Seit rund zwei Jahren läuft der THW Kiel den eigenen Ansprüchen weit hinterher. In der Handball-Bundesliga sind die Zebras mittlerweile ins Mittelfeld abgerutscht. Das sind die Gründe für den Absturz des deutschen Rekordmeisters.
Nachdem der THW Kiel in der vergangenen Saison mit einem Rückstand von 15 Punkten auf Meister SC Magdeburg nur auf dem vierten Tabellenplatz der HBL gelandet ist und damit die Champions-League-Qualifikation klar verpasst hat, galten die Norddeutschen zu Beginn der neuen Spielzeit noch als Mitfavorit auf den Titel.
Nach zehn Spieltagen bleibt aber festzuhalten: Der THW Kiel ist nur noch Mittelmaß.
Mit 12:8 Punkten liegen die Kieler nur auf einem enttäuschenden neunten Tabellenplatz. Auf Spitzenreiter MT Melsungen fehlen bereits sechs Zähler.
Mehr dazu:
Gerade nach der klaren 33:37-Niederlage im Derby gegen die SG Flensburg-Handewitt ist beim THW Ernüchterung eingekehrt. Auch die weiteren Topspiele gegen die Rhein-Neckar Löwen (27:32), gegen MT Melsungen (21:25) und gegen die Füchse Berlin (26:35) verlor man eindeutig.
Lediglich gegen den SC Magdeburg konnte Kiel mit einem 29:24-Sieg überzeugen.
Gefährliche Abhängigkeit von Duvnjak
Was dem THW Kiel in dieser Saison besonders fehlt, ist Konstanz. "Es ist unfassbar, da gewinnen wir gegen Magdeburg und verlieren zu Hause gegen Melsungen und gegen Flensburg. Wir haben nicht die Konstanz. Das war auch in der letzten Saison unser Problem", haderte auch Spielmacher Domagoj Duvnjak bei "Sport Bild".
Trotz seiner 36 Jahre ist der kroatische Nationalspieler nach wie vor Dreh- und Angelpunkt bei den Zebras. Ein gefährliches Abhängigkeitsverhältnis, mit dem der Klub ein hohes Risiko eingeht.
Duvnjak ist schließlich häufig verletzt, schleppt sich dennoch über den Platz. Über 60 Minuten kann aber auch der Routinier keine Top-Leistungen mehr bringen. "Am Ende waren die Kräfte bei ihm weg", erklärte Trainer Filip Jicha nach der Niederlage gegen Flensburg, bei der Duvnjak mit sechs Treffern gemeinsam mit Emil Madsen bester Kieler Werfer war.
Die Abhängigkeit von Duvnjak zeigt ein weiteres Problem des THW auf: Der Umbruch ist noch nicht erfolgreich vollzogen worden.
Umbruch beim THW Kiel noch nicht vollzogen
Mit Emil Madsen und Bence Imre hat der THW Kiel im Sommer zwar zwei junge vielversprechende Spieler unter Vertrag genommen, die internationale Erfahrung haben. Die Handball-Bundesliga ist für das Duo aber Neuland.
In der Breite sind die Norddeutschen schlichtweg nicht gut genug aufgestellt. Warum sonst sollte man einem 36 Jahre alten, angeschlagenen Duvnjak nicht mal eine Pause gönnen? Im Heimspiel gegen Flensburg war es auf Seiten der Gäste anders. Die SG konnte mit Benjamin Buric und Lasse Möller zwei Spieler einwechseln, die großen Anteil am Sieg hatten.
Dass nicht nur Duvnjak auf dem Zahnfleisch geht, zeigt die Tempogegenstoß-Statistik der Kieler. Nur 14 Tore in zehn Spielen wurde so erzielt. Zum Vergleich: Flensburg kommt auf 44 Treffer per Gegenstoß.
"Dominanz vergangener Zeit ist weg"
Durch die hohe Belastung der Spieler ist das Verletzungsrisiko auch größer. Das bekamen die Kieler gerade zu Saisonbeginn zu spüren. Zwischenzeitlich musste Trainer Jicha auf Torwart Tomas Mrkva sowie die vier Rückraumspieler Harald Reinkind, Mykola Bilyk, Elias Ellefsen á Skipagøtu und Karl Wallinius verzichten.
Erschwerend kommt für den THW Kiel hinzu, dass die anderen Teams immer stärker werden. Eine absolute Top-Mannschaft gibt es in der HBL aktuell nicht. Zwischen Platz eins und Platz neun liegen gerade einmal sechs Punkte.
Beim THW Kiel hat in dieser Saison zudem das Selbstverständnis gelitten. "Wir müssen uns jetzt voll gegen stemmen. Wir müssen wirklich alles, alles, was wir haben, investieren", merkte Rune Dahmke nach der Flensburg-Pleite an.
Der Nationalspieler ergänzte: "Wir können die Sachen nicht locker herunterspielen. Man muss eben auch ganz klar sagen, dass die Dominanz vergangener Zeit weg ist und wir uns alles ganz hart erarbeiten müssen. Das kostet extrem viel Energie. Da merkt man auch, dass irgendwann mal der Tank leer ist, aber anders geht es nicht."
An die Meisterschaft will in Kiel erst einmal keiner denken, auch wenn man den Titel noch nicht abgeschrieben hat. "Das wird brutal schwer. Wir haben acht Minuspunkte. Das ist zu diesem Zeitpunkt in der Bundesliga viel zu viel. Allerdings war die Bundesliga auch noch nie so eng da oben", betonte Duvnjak.


























