Vor dem Hintergrund, dass es der NFL dieser Tage besonders gut geht, hat Commissioner Roger Goodell beim Spring League Meeting in Nashville noch einmal betont, dass ein 18. Saisonspiel in naher Zukunft auf der Agenda steht. Bei seiner Erklärung, wie ein solches zustande kommt und wie sinnvoll das wäre, macht es sich der Ober-Boss der Liga aber viel zu einfach.
Das Geschäft boomt. Die neuen TV-Verträge sind mittlerweile alle angelaufen, die Kassen klingeln und vor wenigen Tagen ist es der Liga außerdem gelungen, nun auch noch ein Christmas-Game-Paket an den Streaminganbieter Netflix zu verkaufen, für Gerüchten zufolge fast 150 Millionen Dollar - pro Spiel versteht sich! Das wären dann nochmal 300 Millionen Dollar extra für die Liga.
Da es in dieser Liga aber hauptsächlich darum geht, noch mehr Geld aus der Tube zu pressen, gibt man sich mit dem Status Quo aber natürlich nicht zufrieden. Schon am Rande des NFL Draft hatte Roger Goodell in der "Pat McAfee Show" nach längerer Zeit mal wieder das Thema 18. Saisonspiel angebracht. Eine Idee, von der die milliardenschweren NFL-Owner schon seit mehr als einem Jahrzehnt träumen.
Die Liga arbeitete rund zehn Jahre daran, der Spielergewerkschaft NFLPA ein 17. Saisonspiel pro Team aus den Rippen zu leiern. Doch warum da aufhören? Schon bei der Einigung auf einen neuen Tarifvertrag (Collective Bargaining Agreement) ließ man ausdrücklich die Tür für ein 18. Spiel offen. Die NFLPA muss zustimmen, was sie bislang nicht tat, weil aus Sicht der Spieler der Bogen allmählich zu überspannen droht.
NFL: So kommt man auf 18 Spiele
Goodell versuchte nun am Mittwoch in Nashville, wo er in geraumer Zeit einen Super Bowl für denkbar hält - der neue Palast, den vor allem die Steuerzahler dort für die Titans finanzieren, wird selbstredend voll überdacht sein und damit das Big Game grundlegend möglich machen -, abermals etwaige Bedenken zu verstreuen.
Doch bevor er seine Rechnung erklärte, stellte er zunächst mal klar: "Der Schlüssel für uns ist, dass wir darauf achten, dass wir weiter an den Dingen arbeiten, die unser Spiel sicherer machen." "Player Safety" ist das Zauberwort. Kürzlich präsentierte man erst neue Helme, die noch sicherer sind. Und die modisch eher fragwürdigen Guardian Caps sind nun auch im Spiel erlaubt.
Goodell fuhr fort: "17 Spiele sind eine lange Saison, also wollen wir sicherstellen, dass wir darauf achten und unsere Sicherheitsbemühungen fortsetzen." Schöne Worte, die aber nur schwer standhalten, wenn man erst eine Woche zuvor einen Spielplan präsentierte, der unter anderem vorsieht, dass zwei Spiele an einem Mittwoch stattfinden - besagte Christmas Games - und die Kansas City Chiefs spielen sogar an sechs Wochentagen in dieser Saison. Nur am Dienstag fand man keine Entschuldigung, sie auch noch anzusetzen.
Zum Thema "Player Safety" gehört in dem Fall der Punkt Erholung also nicht zwingend.
NFL: Das spricht gegen ein 18. Spiel
Daneben stehen für Goodell aber auch eine gute Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft sowie die Qualität des Spiels im Vordergrund, wie er betonte. Und so kommt er zu folgender Rechnung auf dem Weg zum 18. Spiel: "Wir würden es im Kontext einer Reduzierung der Anzahl an Preseason-Spielen machen. Wir denken, dass das ein guter Trade ist: Weniger Preseason-Spiele und mehr Regular-Season-Spiele. Ich denke, nahezu jeder würde denken, dass das vorteilhaft wäre."
Vorteilhaft für wen? - möchte man einwerfen. Denn für die Spieler wird das nicht vorteilhaft sein, besonders nicht, wenn man aus Owner-Sicht darauf beharrt, Spieler nicht explizit für ein weiteres Spiel zu kompensieren. Aus Owner-Sicht ist es normal, die aktuellen Verträge einfach auf 18 statt 17 Spiele zu verteilen, was natürlich die Gehälter pro Spiel senken würde.
Doch viel gravierender ist eben der Punkt Erholung. Zu sagen, wir tauschen ein Preseason- gegen ein Reguar-Season-Spiel ist kein fairer Tausch für die Spieler. Schaut man darauf, wie (Stamm-)Spieler in der Preseason eingesetzt werden, kommen sie unterm Strich vermutlich nicht einmal auf ein ganzes Spiel an Einsatzzeit. Die Regel ist dieser Tage, dass Starter im ersten Spiel entweder nur für ein, zwei Serien eingesetzt werden, im zweiten dann vielleicht ein Viertel und im dritten - wenn überhaupt noch, höchstens eine Halbzeit.
Hier geht es vor allem darum, so früh im Jahr bei den etablierten Spielern keine Verletzungen zu riskieren in einer Phase, in der sie einfach noch nicht richtig spielfit sind. Würde man nun ein Preseason-Spiel streichen, also eines, in dem ein etablierter Starter kaum spielt und dafür noch ein weiteres Regular-Season-Spiel drauflegt, müsste ein solcher also de facto fast ein Spiel mehr machen in der Saison. Schaut man sich die zahllosen Verletzungen in dieser Liga an, die mittlerweile nicht mal mehr vor Quarterbacks halt machen, scheint das kein sonderlich guter Tausch für die Spieler zu sein.
NFL: Noch mehr Belastung droht schon 2025
In der Diskussion ist dahingehend noch eine zweite Bye-Week pro Team. Doch wird eine solche die Belastung insgesamt kaum drücken, zumal eine Saison dann wohl um insgesamt zwei Wochen länger werden würde. Gleiches gilt im Übrigen für die Idee, bald alle Teams mindestens ein Spiel pro Jahr international austragen zu lassen. Eine Idee, die Goodell bereits angerissen hat und die Adam Schefter ("ESPN") kürzlich in seinem Podcast nochmals als klaren Plan der Liga untermauerte.
Schon ab 2025 sind bereits acht internationale Spiele denkbar - Deutschland-Chef Alexander Steinforth deutete dies im Interview mit sport.de kürzlich ebenfalls an.
Man darf der Liga und Goodell glauben, dass ihnen an der Sicherheit der Spieler gelegen ist. Oberstes Gebot ist dies aber nicht. Die gewünschte Erweiterung auf 18 Spiele pro Team unterstreicht dies nur - es geht hauptsächlich um immer mehr Geld.
Marcus Blumberg



































