Die Cleveland Browns sind mit einer 1-4-Bilanz in die NFL-Saison 2024 gestartet und stehen schon jetzt vor einer weiteren verlorenen Saison. Angesichts ihrer Investition in Quarterback Deshaun Watson ist das nicht nur ernüchternd, sondern lässt auch die Zukunft düster erscheinen.
Im Jahr 2022 wähnten sich die Browns im Aufwind, nachdem ihnen der vermeintliche Coup gelang, mit Deshaun Watson einen Top-Quarterback an Land zu ziehen. Dieser kam zwar mit einigen Red Flags, allen voran den rund 30 Anschuldigungen wegen sexueller Übergriffe in Massagesitzungen, doch abgesehen davon freute man sich auf einen Top-Quarterback, der nach einjähriger freiwilliger Pause dieses Team auf ein neues Level hieven sollte.
Das Ergebnis seither? 2022 gewann er drei seiner sechs Spiele, die er nach einer Sperre von elf Spielen wegen besagter Übergriffe absitzen musste. Zuvor war Jacoby Brissett der Starter, der seinerseits aber auch nur vier Spiele gewann. Mit 7-10 verpasste man die Playoffs. 2023 legten die Browns ihre beste Saison seit 2020 hin und erreichten mit 11-6 am Ende zum zweiten Mal nach 2002 wieder die Playoffs. Watson jedoch wirkte in nur sechs Partien mit, gewann aber immerhin fünf davon - den Rest der Saison verpasste er mit einer Schulterverletzung.
Es brauchte schon eine herausragende Saison vom Coach of the Year Stefanski, um das Team dennoch ins gelobte Land zu führen. Geholfen haben auch Comeback Player of the Year Joe Flacco, der das Team von der Couch aus in die Playoffs führte, Defensive Player of the Year Myles Garrett sowie Assistant Coach of the Year Jim Schwartz, der Defensive Coordinator des Teams. Es brauchte also schon eine fast perfekte Saison, um das zu erreichen.
Watson: Drittschlechtester Saisonstart seit 2000
Und nach dem 1-4-Start in dieser Saison stehen nun ganze acht Siege in drei Saisons für Watson auf dem Zettel. Eine magere Ausbeute für den höchstdotierten voll garantierten Vertrag, den ein Quarterback je erhalten hat (5 Jahre, 230 Millionen Dollar). Wie schlecht er tatsächlich ist, zeigt eine Zahl ganz besonders: In dieser Saison liegt er derzeit bei -0,302 EPA pro Pass Play. Trivial gesagt, kostet er seinem Team mit jedem Passspielzug Punkte, rein statistisch betrachtet.
Wie Mike Sando von "The Athletic" herausgefunden hat, liegt er damit nach den ersten fünf Spielen einer Saison auf Rang 618 von 621 Quarterbacks seit der Saison 2000. Zum Vergleich: Die Leute, die zuletzt vor Watson bei den Browns eine Saison als Starter begonnen haben, waren fast schon astronomisch besser zu diesem Zeitpunkt der Saison.
Browns: Starting Quarterbacks nach 5 Wochen in einer Saison seit 2020
- 2022: Jacoby Brissett (0,072 EPA/Pass Play)
- 2021: Baker Mayfield (0,102 EPA/Pass Play)
- 2020: Baker Mayfield (0,099 EPA/Play)
Nicht aufgeführt in dieser Liste ist Watson im Jahr 2023, weil er in den Wochen 4 und 5 schon mal kurz verletzt war und erst in Woche 6 zurückkam und dann nochmal Woche 7 verpasste, ehe er nach Woche 9 komplett raus war. In seinen sechs mehr oder weniger kompletten Spielen kam er aber auch damals schon auf einen Wert von -0,035 EPA/Play, was zeigt, dass es im Grunde stetig schlechter wurde bei den Browns.
In dem Zusammenhang sei erwähnt, dass Brian Hoyer (!) 2014 den besten Saisonstart eines Browns-Quarterbacks seit 2000 hingelegt hat und damals auf starke 0,265 EPA/Pass Play kam. Watson hat es geschafft, dass man Karriere-Backups wie Hoyer und Brissett hinterher trauert. In dieser Saison belegt Watson damit Rang 31 in der NFL und seine Offense produziert 15,8 Punkte pro Spiel - Rang 30. Nur die Offensivkoryphäen auf Miami (12,0) und New England (12,4) unterbieten dies noch.
Browns: Kein Quarterback-Tausch geplant
Und auch mit diesem Wissen stellte Head Coach Kevin Stefanski nun klar: "Wir werden nicht die Quarterbacks tauschen." Und wie könnte er auch? - möchte man nachschieben.
Watson kann man eigentlich nicht auf die Bank setzen. Er ist der Topverdiener, er ist ohnehin ein Störfeuer und wäre womöglich ein Flächenbrand, wenn er plötzlich nur noch die Bank drücken würde - ob nun hinter Jameis Winston oder jemand ganz anderem. Und nein, nicht Dorian Thompson-Robinson! Denn wenn man so einen Namen, den er immer noch hat, auf die Bank setzt, wird man keine Ruhe reinbringen. Besonders dann, wenn kein Ende seiner Präsenz in Cleveland im Blick ist.
Und das ist das größte Problem der Browns. Dass sie sportlich in Schieflage geraten sind, geschenkt. Doch sie werden Watson nicht los. Watsons Vertrag war von vornherein kaum tradebar. Seit den Anpassungen der vergangenen Jahre jedoch ist es komplett unmöglich. Auch 2025 und 2026 wird er jeweils 46 Millionen Dollar garantiert verdienen. Doch darüber hinaus liegen seine Cap Hits in beiden kommenden Jahren bei über 72 Millionen Dollar. Und: Eine Entlassung würde den Cap Space des Teams sowohl 2025 als auch 2026 sprengen. 2025 würde hier Dead Money in Höhe von 172 Millionen Dollar anfallen, ein Jahr später noch 99 Millionen.
Selbst mit einer Post-June-1-Designierung würden diese Summen nur geringfügig sinken. Ein möglicher Ausweg wäre ein Trade, doch da müsste man erstmal einen Owner auf dem fachlichen Niveau von Browns-Owner Jimmy Haslem finden, was so einfach nicht wird.
Browns verlieren letzten Strohhalm
Der letzte Strohhalm für die Browns war eine neue Klage gegen Watson, die dem Vernehmen nach nicht durch das Agreement mit der NFL gecovert gewesen wäre, das er seinerzeit als Strafe geschlossen hatte, um die Sperre bei nur elf Spiele zu halten. Dort steht nur geschrieben, dass Watson für die damals bekannten Fälle nicht weiter belangt werden kann durch die NFL. Neue Fälle jedoch muss man neu bewerten.
Nun hat Watson sich in diesem neuerlichen Fall jedoch außergerichtlich mit der Klägerin geeinigt. Über die Formalien wurde Stillschweigen vereinbart. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Frau damit nicht mehr mit der NFL-Untersuchung kooperieren wird, sodass die NFL damit wohl keinen Fall mehr hat. Und damit bleibt sein noch vorhandener Vertrag unantastbar.
Vieles, was NFL-Verträge angeht, ist Schall und Rauch, doch wenn man jemandem wie Watson einen vollgarantierten Rekordvertrag gibt, hat das irgendwann auch Konsequenzen und diese ereilen nun die Browns, die vermutlich noch ein paar Jahre im Tiefflug bleiben werden mit diesem Quarterback.




































