Trotz monatelanger Bemühungen steht nun fest: Die Firma S.K.I. mit Sitz in Thüringen schließt ihre Manufakturen, womit dem Skispringen und der Nordischen Kombination ein wichtiger Skibauer verlorengeht. Wie es dazu kam und was das für die Szene bedeutet.
Fast 15 Jahre gehörten blaue Ski zum Skispringen wie die Weitenmessung oder Haltungsnoten. Rechnet man die Existenzdauer der Vorgängermarke Germina hinzu, kommt man sogar auf ein halbes Jahrhundert, doch dieses Kapitel Geschichte ist nun endgültig geschlossen. Mit einer Pressemitteilung verkündete die Firma S.K.I. am Montagabend das Ende der Sprungskiproduktion an ihrem Sitz in Floh-Seligenthal (Thüringen).
Überraschend kam das Ende der Skimanufakturen für Kenner der Szene nicht mehr. Dass es für den Betrieb und seine Mitarbeiter eng werden würde, ließ bereits der erste Medienbericht der "Südthüringer Zeitung" Ende Juli vermuten. In diesem bestätigte Geschäftsführer Georg Reichart, dass der Hauptsponsor Invia Flights, der hinter den fluege.de-Ski steckte, den Vertrag fristgerecht gekündigt habe.
Reichart hatte die Manufaktur im Jahr 2001 aus der Insolvenzmasse der Firma Germina übernommen mit dem Ziel, die Arbeitsplätze in der Region zu erhalten und kostendeckend zu arbeiten. 2010 hatte er das Geschäftsmodell entwickelt, bei dem die Fläche der Ski für Werbung genutzt wurde und mit fluege.de einen Partner gefunden. Als dieser zwischenzeitlich im Insolvenzverfahren befindlich war, sprang mit Verivox ein anderer Preisvergleichanbieter ein.
Durch den Rückzug des Sponsors sei die Firma in Zahlungsschwierigkeiten geraten, weshalb der Unternehmer im Mai beim Amtsgericht Meiningen einen Insolvenzantrag habe stellen müssen. Reichart betonte wenig später im Gespräch mit sport.de: "Die Zusammenarbeit mit fluege.de war immer eine äußerst kooperative Angelegenheit. Der Sprungski-Markt ist sehr nischig, deswegen ist klar, dass es ohne Werbung auf den Ski nicht funktionieren wird."
Der gebürtige Bayer war sich ebenso bewusst, dass es ein Wettlauf gegen die Zeit werden würde, um die Kosten für eine Fortführung des Betriebs, die sich auf etwa eine Million Euro beliefen, zu decken. Doch der Erfinder der Sicherheitsbindung an Sprungski gab nicht auf und nutzte sein Netzwerk, um neue Partner zu gewinnen.
Orlen-Deal scheitert trotz guten Gesprächen
Ende August berichtete das Portal "sport.pl" von Verhandlungen mit Orlen, das beispielsweise auf dem Formel-1-Bolliden der Racing Bulls präsent ist. Der Mineralölkonzern bekundete dem Vernehmen nach Interesse an einem Fünfjahresvertrag und hätte wohl circa 1,5 Millionen Euro pro Saison hingelegt. Nachdem jedoch die Führungsetage Orlens in Folge des Regierungswechsels in Polen ausgetauscht wurde, kam der Deal nicht zustande.
Wiederum einen Monat später wurde bekannt, dass ein Übernahmeversuch durch Peter Riedel, der in der Skisprungszene durch die Herstellung von Anlaufspuren bekannt ist, nicht zustande kommen würde und sich die Firma S.K.I. bereits in der Zerschlagung befindet.
Auch "gute und konstruktive Gespräche" (Reichart) mit dem Ski-Weltverband FIS und nationalen Verbänden führten zu keiner Einigung und zum Ende der Ski-Manufaktur, die bis zuletzt einen sehr guten Ruf in Springerkreisen genoss. Ein entscheidender Mann dabei war der Slowene Primož Pikl, der die Anpassungswünsche der Abnehmerinnen und Abnehmer aufgrund seiner Vergangenheit als Skispringer und Servicemann umgehend umsetzen und so die Qualität in der Fertigung der Ski steigern konnte.
Dessen Ex-Chef Reichart bestätigte gegenüber sport.de, dass man sogar noch während des laufenden Insolvenzverfahrens Anfragen von Athletinnen und Athleten aus dem Skispringen und der Nordischen Kombination hatte: "Sogar Weltklasse-Athletinnen, die noch nicht bei uns waren, wären gerne auf unser Material gewechselt."
Top-Stars suchen und finden neue Ausrüster
Nun steht jedoch endgültig fest, dass sich die bisherigen fluege.de-Athletinnen und Athleten nach neuen Ski umschauen müssen. Im Skispringen sind 28 Personen betroffen, die im letzten Winter Weltcup-Punkte holen konnten. In der Nordischen Kombination kommen weitere 15 hinzu.
Der Italiener Alex Insam sprang beim Sommer-Grand-Prix in Courchevel am 13. August als Dritter auf den blauen Latten sogar noch auf das Podest. Doch schon im weiteren Verlauf der Matten-Saison waren immer weniger Athletinnen und Athleten mit fluege.de-Ski zu sehen. Insam selbst wechselte auf das österreichische Fabrikat von Augment.
Auch die betroffenen Deutschen, namentlich Stephan Leyhe, Philipp Raimund und Juliane Seyfarth, fanden dort einen neuen Ausrüster, ebenso wie die Norwegerin Eirin Maria Kvandal, die im März in Vikersund noch das erste Weltcup-Skifliegen der Frauen gewonnen hatte.
Der Norweger Marius Lindvik, der 2022 in Beijing sogar Olympia-Gold auf diesem Fabrikat geholt hatte, wechselte nach vielen Tests auf die pinken Latten von BWT. Diese werden vom österreichischen Hersteller Fischer gefertigt, die Produktion aber nach dem Vorbild des S.K.I.-Modells durch einen zahlenden Partner subventioniert.
Timi Zajc, der in Planica 2023 im Einzel und mit der Mannschaft WM-Gold und somit die letzten beiden großen Titel für das fluege.de-Team geholt hatte, entschied sich für Ski von Slatnar und somit für ein Fabrikat aus seinem Heimatland Slowenien.
Eine Exotin unter den Wechseln ist bis dato die Finnin Jenny Rautionaho, die Ende September ihre Zusammenarbeit mit Peltonen verkündete. Das finnische Unternehmen ist auf Langlauf-Ausrüstung spezialisiert, kooperiert jedoch seit Anfang des Sommers mit Slatnar in der Sprungski-Produktion.
Dass die Weltspitze recht rasch den Ausrüster wechseln kann, liegt in der Natur der Sache. Klar ist aber auch, dass durch das Wegbrechen eines leistungsstarken Herstellers vor allem im unterklassigen und Nachwuchsbereich neue Sprungski längst nicht mehr so einfach zu bekommen sein werden wie bisher.
Wenn man sich aber die allgemeine Lage der Ski- und Wintersport-Branche vor Augen führt, ist der wortwörtliche Fall von S.K.I. schlussendlich ein Symptom eines kränkelnden Biotops.

