Die European Championship 2024 in Dortmund ist in den Büchern - und war einmal mehr ein großer Publikumsmagnet. Im exklusiven sport.de-Interview spricht Philip Brzezinski, Master of Ceremonies & Head of Sports & Content der PDC Europe, über erneute Rekord-Zahlen, die Entwicklung des Darts-Sports in Deutschland und seinen Traum von einem Mega-Event im Madison Square Garden.
Herr Brzezinski, zum dritten Mal in Folge fand 2024 die Darts-EM in Dortmund statt. Warum funktioniert das Turnier in der Westfalenhalle so gut?
Philip Brzezinski: Wir haben hier natürlich zum einen ein sehr, sehr großes Einzugsgebiet im Ruhrgebiet. Aber wir wissen auch, dass der Dartsport traditionell in NRW einen sehr, sehr hohen Stellenwert genießt und so hat sich die altehrwürdige Halle hier mittlerweile etabliert.
Insbesondere auch bei so vielen Zuschauern, die aktuell kommen. Wie viele waren es in diesem Jahr?
Wir waren wieder bei deutlich über 30.000 Zuschauern und haben damit in diesem Jahr auch wieder einen neuen Zuschauerrekord aufgestellt für ein Event außerhalb vom United Kingdom und das freut uns einfach sehr. Es erfüllt uns mit viel Freude und viel Demut, dass die Darts-Fans uns so wohlgesonnen sind.
In diesem Jahr ist erneut der an Setzplatz 1 geführte Spieler in der ersten Runde ausgeschieden. In den letzten sechs Jahren war das jetzt sogar zum vierten Mal der Fall. Ist diese Setzposition für viele Spieler mit sehr viel Druck verbunden oder ist es eine hohe Bürde?
Das ist eine gute Frage. Wahrscheinlich muss man da mit den Spielern selber reden. Ich glaube eher, dass es eigentlich zum Selbstvertrauen beiträgt. Ich würde da jetzt keine Regel draus machen, dass da der an Eins gesetzte Spieler so häufig rausgegangen ist in den letzten Jahren. Das ist sicherlich auch typabhängig von Spieler zu Spieler. Aber ich denke, eigentlich sollte es einem eher ein positives Gefühl geben, an Nummer Eins gesetzt hierher zu kommen.
"Das macht natürlich auch das Produkt spannender"
Spricht das dann auch insgesamt für die Entwicklung des Darts-Sports, dass ja viele Spieler die Möglichkeit haben, auch den an Position Eins gesetzten Spieler zu schlagen?
Absolut. Das macht natürlich auch das Produkt spannender. Ich glaube, wir haben das jetzt auch in diesem Jahr gesehen. Mit den beiden Halbfinalpaarungen - Luke Woodhouse gegen Ritchie Edhouse sowie Jermaine Wattimena gegen Danny Noppert - haben, glaube ich, die wenigsten Experten gerechnet und das macht die Sache spannend und unvorhersehbar und zeigt einfach auch, wie hoch die Qualität in der Breite mittlerweile ist.
Wo wir gerade schon von Entwicklung sprechen: In der Darts-Szene in Deutschland hat sich in den letzten Jahren sehr, sehr viel getan. Wir haben inzwischen mit Martin Schindler, Gabriel Clemens und Ricardo Pietreczko viele Topspieler, die jetzt auch bei der Europameisterschaft wieder am Start waren. Wie würden Sie insgesamt die Entwicklung beschreiben, sowohl was die Spieler angeht, aber auch die Fans?
Sehr, sehr positiv in sehr vielen verschiedenen Belangen und Ebenen. Wenn wir die Spieler ansprechen, dann merkt man natürlich auch, dass in Deutschland die Qualität in der Breite immer größer wird. Du merkst, dass der Sport jetzt hier über Jahre und Jahrzehnte auch etabliert ist. Und du hast immer mehr junge Leute, die dann vor geraumer Zeit die Darts schon in die Hand genommen haben und die kommen jetzt durch. Die sehen wir jetzt auf den Turnieren und den Floor-Events. Die spielen sich dann langsam auch ins Rampenlicht im TV. Was die Fans betrifft, machen wir große Fortschritte. Nicht nur bei den Zuschauerzahlen, sondern auch was die Stimmung anbelangt.
Ich habe das Gefühl, dass es von Jahr zu Jahr auch in Deutschland immer fairer wird, was das Publikum betrifft. Bis vor ein paar Jahren war es auch noch so, dass die Spieler, die nicht aus Deutschland kamen, nicht so ein leichtes Standing hatten, gerade wenn sie gegen den deutschen Spieler gespielt haben. Ich finde, das hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Die Stimmung wird immer fairer und das trägt zu einem rundum gelungenen Event am Ende dann bei.
Natürlich ist es auch ein bisschen dadurch bedingt, dass wir viele Turniere der European Tour in Deutschland haben. Wie sieht da generell die Entwicklung und insbesondere die Planung in den nächsten Jahren aus: Liegt weiterhin mehr der Fokus auf Deutschland? Ist es geplant, die Standorte im Ausland noch mehr in den Fokus zu rücken?
Das Ziel war schon immer, und das bleibt auch so, den Darts-Sport in immer mehr Ländern in Europa zu etablieren. Das haben wir jetzt in diesem Jahr auf der European Tour mit dem Schritt in die Schweiz geschafft und das erste Turnier in der Schweiz ausgetragen. Die Swiss Darts Trophy in Basel in der Sankt-Jakobs-Halle war ein voller Erfolg. Und wir können auch schon sagen, dass wir im Jahr 2026 noch ein neues Land dazubekommen werden. Durch diese Entwicklung wird sich über die Jahre sicherlich noch das ein oder andere Event aus Deutschland rausschieben. Aber trotzdem ist der deutsche Markt ein ganz, ganz wichtiger. Es ist der größte Darts-Markt außerhalb vom United Kingdom und von daher bleibt auch ein großes Augenmerk auf Deutschland.
Darts-Event im Madison Square Garden "ein Bucket-List-Thema"
Wenn wir vom Markt außerhalb von Großbritannien sprechen, fallen einem auch direkt Major-Turniere ein, die aktuell in Deutschland stattfinden. Sei es der World Cup of Darts in Frankfurt, hier die EM in Dortmund und auch der ein Premier-League-Spieltag in Berlin. Gibt es da irgendwelche Wünsche, dass möglicherweise noch ein Major-Turnier nach Deutschland kommt oder auch woanders auf der Welt?
Da liegt der Ball mehr bei der PDC als bei der PDC Europe. Ich denke mal, dass wir, mit dem World Cup of Darts und mit der EM schon zwei großartige Turniere hier in Deutschland haben. Ob es da zukünftig Überlegungen gibt, dass da noch das ein oder andere dazukommt, da liegt der Ball tatsächlich bei der PDC in Großbritannien und da können wir uns noch überraschen lassen.
Hier in Dortmund ist es von der Location her selbstredend überragend. Gibt es für Sie als Moderator irgendeine Veranstaltung oder eine Location, wo Sie sich wünschen, dort ein Turnier ausrichten zu können und/oder moderieren zu dürfen?
Ja, die PDC ist mit einem Event in New York und spielen dort im Madison Square Garden. Da muss ich sagen, das wäre schon so ein Bucket-List-Thema, wo ich sagen würde: Okay, wenn ich da mal ein Event moderieren könnte, kann ich beruhigt irgendwann in Rente gehen.
Das Interview führte Sascha Reus