Weltmeister Max Verstappen und Red Bull dominieren den Grand Prix von Bahrain in beeindruckender Manier. Und doch spricht nach dem Saisonstart der Formel 1 alles über die unappetitliche Causa Christian Horner. Für sport.de-Kolumnist und F1-Insider Felix Görner steht fest: Red Bull ist trotz sportlicher Überlegenheit ein reines Pulverfass - das einer zum Explodieren bringen könnte.
Großer Sport auf der Strecke - Hollywood im Fahrerlager. So lässt sich der Formel-1-Saisonauftakt in Bahrain plakativ zusammenfassen.
Hollywood gab's wegen der Causa Christian Horner. Es waren fast mehr Kameras darauf ausgerichtet, wie und mit wem er ins Fahrerlager kommt, wo er steht, an wen er sich heranrobbt, als auf die Fahrer, die eigentlichen Protagonisten der Show.
Horner kam hollywoodreif mit seiner Frau Geri Halliwell an. Händchenhaltend - als seien sie frisch verliebt oder verheiratet und würden ihre Liebe öffentlich machen. Noch kitschiger und offensichtlicher geht es nicht. Er wollte signalisieren: Ich will meinen Job behalten, ich will da durch.
Dementsprechend hat sich Horner wann immer es ging an den thailändischen Red-Bull-Mehrheitseigener Chalerm Yoovidhya herangemacht, saß demonstrativ mit ihm draußen, suchte die Nähe. Jos Verstappen hat dagegen deutlich gemacht, wie es innerhalb des Teams aussieht.
Red Bull ist ein Pulverfass, ein gespaltener Rennstall. Es tobt ein Zwei-Lager-Kampf zwischen der Seite Österreich um Helmut Marko und vielen, die mit Jos und Max Verstappen auf der rot-weiß-roten Seite stehen, und der "englischen" Seite, die von Horner und Yoovidhya angeführt wird.
Yoovidhya hält Horner im Amt. Solange er nicht den Daumen senkt, wird der umstrittene Teamchef sein Amt nicht verlieren.
Formel 1: Max Verstappen könnte bei Red Bull alles explodieren lassen
Da Jos Verstappen das Thema weiter eskaliert hat, wird bei Red Bull keine Ruhe einkehren. Die Frage ist jetzt: Gibt es einen Kläger, eine Klägerin, die Horner nicht nur mit geleakten WhatsApp-Nachrichten in die Öffentlichkeit zerrt, sondern das Ganze auch juristisch aufarbeitet?
Wenn keine Klägerin da sein sollte, wird Horner mit einem blauen Auge davonkommen, weil kein Dietrich Mateschitz da ist. Der hätte Horner auch gegen Yoovidhya entlassen, weil der Imageschaden für die Marke Red Bull eminent ist, gerade bei so einem sensiblen Thema: Wie gehe ich mit Mitarbeitern, mit Mitarbeiterinnen in einem Unternehmen um? Das hätte Mateschitz nicht geduldet und Horner entweder gefeuert oder zum Rücktritt gedrängt.
Das Pulverfass ist also am Glühen, aber noch nicht explodiert. Explodieren würde es, wenn Max Verstappen wegen der Causa Horner als Hamilton-Nachfolger zu Mercedes wechselt. Dann würde bei Red Bull alles explodieren.

Jos Verstappen wollte schon einmal eine entsprechende Drohkulisse aufbauen: An dem Moment, an dem Max sich nicht mehr wohlfühlt innerhalb des Teams, ist der Zeitpunkt gekommen, ein neues Angebot, eine neue Herausforderung anzunehmen. Trotz Vertrag bis 2028.
Horner wird jetzt alles versuchen, die Bälle flachzuhalten und die Nähe zu Max Verstappen suchen. Aber: Der Holländer guckt Horner kaum noch ins Gesicht, schaut runter, wenn er mit ihm redet. Da ist keine Harmonie mehr zwischen den beiden.
Verstappen lässt alle anderen kreidebleich werden
Auf der Strecke wie gesagt aber großer Sport. Es ist, wie Fernando Alonso es gesagt hat: 19 Fahrer können einem jetzt schon zur Weltmeisterschaft gratulieren: Verstappen. Das mag die Sportfans enttäuschen, aber so ist es.
Daten, Zahlen und Fakten belegen es: Der Außerirdische ist noch besser als 2023. Noch nie hat ein Bahrain-Sieger mit einem größeren Vorsprung gewonnen als Verstappen jetzt. Das Auto ist noch besser geworden, obwohl es eine komplette Neukonstruktion ist und eigentlich ein Newey-Weg weg von einer Evolution hin zu einer Revolution. Es ist wieder ein haltbares, fantastisches Rennauto und in Kombination mit Verstappen die Benchmark, die die anderen kreidebleich werden lässt.
Sergio Perez fährt mit 22 Sekunden Rückstand ins Ziel - dahinter beginnt der Formel-1-Kampf. So drastisch muss man es sagen. Verstappen war selbst überrascht, wie gut das Paket funktioniert. Dass er mit reifenflüsterndem Fahren ein Auto noch besser machen kann, ist bekannt. Deswegen können wir jetzt schon sagen: Herzlichen Glückwunsch, Max Verstappen, zum vierten WM-Titel in Serie.
Man kann nur hoffen, dass am Red Bull mal irgendwas kaputt geht, sonst wird Verstappen wieder mit überdeutlichem Vorsprung Weltmeister werden. Ferrari ist nicht näher gekommen, Mercedes auch nicht, die hatten wieder ihre Probleme. Das zeigt, dass Red Bull seine Hausaufgaben - abseits der Causa Horner - über den Winter mit Abstand am besten gemacht hat.
Felix Görner



