Nach dem Saisonhighlight in Seefeld geht es für die Kombinierer in Estland weiter. In seiner Kolumne für sport.de beschreibt Julian Schmid, warum die DSV-Asse trotz der Enttäuschen zuletzt nur nach vorne schauen.
Die Maschine der Lufthansa begibt sich über der Ostsee in den Sinkflug. Die Schaumkronen tänzeln auf den Wellen, es scheint windig zu sein. Ziel ist die Hauptstadt Estlands, Tallin. Von dort werden wir in die kleine Stadt mit dem großen Herz für Wintersport geshuttelt: Otepää.
Der Ort ist eingebettet in Hügel und Tälern mit zahlreichen Spa-Hotels und Restaurants auf gehobenen Niveau - ein Eldorado für Skifahrer, Snowboarder und Eisläufer.
Wir fahren über kurvenreiche Dorfstraßen, streifen den Pühajärve-See, eines der größten Binnengewässer des Landes, und kommen mit guter Stimmung in unserem nächsten Weltcuport an.
Die Streiks an den Flughäfen in Deutschland haben uns umdisponieren lassen, so dass wir einen Tag früher als geplant, die Reise angetreten haben. Einen Tag früher also der Wechsel von frühlingshaften 15 Grad in eine perfekte Winterbilderbuchlandschaft mit top-präparierten Schanzen und Loipen, Sonne, blauer Himmel und dem "weißen" Element.
Im Hotel dann auch das Wiedersehen mit unserem Trainer, der in der Weltcupbetreuung aussetzen musste, um in Südkorea mit dem IOC Gespräche über die Zukunft unseres Sports zu führen. Eric Frenzel berichtet über gute Gespräche mit der IOC-Spitze und ist zuversichtlich, dass die Nordische Kombination die "Kurve bekommt".
Die Kurve bekommen wollen auch wir; angesichts der perfekten Rahmenbedingungen stellen wir uns langsam auf die bevorstehenden Wettkämpfe ein. Die Laufform ist passabel, das haben die letzten Wochen gezeigt. "Sorgenkinder" sind wir dagegen auf den Schanzen dieser Welt, auf der uns im gesamten Team immer wieder schwankende Ergebnisse begleiten.
Die frühere Anreise ermöglicht uns einige Sprünge mehr auf der Otepää-Schanze als geplant; das begreifen wir schon mal als gutes Vorzeichen, da wir uns damit auf die Schanze besser einstellen und ein intensiveres Gefühl für sie entwickeln können. Die Vorhersagen berichten über Windstille, was für die Region zu dieser Jahreszeit eher untypisch ist, was wir aber zuversichtlich zur Kenntnis nehmen.
Wir drücken mental auf die "Reset-Taste" und denken derzeit nur von Wettkampf zu Wettkampf. Was hinter dem Pflug liegt, liegt hinter dem Pflug. Seefeld ist Geschichte. Es geht nun einzig und allein darum, hier in Otepää, das bestmögliche Resultat zu erreichen.
Die Stimmung im Team ist gut, das "Nach-vorne-Denken" ist gesetztes Programm, bei dem alle mitziehen. Irgendwann muss der Knoten auch mal in dieser Saison platzen.
Nach einer Trainingseinheit relaxen wir auf den Zimmern, hören Musik, überbrücken die Zeit bis zum Abendbrot. In Estland ticken die Uhren für uns Athleten in einem langsameren Takt. Die Ruhe ist wohltuend, aus ihr erwachsen neue Energien, die uns hoffentlich zu besseren Ergebnissen führen.
Herzliche Grüße
Julian Schmid


