Charles Leclerc hat sich im Freitagstraining zum Grand Prix von Australien 2024 in Melbourne die Bestzeit gesichert. Der Ferrari-Fahrer verwies WM-Leader Max Verstappen (Red Bull) um 0,381 Sekunden auf den zweiten Platz. Dritter wurde Carlos Sainz im zweiten Ferrari, mit einem Rückstand von 0,430 Sekunden auf Leclerc.
Die gute Nachricht für Ferrari-Fans: Sainz muss nach Saudi-Arabien keinen weiteren Grand Prix auslassen. "Die ersten paar Runden waren schwierig, aber dann fand er sich Schritt für Schritt besser zurecht", sagt Teamchef Frederic Vasseur und ergänzt: "Ich bin kein Arzt. Aber ich bin optimistisch, dass er den Rest des Wochenendes fahren kann."
Verstappen ging spät auf seine schnelle Runde, was bei zunehmendem Grip auf der anfangs noch "grünen" Strecke im Albert Park eigentlich ein Vorteil sein hätte sollen. Doch der Niederländer war mit seiner Balance nicht hundertprozentig zufrieden. Nach seiner schnellen Runde ließ er nochmal die Flügeleinstellung anpassen.
Hinter den Top 3 landeten die beiden Aston Martins, mit gut einer halben Sekunde - und Lance Stroll vor Fernando Alonso. Stroll hatte seine erste schnelle Runde mit einem Fehler in der letzten Kurve weggeworfen. In einem späteren Run lief es dann besser, und so blieb er 0,090 Sekunden vor seinem spanischen Teamkollegen.
Ansonsten gab es in den Top 10 keine ganz großen Überraschungen. George Russell (Mercedes/+0,674) wurde Fünfter, gefolgt von Oscar Piastri (McLaren/+0,800), Sergio Perez (Red Bull/+0,813), Lando Norris (McLaren/+0,878) und Yuki Tsunoda (Racing Bulls/+0,911). Nico Hülkenberg (Haas/+1,425) wurde 16.
Warum war Hamilton so langsam?
Beim Blick auf das FT2-Ergebnis fällt auf, dass Mercedes mit den Positionen 6 und 18 wieder weit abgeschlagen ist. Teamchef Toto Wolff analysiert bei "Sky": "Wir haben bei Lewis das Set-up dramatisch umgebaut. Das ging in die falsche Richtung. Bei George war es etwas besser. Aber insgesamt kein guter Tag."

"Sky"-Experte Timo Glock hat beobachtet: "Hamilton hatte ein nervöses Heck, war insbesondere in den Highspeed-Kurven mehrmals kurz vor einem Abflug. Dadurch kannst du wenig Vertrauen ins Auto aufbauen."
Fährt Williams nur mit einem Auto weiter?
Nicht am zweiten Freien Training teilnehmen konnte Alexander Albon. Der Thailänder hatte seinen Williams in der ersten Session bei Kurve 7 gecrasht. Weil offenbar nicht genug Ersatzteile vorhanden waren, um eine Reparatur in kurzer Zeit durchzuführen, konnte er, obwohl eigentlich unverletzt geblieben, nicht fahren.
Ob Albon am Samstag wieder ins Geschehen eingreifen kann, steht noch nicht hundertprozentig fest. "Der Motor ist beschädigt, das Getriebe ist in zwei Teile gerissen, das Chassis ist beschädigt", sagt Teamchef James Vowles. Er bestätigt auch, dass Williams kein Ersatzchassis in Melbourne hat. Sollte das Albon-Auto also nicht reparabel sein, würde Albon am Samstag mit Logan Sargeants Auto weiterfahren.
Der Amerikaner müsste dann zuschauen. Er hatte in einer Situation gleich zu Beginn des zweiten Trainings mehr Glück als Albon, als er bei Kurve 11 mit einem Hinterrad in den Kies kam und sich drehte. Der Williams schlug aber nirgends ein und blieb intakt. Sehr zur Erleichterung der Mechaniker des Teams, die ohnehin schon alle Hände voll zu tun haben.
Wie liefen die Longrun-Tests?
Nicht so aufschlussreich wie sonst waren die Longrun-Tests am Ende des Freitagstrainings. Erstens, weil Verstappen keinen echten Longrun fahren konnte - er hatte sich im ersten Training den Unterboden beschädigt und musste sein Programm daher reduzieren.
"Er hat einen Randstein berührt, und diese Berührung hat einen relativ starken Schaden verursacht", erklärt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko im Interview mit "Sky". "Deshalb haben wir wertvolle Zeit verloren. Aber ich glaube, die Abstimmung geht in die richtige Richtung. Durch die 15 Minuten, die uns letztlich gefehlt haben, ist es aber nicht so, wie wir es uns vorgestellt hatten."
Verstappen selbst wirkt etwas entspannter, wenn er sagt: "Es war ein bisschen durchwachsen. Mein Unterboden und das Chassis waren beschädigt, daher konnte ich 20 Runden lang nicht fahren. Im Endeffekt hat's aber vielleicht zwei Runden gekostet."
Hinsichtlich des Rückstands auf Leclerc sieht er "nichts, was uns Sorgen machen müsste", denn: "Ferrari ist schnell, aber es gibt noch ein paar Dinge, die wir feintunen können." Marko stimmt zu: "Das Auto ist nicht schlecht, aber Leclerc hat ein Tempo vorgelegt, da braucht es noch eine sehr gute Feinabstimmung."
"Generell muss man sagen: Das Feld rückt zusammen. Ich glaube, Ferrari ist in der Qualifying-Simulation mit voller Power gefahren. Das sind wir nicht. Daher sehe ich die drei Zehntel nicht so kritisch. Aber der Longrun war sehr eindrucksvoll. Da passt unsere Abstimmung noch nicht", sagt der 80-jährige Österreicher.
Somit war Perez die einzige Referenz für Red Bull. Der Mexikaner fuhr auf dem gelben Reifen eine durchschnittliche Longrun-Zeit von 1:23.6 Minuten. Da waren andere schneller. Zum Beispiel Leclerc (1:22.9 Minuten), aber auch die beiden McLaren-Fahrer (jeweils 1:23.1 Minuten) und Stroll (1:23.4 Minuten).
"Sky"-Experte Timo Glock geht daher nach dem Freitagstraining nicht zwingend von einer Verstappen-Pole aus: "Da muss er sich schon strecken und morgen eine perfekte Runde hinlegen. Wenn Leclerc weiterhin so gut dasteht, dann wird's ein harter Kampf."

