Die Detroit Lions werden voraussichtlich für den Rest der Saison in der NFL auf Edge Rusher Aidan Hutchinson verzichten müssen. Doch wie groß ist dieser Verlust wirklich? Wie wichtig war er für dieses Team tatsächlich? Ein Blick auf die Zahlen spricht eine deutliche Sprache.
Aidan Hutchinson hat bis zu seinem Schien- und Wadenbeinbruch beim 47:9-Kantersieg der Detroit Lions über die Dallas Cowboys in Woche 6 schon 7,5 Sacks gesammelt und damit die NFL angeführt. So weit, so gut. Doch Sacks lassen sich in der Regel ersetzen. Nebenmann Defensive Tackle Alim McNeill sammelte gleich zwei Sacks in besagtem Spiel. Doch sind Sacks nur das bestmögliche Ergebnis für einen Pass Rush.
Es gibt darüber hinaus noch andere Wege, den gegnerischen Quarterback zu stören und somit positiven Einfluss auf das Spiel einer Defense zu nehmen. Und in dieser Saison steht eben dafür keiner mehr als Hutchinson. Nach Zählung von "PFF" führt Hutchinson die NFL nach Woche 6 mit 45 Pressures an - zehn mehr als San Franciscos Nick Bosa, der ein Spiel mehr bestritten hat als Hutch!
Pressures sind die Summe aus Sacks, Quarterback-Hits und Quarterback-Hurries, also all das, was einen Quarterback entweder zu Boden bringt oder ihn zu verfrühten oder ungenauen Würfen zwingt. Niemand hat den Quarterback in dieser Saison so effektiv gestört wie Hutchinson, der die Liga auch in "ESPNs" Pass Rush Win Rate von der Edge-Position mit 35 Prozent anführt. Rang 2 belegt hier Myles Garrett von den Browns mit 31 Prozent.
Mehr dazu:
Lions mit Hutchinson eine Top-10-Defense
Fast beiläufig sei noch erwähnt, dass er auch gegen den Run zuverlässig ist, wenn man denn mal in seine Richtung läuft. Insgesamt stehen für ihn elf Tackles auf dem Zettel und er verpasste keinen einzigen seiner Tackle-Versuche. Er brachte es vielmehr auf vier Stopps bei diesen Tackles.
Doch was heißt das nun im Kontext der Lions-Defense? Diese Unit war bis hierhin von Spielzug zu Spielzug betrachtet eine Top-10-Unit. Sie belegt Rang 9 mit -0,071 EPA/Play und Rang 4 mit -14,5 Prozent DVOA. Was sich aber sagen lässt, ist, dass diese Defense auch aufgrund von mitunter fragwürdigem Cornerback-Spiel anfälliger gegen den Pass als gegen den Run ist. Der starke Pass Rush (48 Prozent Pass Rush Win Rate als Team - Rang 6) glich das jedoch aus.
Doch was passiert, wenn man diesem Teilbereich der Defense das Herz herausreißt? Was bleibt übrig, wenn Hutchinson fehlt und damit auch seine enorme Production?
Zur Erinnerung: Hutchinson brachte es bislang auf 45 Pressures und 7,5 Sacks. Dahinter jedoch wird es düster in Detroit. Die nächstmeisten Pressures hinter Hutchinson haben derzeit die Defensive Tackles (!) Levi Onwuzurike (17) und McNeill (16). Beide sind auch die einzigen Spieler im Team, die mehr als einen Sack auf dem Konto haben - McNeill hat nun 2,5, Onwuzurike 1,5.

Woher kommt der Hutchinson-Ersatz?
Von den Edge-Positionen kam derweil bislang herzlich wenig. Der eigentlich als kongenialer Partner für Hutchinson geholte Marcus Davenport riss sich bereits Ende September den Trizeps und steht seither auf der Injured Reserve List. Und Leute wie Josh Paschal, ein Zweitrundenpick 2022, waren bislang noch kaum ein Faktor. Ebenso wenig der bislang kaum eingesetzte James Houston. Auch darf man vermuten, dass der von der Bengals-Practice-Squad geholte Isaiah Thomas kein allzu großer Faktor sein wird.
Während sich General Manager Brad Holmes nun nach externer Hilfe umsieht, scheint der naheliegende erste Schritt zu sein, intern etwas umzustellen. Eine Option ist es, Onwuzurike nach außen zu stellen und 5-Technique spielen zu lassen. In dieser Saison tat er dies bereits 34-mal. 94-mal stellte er sich direkt gegenüber vom Tackle auf und 92-mal attackierte er primär die B-Gap. Würde man ihn nun hauptsächlich als End einsetzen, könnte zudem innen mehr Spielzeit für den erfahrenen D.J. Reader neben McNeill abfallen.
Auch könnte man Paschal mehr Spielzeit geben. Er ist kein klassischer Pass-Rusher und steht eher für solide Run-Verteidigung, doch könnte er mit mehr Snaps womöglich überraschen. Oder man gibt besagtem Houston nochmal eine Chance. In seiner Rookie-Saison 2022 brachte er es auf 17 Pressures und 8 Sacks in gerade mal 92 Pass Rush Snaps. Seither allerdings war er kaum noch ein Faktor für die Lions.
Eine weitere Option ist Linebacker Trevor Nowaske, ein UDFA des Vorjahres. Er spielte gegen Dallas in 29 Snaps und machte alle seiner insgesamt 35 Snaps in dieser Saison als 5-Technique. Seine Ausbeute bislang: fünf Pressures und ein Sack.
Topspiel vor Augen
In der Practice Squad findet sich derweil noch der erfahrene Edge Rusher Al-Quadin Muhammad wieder, der 2021 noch 37 Pressures und sechs Sacks als Starter bei den Colts gesammelt hatte. 2022 war er dann als Backup in Chicago nicht mehr ganz so produktiv, brachte es aber immer noch auf 19 Pressures (1 Sack).
Was auch immer die Lions tun, sie müssen es schnell tun, schließlich steht am Sonntag in Woche 7 das absolute Topspiel der diesjährigen NFC North gegen die Minnesota Vikings an, die als einziges Team der Conference noch ungeschlagen sind (5-0) (So., ab 19 Uhr live bei RTL). Der Sieger des Spiels wird die Division anführen.
Langfristig betrachtet gilt: sollte es nicht gelingen, Hilfe von außerhalb zu holen, um den Pass Rush auf hohem Niveau zu halten, müssen intern ein paar Spieler nicht nur mitunter die Positionen tauschen, sie müssen wahrlich auch über sich hinaus wachsen. Hutchinson war auf Kurs zum Defensive Player of the Year in seiner gerade mal dritten Saison in der NFL. Ihn direkt zu ersetzen, kann man nur sehr wenigen Spielern zumuten. Die, die schon in Detroit spielen, können dies aber bestenfalls nur im Verbund lösen. Wenn überhaupt.




































