Die deutschen Leichtathletinnen und Leichtathleten fallen im kontinentalen Vergleich ab, wie der Medaillenspiegel bei der Europameisterschaft in Rom zeigt. Dr. Jörg Bügner, Vorstand Leistungssport beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), hat die Baustellen aufgezeigt. Dennoch sieht er im Vergleich zum katastrophalen Abschneiden bei der WM im vergangenen Jahr eine positive Entwicklung.
Nur elf Medaillen - einmal Gold, dreimal Silber und siebenmal Bronze - haben die deutschen Leichtathletinnen und Leichtathleten in den insgesamt sechs Wettkampftagen gewinnen können. Im Ranking liegt der DLV damit als Zwölfter weit abgeschlagen von der Spitze, bei der Heim-EM in München vor zwei Jahren stand Deutschland im Medaillenspiegel noch ganz oben.
Der von Jörg Bügner ausgerufene Plan, dem Gastgeberland Italien "solange wie möglich Paroli zu bieten", ist nicht aufgegangen. "Wir haben einige schöne Ergebnisse erzielt, aber die Medaillenbilanz ist eher im unteren Bereich", musste der DLV-Sportvorstand auf der Pressekonferenz am Mittwochmittag schon vor den abschließenden EM-Entscheidungen bilanzieren.
Geliefert hat allen voran Weitspringerin Malaika Mihambo, die am Abend mit einem 7,22-m-Satz die einzige deutsche Goldmedaille gewann. Speerwurf-Titelverteidiger Julian Weber wurde immerhin Zweiter. "Der EM Abschlusstag hat gezeigt, welches Potenzial und welche Vielfalt in der deutschen Leichtathletik steckt. Nach zunächst überwiegend Medaillen im Laufbereich konnten wir jetzt im Sprung, Wurf und Sprint nachlegen", so Bügner in einem Abschluss-Statement.
Die sechs Tage in Rom haben dem DLV "Stärken und Schwächen" aufgezeigt: "Wir haben in bestimmten Bereichen einen Schritt nach vorne gemacht, in einigen Disziplinen jedoch nicht performt."
DLV-Vorstand: "Da hatten wir uns deutlich mehr ausgerechnet"
Schon am Mittwochmittag hatte der Sportvorstand deutlich gemacht, wo die Erwartungen nicht erfüllt wurden: "Der Siebenkampf, muss ich ehrlich sagen, ist aus unserer Sicht ein bisschen enttäuschend verlaufen. Daraus mache ich gar keinen Hehl. Da hatten wir uns deutlich mehr ausgerechnet. Das Ausscheiden von Carolin (Schäfer, Anm. d. Red.) tut natürlich weh, da müssen wir schauen, wie wir den Turnaround Richtung Olympische Spiele hinbekommen." Auch im Hochsprung der Frauen habe man sich "insgesamt mehr ausgerechnet".
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Positiv sei der weil "die Entwicklung, dass wir einige junge Athletinnen und Athleten hineingebracht haben". Namentlich erwähnte er Nele Jaworski (4x100 m), Laura Raquel Müller (Weitsprung), Lisa Merkel (10.000 m) und Rosina Schneider (100 m Hürden). "Das ist eine schöne Entwicklung. Das ist eine gute Basis."
Im Vergleich zur historisch schlechten WM in Budapest im Vorjahr, als Deutschland erstmals in der Geschichte ohne eine Medaille geblieben war, erkannte Bügner eine "kleine Trendumkehr", zugleich "aber überhaupt keinen Grund, euphorisch zu werden", führte der 55-Jährige sechs Wochen vor den Olympischen Spielen aus. "Wir werden in den nächsten Wochen analysieren, wie wir eine Formzuspitzung hinbekommen und dies in Paris umsetzen - hoffentlich in Medaillen."

