschichte. Ich glaube, dass er der Erste seit Gary Anderson sein wird, der den WM-Titel verteidigt."

Ich könnte Adrian nicht mehr zustimmen. Humphries bekommt immer noch nicht die Wertschätzung, die er verdient hätte. Gerade sein Statement-Sieg gegen Littler bei den Players Championship Finals hat mich nochmal total überzeugt. Humphries ist so ein gnadenloser Killer. Ihr wollt alle Littler als Weltmeister? Okay, ich puste den im Halbfinale raus und hole mir das Ding einfach wieder.

Gary Anderson: Freie Bahn bis ins WM-Finale? 

Eine weitere Gemeinsamkeit: Für uns beide heißt der Finalgegner von Humphries Gary Anderson. Alle Fans des "Flying Scotsmans" sind in völlig ekstatische Jubelstürme ausgebrochen, als feststand, dass Anderson auf Position 14 gesetzt in der unteren Hälfte landet. Denn die Chance, nochmal in ein WM-Finale zu kommen, war lange nicht mehr so groß.

Das liegt zum einen an Andersons Form, die vor allem auf der Pro Tour ja das ganze Jahr schon pervers gut war. Und dazu kommt, dass Anderson diese Form gerade zuletzt beim Grand Slam (wir denken an das Match des Jahres gegen Littler) auch mal wieder bei einem Major gezeigt hat. Er hat aktuell einfach wieder dieses Funkeln in den Augen. Das ist der eine Part. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass in der unteren Hälfte außer Anderson kaum jemand (oder gar keiner?) ist, auf den man aus Überzeugung setzen kann. 

Andersons potenzielle dritte Runde gegen Ross Smith ist auf dem Weg ins Finale vielleicht sogar das schwierigste Matchup. Schwieriger als ein schwächelnder Michael van Gerwen im Achtelfinale. Die anderen beiden Spiele, die in der unteren Hälfte wegweisend sein könnten: Josh Rock vs. Chris Dobey und Gerwyn Price vs. Wessel Nijman. Hier gehen die Meinungen nochmal auseinander. Während Adrian auf ein Viertelfinale der Young Guns Rock und Nijman tippt, bin ich da mit einem Viertelfinale Price vs. Dobey konservativer unterwegs. 

Mein Gefühl sagt mir, dass Price bei der WM seine Wiederauferstehung feiern wird, wenn er das Match gegen Nijman übersteht und Selbstvertrauen aufbauen kann. "Flo, sorry, aber ich finde Price so seltsam in diesem Jahr. Ich kann mit ihm nichts anfangen aktuell. Du hast ihn im Halbfinale, für mich geht er in Runde zwei gegen Keane Barry raus."

"Keane Barry? Ich bitte dich!"

"Ich könnte mir vorstellen, dass wir das große Breakout-Turnier von Kean Berry erleben inklusive seinem ersten Signature-Win." 

Na gut, ich bin ja schon froh, dass du nicht Springer noch gegen Littler und Schindler gegen Anderson hast gewinnen lassen. "Ich gebe zu, mein Tipp ist aus deutscher Sicht schon ein Best-Case-Szenario. Vielleicht halten mich manche auch für verrückt, aber ich kann mir das schon echt gut vorstellen."

Versöhnlich ist auf jeden Fall, dass man wie früher in der Schule zwar komplett unterschiedliche Rechenwege haben kann, aber auf das Endergebnis kommt es an. Und da waren wir uns dann doch erstaunlich einig. Was angesichts der Lage im Darts nur heißen kann, dass das WM-Finale Connor Scutt gegen Jeffrey de Graaf heißen wird. Game on!  

WM-Tipp von Adrian Geiler:

Viertelfinale:

Luke Humphries vs. Mike De Decker

Luke Littler vs. Niko Springer

Josh Rock vs. Wessel Nijman

Gary Anderson vs. Martin Schindler

Halbfinale:

Luke Humphries vs. Luke Littler

Gary Anderson vs. Josh Rock

Finale:

Luke Humphries vs. Gary Anderson

Weltmeister: Luke Humphries

WM-Tipp von Florian Regelmann:

Viertelfinale:

Luke Humphries vs. Mike De Decker

Luke Littler vs. Rob Cross

Gerwyn Price vs. Chris Dobey

Gary Anderson vs. Dave Chisnall

Halbfinale:

Luke Humphries vs. Luke Littler

Gary Anderson vs. Gerwyn Price

Finale:

Luke Humphries vs. Gary Anderson

Weltmeister: Luke Humphries 

sport.de-Kolumnist Florian Regelmann kann auf viele Jahre als leitender Sportredakteur zurückblicken, seit März ist er als Head of US Sports für HEIM:SPIEL tätig. 

England
Luke Littler
L. Littler
7
3
3
3
3
1
3
2
3
1
3
Niederlande
Michael van Gerwen
M. van Gerwen
3
1
0
1
1
3
2
3
0
3
0
21:20
Fr, 03.01.
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